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McDonald`s - eine Essenskultur ?
Grunzend, behaart und zähnefletschend hockte unser Urahn auf einem Felsen und schlug sein beachtliches Gebiß in einen Brocken Fleisch. Ein Bild aus grauer Urzeit - und heute? Worin besteht eigentlich der Unterschied zwischen diesem Felsenhocker und einem zähnebleckenden, ketchuptriefendem McDonald´s Gast?
'Finger Food', die neue Art zu essen? Eine Rückbesinnung also auf alte Werte? Wohl kaum, denn primitiv ist nur die Form der Nahrungsaufnahme in den Schnellimbiß - Restaurants, während der Aufwand zur Herstellung und Zubereitung eines Hamburgers, der zum Symbol für das schnelle Essen geworden ist, ins Unermeßliche reicht. Für das Jahr 2000 peilt der Burger - Konzern einen Umsatz von mehr als 2658Mio. $ an, und das nur in Österreich. Weltweit schätzt man das Einkommen des Fast Food Giganten auf rund 700Mrd. Dollar. 1965 wurde McDonald`s in eine Aktiengesellschaft umgewandelt. Schon am ersten Ausgabetag stieg der Preis der Aktie von 225$ auf 300$. Wer am 15. April 1965 nur 100 Stück im Wert von 22500$ gekauft hatte, konnte sich 1993 bereits als Millionär bezeichnen.
'Ich erwarte Geld, wie man Licht erwartet wenn man den Schalter anknipst', lautet die Devise des McDonald`s Gründer Roy Kroc. Sein Erfolgsrezept: 'Ratte frißt Ratte. Hund frißt Hund. Ich bringe sie um, bevor sie mich umbringen. Das ist die amerikanische Überlebenstechnik.'
Aus armen Verhältnissen kommend - Kroc hatte nicht einmal die Grundschule abgeschlossen - , jobbte er durchs Leben, bis er 1954 mit den Brüdern Dick und Maurice McDonald ins Geschäft kam, die in Kalifornien einen Imbißstand führten. Roy Kroc kaufte die damals schon stark expandierende Firma samt Namen.
Heute ist McDonald`s ein Symbol des 'American way of life', die Verwirklichung des Traumes vom Aufstieg vom Tellerwäscher zum Herrscher eines weltumspannendem Imperium. In Wahrheit schreibt das US - Magazin 'Time', sei McDonald`s eine 'moralisch völlig korrumpierte Organisation, die sich legal im System entwickelterrichtet mit schäbigen Geschäftspraktiken.'
So bekannte Roy Kroc freimütig : 'Das erste was du verkaufen mußt bist du selbst:'
Obwohl McDonald`s erst wenige Jahre auf den Märkten der sogenannten Dritten Welt expandiert, gibt es bereits Restaurants in Brasilien, auf den Bahamas, auf den Niederländischen Antillen, in Panama, in Costa Rica, El Salvador, Guatemala, Hongkong, Nicaragua, auf den Philippinen, Puerto Rico, in Singapur und Venezuela.
