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'Romantisch' bedeutet zunächst romanhaft, dann erst poetisch, phantastisch, stimmungsvoll. Die deutsche Romantik prägte das gesamte Geistesleben der Zeit, die einen neuen Lebensstil, eine neue Kunst- und Weltanschauung hervorbringen und die Krise der Gesellschaftsordnung um 1800 überwinden wollte.
Die romantische Poesie ist eine progressive Universalpoesie. Das Hinführen der Menschen zum Poesiehaften, das unmittelbar zu erleben ist, stand im Vordergrund. Alle Künste sollten sich zu einem Gesamtkunstwerk vereinen.
Die Zeit der Romantik war jedoch politisch gesehen gar nicht 'romantisch'. Die Auswirkungen der Französischen Revolution war noch deutlich spürbar. Bis Napoleon (Zerstörung alter Strukturen Heiliges Römisches Reich) stand die romantische Bewegung im Zeichen der Zustimmung zu den Idealen der Französischen Revolution. Der Abwehrwille der unterworfenen Völker gegen Napoleon wuchs und entfachte den allgemeinen Aufstand der europäischen Völker, als Napoleon sieglos aus Rußland wiederkehrte (1813). Der nationale Enthusiasmus erreichte seinen Höhepunkt, der Wunschtraum der bürgerlichen Patrioten war die politische Einheit Deutschlands und die Freiheit der Menschen.
Doch unter der Leitung Metternichs wurde auf dem Wiener Kongreß (1815) der fürstliche Absolutismus wiederhergestellt. Zur Aufrechterhaltung dieser Ordnung schlossen sich die Großmächte zur Heiligen Allianz zusammen (gegenseitige Hilfe im Notfall). Jegliche Hoffnung auf Liberalismus und Demokratie war damit zunichte. Auf die Empörung über diesen Rückschritt antwortete man mit polizeistaatlichen Mitteln.
Resigniert zog sich das Bürgertum, das seit den Jahren des Sturm und Drang gegen die fürstliche Willkürherrschaft gekämpft hatte, in seine behaglichen Häuser zurück, in die innere Emigration zurück.
In den letzten Jahren des 18. Jahrhunderts taten sich einige freie Schriftsteller und Studenten (Gebrüder Schlegel, Schelling, Tieck und Novalis) zusammen, fest entschlossen, ihr Leben anders zu gestalten als die 'philisterhaften Bürger', nämlich als exzentrische Bohemiens, die nicht nur ein neues Kunstprogramm, sondern auch die Emanzipation der Frau und die freie Liebe durchsetzen wollten. Die Gruppe verstand sich zunächst als Gegengewicht zur Spätaufklärung.
Nur im Traum, in der Vision und in der Ekstase vermögen Menschen die wahre Welt zu ahnen ( Herder und Hamann). Von da her wird die romantische Poesie eine Poesie der Sehnsucht, der Phantasie und Phantastik.
Die Leitbegriffe des Sturm und Drang (Natur, Genie, Gefühl, Freiheit) wurden als unabdingbare Voraussetzung für die Poesie übernommen. Doch die Romantiker ließen sich im Gegensatz zu den Stürmern und Drängern von der Wissenschaft leiten. Sie suchten nach einer philosophischen Begründung ihres Weltbildes und wollten ihre Ideen auch in die Rechts- und Staatswissenschaft und die Naturwissenschaft tragen.
Friedrich Wilhelm Schellings Naturphilosophie wurde für die romantische Weltansicht bestimmend. Er verstand die Natur als schöpferischen Urgrund allen Seins. Das Ziel der stufenweisen Entwicklung der Natur ist der Geist. Alles in der Natur strebt darauf zu, Geist zu werden. Das geistige Prinzip entfaltet sich im Menschen als Erkennen ( Wissenschaften), Wollen ( Staatenbildung und Politik) und Fühlen ( Kunst als der höchste Ausdruck menschlichen Geistes).
Das Kunstwerk wurde daraufhin zum Mittel, zu den geheimen Kräften der Natur zurückzukehren. Die Folge war ein Verwischen der grenzen zwischen dem Bewußtsein und dem Unbewußten.
Neben Schelling wirkte der Philosoph Johann Gottlieb Fichte auf die Frühromantiker ein. Er begründete in seiner 'Wissenschaftslehre' (1794) eine Ich-Philosophie: Das Ich setzt sich selbst, d. h., der Mensch erarbeitet sich seine geistig-sittliche Persönlichkeit. Er ist keine Tatsache, sondern eine Tathandlung. Indem er die Welt denkt und ordnet, ihr einen Sinn gibt, schafft er sie erst. Nicht die Dinge bestimmen das Ich, sondern umgekehrt (Idealismus).
Da die Dinge vom handelnden Menschen ihr Sein und ihren Sinn erhalten, kann er das Sein verändern. Der Künstler hat die Freiheit zum unbegrenzten Spiel mit Stoff, Stimmung und Form. Er schafft aus seiner Phantasie eine Welt der Illusion, die er danach wieder aufheben kann. Diese romantische Ironie wird zum Kennzeichen der Darstellungsweise. Die Romantiker waren sich durchaus bewußt, daß ihr Versuch der Poetisierung zum Scheitern verurteilt war.
