Friedrich
II. in Sizilien
Friedrich II., der letzte der großen Staufenkaiser, hat sich wenig um
Deutschland gekümmert; er überließ es weitgehend dem Partikularismus der Fürsten.
In erster Linie fühlte er sich als Herrscher von Sizilien.
Das Königreich Sizilien, Friedrichs mütterliches Erbe, umfaßte neben der Insel
dieses Namens ganz Unteritalien. Als Friedrich 1220, nach achtjährigem
Aufenthalt in Deutschland, dorthin zurückkehrte, herrschte im Lande Anarchie;
die Grafen und Barone hatten sich selbständig gemacht. Die vordringlichste
Aufgabe war die Wiederherstellung der königlichen Autorität. Die Feudalherren
wurden gewaltsam entmachtet, und in den folgenden Jahren führte Friedrich eine
für damalige Begriffe unerhört moderne Staatsordnung ein, die in manchem den
Absolutismus späterer Jahrhunderte vorwegnahm.
Amter wurden nicht mehr durch Wahl besetzt; die Verwaltung wurde Beamten
übertragen, die an der 1224 gegründeten Universität Neapel eine solide
juristische Ausbildung erhielten. Die zehn Justitiare (Provinzgouverneure)
durften nicht aus der ihnen unterstellten Provinz stammen und dort kein
Eigentum erwerben. Steuern und Zölle wurden rigoros eingetrieben. Der Staat
monopolisierte den Außenhandel. Arzte und Apotheker mußten sich strikt an
detaillierte Gebührenordnungen halten. Der Kaiser erließ sogar ganz aktuell
anmutende Vorschriften für die Reinhaltung von Wasser und Luft. Eine
Geheimpolizei mit einem Netz von Spitzeln überwachte die Untertanen und die
Beamtenschaft. Geradezu totalitär wirken die Eingriffe ins Privatleben: Die Ehe
mit Ausländern war grundsätzlich verboten, und Adlige durften überhaupt nur mit
Genehmigung des Kaisers heiraten.
Friedrich selbst war viermal verheiratet, immer mit politischem Hintergrund.
Seine legitimen Frauen lebten, von Eunuchen bewacht, in einer Art glanzvoller
Gefangenschaft. Ganz im Stil orientalischer Herrscher unterhielt er einen
Harem. Seine Hofhaltung - erst in Palermo, dann meist in Foggia - hatte
kosmopolitischen Charakter und war ein Zentrum geistigen Lebens. Friedrich war
vielseitig interessiert und hochgebildet; neben seiner italienischen
Muttersprache, in der er Verse schrieb, beherrschte er sechs Sprachen. Er
pflegte Umgang mit christlichen, jüdischen und islamischen Gelehrten und sorgte
dafür, daß wichtige arabische Werke ins Lateinische übersetzt wurden.