Die Imbißcontainer der Schnellrestaurants in der armen Welt sind die Vorboten der Kultur der Reichen, Entwicklungsagenturen der
'modernen' Zivilisation. Für die jungen Aufsteiger, den Mittelstand der Metropolen in Lateinamerika und Asien, wurden die genormten Fritten - Bratereien zu Inseln der ersehnten Konsumkultur auf dem Weg ins Plastik - Paradies. In Brasilien gibt es McDonald`s längst nicht mehr nur in Rio de Janeiro und Sao Paulo, sondern auch in vielen kleineren Städten. Bezahlt werden die Angestellten nach dem staatlich festgelegtem Mindestlohn in Höhe von 960$. Das reicht den Hamburger - Knechten nicht einmal zum Kauf eines täglichen Big Mäcs und einer Cola. Das Essen ist für brasilianische Verhältnis sehr teuer, denn man bekommt wenig für sein Geld.Aufpasser in Zivil versperren Bettlern den Eingang . Schlüpft doch einmal ein hungriges Kind unter die Neondecke von McDonald`s so wird es mit Gewalt hinausgeworfen. Bei Wohltätigkeitsveranstaltungen in den Elendsvierteln werden dafür dann vom lächelnden Firmenclown Ronald McDonald medienwirksame Hamburger verteilt. Und für die nach Abfall suchenden Favela - Bewohner, die nachts den Müll nach etwas Eßbarem durchsuchen bietet sich ein hoffnungsloses Bild. 'Da ist nur Pappe drin' meint eine alte Frau hinter einem McDonald`s Restaurant und deutet auf die soeben herausgebrachten Müllsäcke, 'da finden nicht einmal die Ratten was.' Schnelles Essen gab es in Brasilien und in anderen Ländern schon vor McDonald`s. In den Metropolen Rio und Sao Paulo, wo die Häuser in den Himmel wachsen, wo die Menschen in kleinen Wohnungen leben und in Beton Büros arbeiten, waren die traditionellen kleinen Küchen am Straßenrand schon immer sehr beliebt. Da bruzelten die unterschiedlichsten Köstlichkeiten, zubereitet auf einem kleinen Ofen, der oftmals aus einem Blechkanister hergestellt war. Die Schnellimbiß Konzerne zerstören die Existenzgrundlage dieser kleinen Familienbetriebe. Die geplante Expansion der Fast Food Ketten wird aber nicht nur die Existenzgrundlage Hunderttausender Familienbetrieb zerstören, sondern auch die damit verbundene Kultur. Noch fallen sie jedem Touristen auf , die Bacanas in ihren traditionellen Kleidern. Überall trifft man sie, vor allem in Salvador, der Hauptstadt von Bahia. Auf ihrem Tapuliero, dem Verkaufstisch, bieten sie ihre Speisen an. Doch die Jugend kehrt zunehmend der eigenen Kultur den Rücken, pilgert statt dessen in die sterilen Läden von McDonald`s, um mit Big Mäc und Coca Cola ein Stück von der ansonsten unerreichbaren Traumwelt der ersten Welt zu erwerben.
Die industrielle Revolution erzwang überall aur der Welt einen Wandel der Eßkultur, die zum Niedergang der Kunst des Kochens führt, denn die Fließband - Herstellung in den Imbißstuben läßt sich wohl kaum als Kunst bezeichnen. So sind die Finger Food Restaurants zum Ausdruck eines Mangels an Kultur geworden. Denn die Zubereitung der Nahrung und die Art ihrer Aufnahme sind immer ein Ausdrucksmittel menschlicher Phantasie gewesen, ein Produkt des menschlichen Gestaltungswillen. Wie die Menschen aßen, das war über Jahrtausende immer ein Gradmesser ihres Entwicklungsstandes. Insofern ist der Mensch auch heute, was er Ißt. Daß wir wieder - wie der Urmensch - die Nhrung hastig mit den Fingern herunterschlingen, verdanken wir einer Industrialisierung, die alle Lebensbereiche bestimmt. Oder wie es bei McDonald`s heißt: Das Essen muß sich der Technik anpassen.
Für das Jahr 1997 sind 3200 neue Filialen geplant. In andern Worten: Während 1995 'nur' 6 Restaurants am Tag eröffnet wurden, sollen es bis 1997 acht pro Tag sein. Würden alle Hamburger, die McDonald`s im Laufe der Firmengeschichte verkauft hat; zusammen auf einen Berg legen, so wäre dieser Berg 8000 mal größer als die Größte Pyramide der Welt, die Cheops Pyramide, sein.
Alle vier Stunden eröffnet irgendwo auf diesem Planeten ein neues McDonald`s Lokal. Von Peking bis Wien : Über sechs Mrd. Menschen werden im Jahr in den 18380 Filialen des Fast Food Multis abgefüttert. Das ist mehr als ein Hamburger für jeden Bewohner dieser Erde im Jahr.