Einige Dichter (Schlegel, Tieck) waren mit einem feinen Gefühl für fremde Sprachen begabt und erschlossen dem deutschen Leserpublikum durch Übersetzungen und Nachdichtungen die literarischen Schätze vieler Zeiten und Länder (Shakespeare aber auch portugiesische, spanische und italienische Werke).
Muster der Poesie war für die Frühromantik Goethes 'Wilhelm Meister'. Sie wandelten den Entwicklungs- und Bildungsroman in den Künstlerroman um. Zwischen den Klassikern in Weimar und den Romantikern in Jena gab es zwar keine Übereinstimmung, doch einen Ideen- und Gedankenaustausch. Doch während die Klassik auf das Objektive, Allgemeingültige zielte, suchte die Romantik das Individuelle, Charakteristische und somit wurden die Unterschiede mit der Zeit immer größer. Das Vorbild der Antike wurde von den Romantikern nicht mehr unbedingt anerkannt, sie fanden ihre Ideale im Mittelalter verwirklicht.
Bevorzugte Gattungsform der Frühromantik war der Roman, vor allem der Künstlerroman.
Hochromantik ist die Phase ab etwa 1805. Der Heidelberger Romantik gehörten Achim von Arnim, Clemens Brentano, Bettina Brentano, Joseph Görres und die Brüder Grimm. Als mit dem Ende des Heiligen Römischen Reiches (1806) auch noch die letzte überkommene Institution der mittelalterlichen Welt zusammenbrach, sahen die deutschen Romantiker im Mittelalter neben der christlichen Glaubenseinheit auch die nationale Größe, die erneuert werden sollte. So wandten sie sich der altdeutschen Sprache und Literatur zu. Mit Sammlungen von Märchen ( Brüder Grimm, 'Des Knaben Wunderhorn' von Arnim und Brentano), Sagen, Volksbüchern und Liedern wollten sie zur Erneuerung des nationalen Selbstbewusstseins beitragen.
Die nationalen Gedanken der Romantik drangen über die Grenzen Deutschlands. Ihre Wirkung war dort am stärksten, wo Völker noch keine nationalen Staaten bilden konnten: Italien, Polen, Ungarn und bei den südslawischen Völkern. Hier liegen die Wurzeln des Nationalismus, der die zweite Hälfte des 19. Und die erste Hälfte des 20. Jahrhunderts geprägt hat.
Die beliebteste Form der Hochromantik war das Märchen, in dem die Grenzen zwischen Wirklichkeit und Wunschwelt aufgehoben sind. Die romantische Lyrik erwächst aus dem Volkslied. Das Musikalische und das Rhythmische der Sprache kommen zu besonderer Wirkung.
Die Spätromantik beginnt ab 1815. Ihr Mittelpunkt ist Berlin (Hoffmann, von Chamisso, de la Motte Fouqué, ). E.T.A. Hoffmann verschaffte neben Goethe der deutschen Dichtung Weltgeltung. Er war nicht nur Jurist und Beamter, er war auch ein vielseitiger Künstler (dichten, zeichnen, malen, komponieren). In Hoffmanns Erzählungen und Romanen findet sich das Doppelgängermotiv und der Einbruch des Wunderbaren in den Alltag. Er war der Begründer der Kriminalgeschichte und führte die romantische Ironie auf ihren Höhepunkt. Hoffmann ist Darsteller der Alpträume, der Nachtseiten der Natur, der Vielschichtigkeit seelischer Vorgänge. Neben dem Grotesken steht das Abgründige der menschlichen Existenz.
Joseph von Eichendorff wurde mit seinen liedhaften Gedichten der volkstümlichste aller Romantiker. Im Gegensatz zur Klassik, die auf Reinheit der Dichtungsgattungen als 'Naturformen der Poesie' größten Wert legt, ist es Ziel der Romantik, die Grenzen der Gattungen zu verwischen (in Romane werden dramatische Teile eingebaut, in Erzählungen Gedichte).
In der Phase der Spätromantik waren besonders die Novelle und die Erzählung beliebt. Bei Hoffmann findet man eine Vorform der Kurzgeschichte. Das Drama ist für die Romantiker eher unbedeutend. Der romantische Sprachstil suchte die Illusion zu steigern. So sollte ein altertümlicher, chronikhafter Stil die Illusion der vergangenen alten Zeit schaffen, die einfache Volkssprache Nähe zur Volksdichtung herstellen.
Die Nachwirkungen der Romantik sind vielfältig. Viele Dichter der folgenden Jahrzehnte können sich nur schwer von den Gedanken der Romantik trennen. Vieles wirkt bis in die Literatur der Gegenwart nach: das Symbolhafte der romantischen Dichtung, ihre Verfremdungseffekte, das Groteske, Dämonische, die Auflösung der Gattungsformen, die Erweiterung der sprachlichen Möglichkeiten und anderes. Die romantische Ironie wird von Thomas Mann aufgegriffen, auf dem Ideengut der Romantik bauen die französischen Dichter des 19. Jahrhunderts auf, besonders die Symbolisten.
Die Romantik hat weiters die protestantische Theologie, die Rechtswissenschaft und die Geschichtsschreibung beeinflusst und die Germanistik hervorgebracht.
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