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Aquädukte im alten Rom
Aqua ductus, im Lateinischen, bedeutet auf deutsch Wasserleitung. In der archäologischen Terminologie verbindet man den Begriff Aquädukt mit dem oberirdisch gelegenen Teil der römischen Wasserleitungen, die oft Höhen von mehreren Stockwerken erreichten. Bereits im
4. Jh. v. Chr. wurde die erste Wasserleitung von einer nahe der Stadt gelegenen Quelle nach Rom gebaut. In den frühen Städten war die ausreichende Versorgung mit Wasser ein Indikator für Wachstum und Expansion der Bevölkerung. Eine Stadt konnte und kann auch heute noch nur dann richtig groß werden, wenn natürliche Ressourcen an Wasser vorhanden sind oder künstlich herbeigeschafft werden. Zudem verringerten die Aquädukte auch das Risiko um ein erhebliches, daß Krankheiten durch Wasser übertragen wurden, da man unab-
hängiger von offenen Gewässern und Brunnen war. Öde Gegenden wie z.B. Wüsten konnten nun mit Wasser beliefert werden und eigneten so auch zum Bau von Städten. In unserer Gegenwart findet man heute noch solche Systeme. Das moderne Los Angeles beispielsweise wird durch ein etwa 200 Meilen langes System mit Wasser aus dem Colorado River versorgt.
In der Zeit, als Rom noch eine relativ kleine Stadt war, wurde die Wasserversorgung über das Wasser des Tibers und die Quellen und Brunnen geregelt. Altäre über den Quellen schützten vor Verunreinigungen. Mit dem stetigen Wachstum ihrer Stadt fing die Bevölkerung aber an, sich über die immer schlechter klappende Wasserversorgung zu beklagen. Mit den größer werdenden Einwohnerzahlen stieg auch der Bedarf nach frischem Trinkwasser.
Weil Rom in einer recht warmen Klimazone liegt und das Wasser des Tibers mit der zuneh- menden Hitze des Sommers unerträglich wurde, kam es zum Bau der im Vorwort genannten Wasserleitung, die aqua Appia.
Einerseits aus technischen Erwägungen, aber vor allem auch aus Kriegstaktischen Gründen, ließ Appius Claudius die Leitung größtenteils unterirdisch verlegen -man hatte Angst, Belagerer könnten die Wasserzufuhr einfach abkappen. Nach und nach, mit dem Wachstum der Stadt, wurde eine immer größere Zahl an Aquädukten fertiggestellt. Darunter befand sich unter anderem der Anio novus, der eine Gesamtstrecke von fast 87 Kilometern zurücklegte, davon 14 Kilometer auf 31 Meter hohen Bogen, drei Stockwerke hoch.
Zur Zeit des Kaisers Konstantin existierten bereits 19 Aquädukte, welche die Bevölkerung
Roms mit Wasser versorgten.
Die Rohre wurden aus gebranntem Ton gefertigt, nach und nach setzten sich aber Bleirohre durch, die übrigens schon damals nicht von allen als die gesündeste Lösung angesehen wurden.
Die Menschen holten ihr Wasser meist aus Brunnen, die reich verziert und aus Marmor gefertigt waren. Um das Wasser unmittelbar ins Haus geleitet zu bekommen, waren erst einige Bedingungen zu erfüllen, die genaue Größe und Länge der Rohre betrafen die vom Privathaus zum Verteilerbecken führten. Erst mit der Erfüllung dieser Bedingungen erhielt man ein Vorsatztstück mit amtlichem Stempel. Diese genormten Größen ermöglichten eine genaue Berechnung des täglichen Wasserverbrauchs, der in etwa 420 Liter pro Haus entsprach. Da es den in den Stockwerken lebenden Anwohnern der Miethäuser nicht möglich war sich mit Wasser aus den Leitungen zu versorgen, mußten sie die öffentlichen Brunnen nutzen. Mit den damals sehr eng gebauten Treppenaufgängen und den schmalen Stufen, war es nicht gerade eine Tour für Müßiggänger. Wer den unbequemen Weg mit den schweren Krügen und Eimern scheute, der nahm die Dienste von Wasserträgern in Anspruch. Wasserträger waren zumeist Sklaven oder Freigelassene. Es gab auch Unternehmer, die es
sich zum Geschäft machten mehrere Sklaven zu halten um sie zu diesem Zwecke einzusetzen. Die Wasserträger erhielten eine geringe Vergütung und mußten das Wasser aus dem Brunnen in die Wohnungen tragen. Da die Träger alltäglich in den Häusern ein- und auskehrten waren
sie bald nicht mehr nur die Träger des Wassers, sondern auch der ständig wechselnden Gerüchteküche. Ein mancher mußte sich gar des Vorwurfes der Kuppelei und der Unsitte erwehren.
Es war vor allem der gewaltige Wasserreichtum, welcher der Stadt einen schon fast märchen- haft wirkenden Touch mit ihrer Vielfalt an verzierten Springbrunnen gab. Man schmückte Brunnen reich mit Marmor- und Bronzeskulpturen und Plastiken aus.