Regenwald wird abgeholzt für die Rinderherden der Reichen, Soja angebaut für Viehfutter der Satten. Ein Drittel der Weltgedreideernte landet in den Mägen von Vierbeinern. 1,3Mrd Rinder werden gemästet, ebenso viele Menschen leiden an Hunger. Wenn alle Viehherden, die allein für McDonald`s ihr Leben lassen mußten, sich versammelten, würden sie trotz qualvoller Enge ein Gebiet 10 mal so groß wie London mit allen Außen Bezirken besetzen. In den USA ist McDonald`s der größte Fleischkäufer. Rund ein Drittel aller im Mutterland des Hamburgers verkauften Fleischteile gehen bei McDonald`s über den Tresen. 96% der US Bürger waren schon einmal Kunde bei McDonald`s.
Die Kritik an den Fast Food Giganten wie McDonald`s, die den Fleischkonsum anheizen ist mittlerweile bekannt. Aber seien wir doch einmal Ehrlich : Essen nicht auch diejenigen schnell mal eine Bratwurst am Imbißstand, denen die sterilen Hamburger Läden ein Greuel sind?
Fast Food ist bei allen Alters und Gesselschaftsschichtn beliebt. McDonald`s ist nach wie vor mitschuldig an der Abholzung der Regenwälder. Auch ein Schreiben der Fleischfabrik Monte Cilios in Costa Rica konnte McDonald`s nicht entlasten. Zwar werden keine tiefgekühlten Fleischlaibchen aus Brasilien in andere Länder geliefert, aber über Soja für die Rinder in anderen Ländern wurde nicht gesprochen. Denn in Lateinamerika werden nach wie vor Kleinbauern von fruchtbarem Land vertrieben, um für Großbauern und deren mechanisierte Sojaproduktion Platz zu machen. Das Soja wird zum überwiegenden Teil in die EU geliefert, wo es oft in den Viehtrögen landet. Brasilien ist nach den USA der zweitgrößte Sojaexporteur. Auf fast einem Fünftel der Ackerfläche wird inzwischen Soja angebaut. Nicht zuletzt wegen des Sojabooms müssen im südlichen Brasilien Bauernfamilien in die Slums der Großstädte ziehen. Die Fast Food Ketten gehören zu den Gewinnern dieses grausamen Spieles. Dagegen ist man sich in den Usa sicher, daß McDonald`s nicht an der Zerstörung der Regenwälder beteiligt ist. Aber man ist sich darüber einig, Daß McDonald`s die Kleinbauern vertreibt und diese sich neue fruchtbare Gebiete im Regenwald kaufen, um zu überleben. So holzt zwar McDonald`s den Regenwald nicht ab, ist aber indirekt stark damit verbunden. Nur wenige Menschen sind angesichts dieser grausamen Massentierhaltung der Futterproblematik und des daraus resultierenden Welthungers so konsequent, kein Fleisch mehr zu Essen.
