Die Ringelwürmer
Ringelwürmer, lateinisch „Annelida“, gehören zum Stamm
der Gliedertiere, die wiederum zu den Urmundtieren gehören. Die Ringelwürmer
werden in die Ordnungen Wenigborster (Oligochaeta), Vielborster (Polychaeta)
und Egel (Hirudinea) unterteilt. Es gibt ca. 9000 Arten. Bekannte Vertreter
sind unter anderem Regenwurm und Blutegel. Die größte Art kann bis zu 3 Meter
lang werden und ist eine Regenwurmart in Australien (Eunice gigantea), die
kleinste Art ist ein Ringelwurm im Grundwasser, er ist ½ Millimeter groß. Die
Ringelwürmer sind die am weitesten entwickelten Würmer. Namengebend ist der
langgestreckte, meist runde Körper, der in Ringe (Segmente) gegliedert ist. An
den Ringen sind ungegliederte, borstenartige Stummelfüße und bei wasserlebenden
Arten auch Kiemen. Die Borsten, die aus Chitin bestehen, sitzen zu mehreren
Paaren, beim Regenwurm sind es genau acht pro Ring, auf der Bauchseite und den
beiden Körperseiten. Die sind nach hinten gerichtet und ermöglichen dem Wurm
so, sich fortzubewegen und nicht wieder zurück zu rutschen. Wenn die Borsten
Halt finden, kann der Wurm im Boden auch durch senkrechte Röhren kriechen. Die
Körperabschnitte sind weitgehend gleich gebaut und der äußeren Ringelung
entspricht meist eine innere Kammerung. Kennzeichnend ist ferner der aus der
Haut und einer Ring- und Längsmuskelschicht bestehende Hautmuskelschlauch. Die
Leibeshöhle (Cölom) ist mit Flüssigkeit gefüllt. Die Höhle wird von einem
geraden, durchgehenden Darm durchzogen. Das geschlossene Blutgefäßsystem
besteht aus einem Rücken- und einem Bauchgefäß, die in jedem Körperabschnitt
durch Ringgefäße verbunden sind. Das Rückengefäß treibt das Blut nach vorn, das
Bauchgefäß wieder nach hinten. Es sind außerdem in jedem Abschnitt zwei
einfache Ausscheidungsorgane vorhanden. Das auf der Bauchseite liegende
Nervensystem besteht aus zwei Längssträhnen mit paarigen, durch Querstänge
verbundene Nervenknoten in jedem Abschnitt. Diese Konstruktion heißt
Strickleiternervensystem. Das Nervensystem besteht weiter aus einem vorderen,
über dem Schlund liegenden Gehirnknotenpaar, den Oberschlundganglien. Die
Vielborster sind meist Meerestiere, leben freischwimmend und räuberisch oder
festsitzend. Zu den Vielborstern gehören unter anderem der Sandpier und der
Palolo. Die Egel leben ektoparasitisch. Das heißt, daß diese Würmer als
Schmarotzer auf der Körperoberfläche anderer Tiere leben. An einem kriechenden
Regenwurm erkennt man, daß sich bei der Fortbewegung zuerst die Ringe am
Hinterende zusammenziehen. Das zusammengezogene Stück ist nun dicker als der
übrige Körper. Anschließend schiebt sich die verdichtete Zone wie eine Welle
bis zum Vorderende des Wurms Schließlich wird das Kopfende soweit vorgeschoben,
wie vorher das Hinterende angezogen wurde. Die Körperwand besteht aus dem
Hauptmuskelschlauch mit zwei Muskelschichten. Wenn sich die Längsmuskeln
verkürzen, zieht sich der Wurm zusammen. Verkürzen sich die Ringmuskeln, dann
streckt sich der Wurm. Diese Muskeln praktizieren ein Zusammenspiel
gegensätzlicher Bewegungen, man nennt die Muskeln auch Antagonisten
(Gegenspieler). Blutegel haben am Vorder- und am Hinterende je ein Saugnapf,
mit deren Hilfe sie sich spannend fortbewegen können. Außerdem schwimmen sie
mit wellenartigen Bewegungen. Am vorderen Saugnapf befinden sich drei
Hornkiefer mit Zähnen. Der Regenwurm hat keine Atmungsorgane, sondern nimmt
Sauerstoff durch seine dünne, schleimige Haut auf. Er braucht feuchte Umgebung,
da die Haut nur in feuchtem Zustand atmen kann: Regenwürmer sind
Feuchtlufttiere. Wenn aber der Boden nach starken Regenfällen mit Wasser
getränkt ist, müssen sie herauskommen, denn sie können im Wasser nicht atmen
und würden ersticken. Das Blutgefäßsystem des Regenwurms verzweigt sich bis
dicht unter die Körperoberfläche. Aus den feinen Blutkapillaren dringt das
Kohlendioxid durch die Haut nach außen, während Sauerstoff auf dem umgekehrten
Wege in das Blut gelangt. Dieser Gasaustausch wird als Hautatmung bezeichnet.
Die Wenigborster und die Egel nennt man zusammen auch Gürtelwürmer, die ihren Namen
einer Einrichtung verdanken, die der Fortpflanzung dient. Im vorderen Drittel
des Körpers fällt eine Verdickung auf. Es ist das drüsenreiche sogenannte
Clitellum, das bei der wechselseitigen Begattung noch mehr anschwillt, starke
Sekrete absondert und die Tiere oft für Stunden miteinander verbindet. Die
Paarung findet in warmen Nächten auf der Oberfläche der Erde oder im Wasser
statt. Die Eiablage erfolgt kurz darauf. Und zwar werden die Eier in einem
erbsengroßen Schleimbeutelchen abgelegt, das vom Clitellum abgesondert wird und
bald lederartig erhärtet. Die jungen Gürtelwürmer schlüpfen nach zwei bis drei
Wochen. Regenwürmer haben einen Gürtel, der während des Fortpflanzungsprozesses
vom vorderen Körperende zum hinteren rutscht. Auf den Schlauch werden zunächst
männliche Samenzellen und danach weibliche Eizellen abgegeben. Der Gürtel
rutscht von Körper ab und es wächst ein neuer Wurm. Der
„ursprüngliche Bauplan“ enthält in jedem Segment ein Paar
Geschlechtsorgane, dieses „Konstruktionsprinzip“ ist aber
innerhalb der Gruppe der Ringelwürmer vielfach abgewandelt.