Die kulturell bevorzugten Sammelpunkte der Römer waren die riesigen Thermen an denen man entspannte Unterhaltung suchte. Vergleichsweise zu den Griechen sparte man an den römischen Bädern weder mit Luxus, noch an der Beschaffenheit, und es fehlte ihnen an nichts was man in unserer heutigen Kultur noch einer Badeanlage abverlangt. Die Thermen des Caracalla, weisen gegenwärtig noch mit ihren Maßen 450 x 450 m einen kolossalen Komplex auf; sie konnten von über 1000 Menschen täglich benutzt werden. Wie nun auch in anderen Bereichen galt es hier das Problem des enormen Wasserverbrauchs zu lösen. Unter der Erstehung neuer Thermen ließ Agrippa noch zusätzliche Aquädukte bauen. Zudem mußten
zur Zeit des Kaisers alleine 700 Brunnen und 150 Springbrunnen ausreichend mit Wasser versorgt werden.
Agrippa machte sich in vieler Hinsicht durch große Verdienste für die Wasserversorgung einen Namen. Er beschäftigte 240 Sklaven, die auf eigene Kosten zu Fachleuten ausgebildet wurden, um die Wasserleitungen, Brunnen und Sammelbecken ständig ausbessern und warten lassen zu können. In seinem Testament vermachte er sie (die Sklaven) Augustus, der sie dem Staat schenkte. In den Folgenden Jahrhunderten pflegte man nun stets eine Gruppe an Facharbeitern zu beschäftigen, um eine makellose Benutzung der Leitungen garantieren zu können.
Die Aquädukte brachten es insgesamt auf eine Länge von mehr als 400 Metern, wovon 47
Meter alleine auf Arkaden die bis 50 Meter hoch waren fielen. Täglich flossen etwa
1 080 000 Kubikmeter Wasser in die Stadt hinein. Die aqua Marcia, brachte es allein auf die immense Summe von 290 000 Kubikmetern Wasser -am Tag!
Noch unter Augustus war das Nutzen der Wasserleitungen unentgeltlich. Durch die enorme Belastung, die für die Staatskasse durch den Aufwand für die Leitungen und Aquädukte auftraten, blieb das nicht immer so. Man verpflichtete Gutsbesitzer dazu, die zu ihrem Besitz führenden Wasserleitungen instand zu halten und zu reinigen. Die Verschmutzung von Wasserleitungen wurde schon während der Republik mit einer hohen Geldbuße geahndet. Nachdem die Kaiserliche Administration die Wasserverwaltung übernommen hatte, fand eine zusätzliche Verschärfung der bestehenden Verordnungen statt. So wurde es immer schwieriger, eine private Wasserleitung genehmigt zu bekommen. Starb beispielsweise der Besitzer eines Hauses, erlosch im selben Moment auch das Recht auf die Nutzung der, sofern vorhandenen, zum Haus führenden Wasserleitung. Das Recht der Nutzung wurde nämlich der Person und nicht zu dem Grundstück erteilt. Der neue Besitzer, beziehungsweise der Nach- komme des Hauses mußte erst eine auf seinen Namen ausgestellte Genehmigung besitzen, bevor er die alte, vielleicht schon Jahrzehnte genutzte Wasserleitung weiter benutzen durfte. Mit der steigenden Einwohnerzahl und den wachsenden Ansprüchen, stieg auch der Bedarf an Wasser. Zudem kam der immense Wasserverbrauch der Bäder und Springbrunnen, welche
den privaten Verbrauch noch zu zusätzlichen Restriktionen zwang.
Erwähnung soll hier auch noch die Frühe Entwicklung der römischen Kanalisation finden. Bereits im 4 Jh. v. Chr. wurde von den Etruskern die cloaca maxima entwickelt, um das Grund- und Schmutzwasser in den Tiber abzuleiten, der das Schmutzwasser schließlich dem Meer zutrug. In den Nachfolgenden Jahrhunderten wurde dieser erste Abzugskanal, zu einem ganzen Netz erweitert. Neben den Regenschleusen wurden auch noch die Öffentlichen Bedürfnisanstallten" an das Kanalisationsnetz angeschlossen. Sie standen an Straßen und Plätzen, wurden mit Wasser gespült und waren meist sogar geheizt. Sowohl Mann als auch
Frau benutzten sie. Da die in den Stockwerken gelegenen Wohnungen kein Fallrohr und keine
Toilette besaßen, war man gezwungen die öffentlichen Einrichtungen aufzusuchen. Das Nachtgeschirr wurde mit dem Abfall zusammen in die im Hof stehenden großen Kübel geschüttet oder im Schutze der Nacht einfach auf die Straße gekippt, was nicht selten zu der einen oder anderen Auseinandersetzung führte.
Die Römer waren sehr Stolz auf ihre weitl ufigen Wasserleitungen, die nicht nur Rom, sondern das ganze Reich überzogen. In Mainz findet man z.B. noch heute Pfleilerreste der alten Aquädukte.
Ich möchte hier aber noch eine andere in Deutschland liegende Leitung nennen, um zu verdeutlichen, daß es sich um enorme Ingenieurwerke handelte welche die Römer bauten. Die Leitung in der Eifel, die Köln mit frischem Wasser aus dem Quellgebiet der Urft versorgte, streckte sich über eine Länge von 105 Kilometern, bei einem Gefälle von 400
Metern und einer Vorsorgungsleistung von täglich 30 Millionen Litern. Der pro Kopf Verbrauch bei einer Bevölkerungspopulation von 300 000 Menschen lag also bei 100 Liter frischen Quellwassers. Bei ihrem Bau mußten 350 000 Kubikmeter Erde bewegt werden und das Mauerwerk wird auf einen Umfang von 160 000 Kubikmetern geschätzt.
Die praxisorientierten Römer maßen übrigens dem Bau ihrer Aquädukte eine größere
Bedeutung bei, als den riesigen aber letztenendes nutzlosen Pyramiden.
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