Ein weiterer Kritikpunkt an McDonald`s betrifft das Gebiet der Müllentsorgung. Durch die einwegverpackten Produkte schafft McDonald`s nach wie vor riesige Müllberge, jährlich allein 10000 bis 20000T in Deutschland. In einer Studie des Dip. Ing. Carl Otto Gensch vom Öko - Institut Freiburg - er vergleicht die Umweltverträglichkeit von Polystrolgeschirr mit Porzellan Mehrweggeschirr - schneidet die Kunstvariante erheblich schlechter ab. Plastikgeschirr verbraucht - angefangen von der Herstellung bis zur Verwendung - mehr Energie als Porzellan mitsamt dem Spülvorgang. Auch an nicht nachwachsenden fossilen Rohstoffen verbraucht es erheblich mehr. Vor allen wird siebenmal mehr Wasser benötigt. Die Emission bei der Herstellung und der Verbrennung von Polystrol sind wesentlich höher. Polystrol verrottet auf Müllhalden nur langsam. Die Zeiten, in denen McDonald`s und Co. ungestört mit Wegwerfverpackungen Aasen konnten, gehen zu Ende. Denn das Bundesverwaltungsgericht hat 1994 ein ökologisches zukunftweisendes Urteil gefällt, daß den Gemeinden hilft unnötige Müllberge abzubauen. Es hat der Stadt Kassel bestätigt, daß sie eine kommunale Verpackungssteuer auf Einweggeschirr erheben darf. Die fünf Kassler McDonald`s Filialen, die sich bislang geweigert haben, die seit 1992 erhobene Steuer von rund 6 400 000$ zu zahlen, werden nun zur Kasse gebeten. Betroffen sind aber auch weniger prominente Imbißbuden und Aufsteller von Getränkeautomaten. Aus der McDonald`s Zentrale Kassel kamen sogar Drohungen die Kassler Filialen müßten schließen, und dann gingen 300 Arbeitsplätze verloren. Das ist schon beachtlicher Starrsinn, mit Zähnen und Klauen am Einweggeschirr festzuhalten, zu drohen und lieber Filialen zu schließen zu wollen, als - mehr wird gar nicht verlangt - normales Geschirr zu verwenden. Jetzt rächt sich die starre Firmenphilosophie, die bei McDonald`s lautet: Das Essen muß sich der Technik anpassen. Flexibilität wird bei Fast Food Giganten offenbar nur von den Mitarbeitern gefordert, während das zentralistisch regierende Management ohne Weitsicht an den Erfordernissen unserer Zeit vorbeiplant.
Der Widerstand gegen das Hackfleisch Imperium wächst. Überall finden sich Menschen mit dem gemeinsamen Wunsch, nicht in der Ketchup Kultur zu ersticken. McDonald`s sieht sich verstärkt der Kritik von Gewerkschaften, Verbraucherorganisationen, Umweltschützern und Dritter Welt Gruppen ausgesetzt. Die Arbeitsbedienungen der Mitarbeiter hierzulande sind nicht die besten. Die "Einwegpackungen als zentrale Säule des Restaurantsystems" produzieren Müllberge. Es werden zusammenhänge zwischen der Abholzung der Regenwälder in Lateinamerika und der Hamburgerproduktion hergestellt..Schließlich ind Fast Food Mahlzeiten zwar mit kalorien gesaden, zeichnen sich jedoch durch einen Mangel an Ballaststoffen aus. Die Ernährungsphysiologen machen sich über die sich verbreitenden Eßgewohnheiten Sorgen. jahrelang wurde mit dem Oberclown der Nation, Thomas Gottschalk, neuerdings auch mit Heino, ernsthafte Kritik mit flotten Sprüchen überspielt. In der Werbeabteilung von McDonald`s Deutschland wird wehleidig geklagt, daß man doch nicht für alle Probleme dieser Welt herhalten könne. McDonald`s Österreuch begegnete als erstes von vieln Ländern die vom Fast Food Riesen erobert wurde der Kritik der Umweltschützer. McDonald`s führte in Österreich ein Recyclingsystem ein, das angeblich eine Verwertungsrate von 95% hat. Das Unternehmen kauft annähernd zu 100% bei österreichischen Lieferanten aud schaffte es auch, das zu beweisen. McDonald`s Österreich einigte sich mit den Gewerkschaften auf einen über dem Kollektivvertrag liegenden Mindestlohn von 12000$ und stellte die Einrichtung von Betriebsräten in Aussicht. in Zukunft soll es außerdem einen Lehrberuf "Systemgastronom" geben. Diese Adaptionen des Systems an heimische Erfordernisse sind jedoch nicht selbstverständlich, denn Sicher McDonald`s hat sich immer mit dem Superlativ gebrüstet: Es wird keinen Ort auf dieser Welt geben, wo wir kein McDonald`s hinstellen. Der Koch der Welt hat sich so selbst zu einem Symbol erhoben.
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