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geschichte referate |
Wie Preussen nach der gescheiterten REvolution von 1848 hinter die Zeit der Stein-Hardenbergschen Reformen zurückfiel und es Postpferden besser ging als Arbeitern
Daß viele freiheitsliebende Deutsche ihre Heimat verließen |
Das Scheitern der 48er Revolution bedeutete in Deutschland einen Triumph der Reaktion. Viele freiheitsliebende Deutsche wanderten aus. Zwischen 1850 und 1870 verließen etwa fünf Millionen ihre Heimat, um sich anderswo - vor allem in Amerika - eine neue Existenz aufzubauen. |
Wie der Preußenkönig eine Verfassung gewährte, die durch Dreiklassenwahlrecht sicherstellte, daß die Masse der Bevölkerung nichts mitzureden hatte |
Preußen fiel hinter die Stein-Hardenbergschen Reformen zurück. Eine Von Friedrich Wilhelm IV. "gewährte" "Verfassung" änderte daran nichts. Sie sah einen aus zwei Kammern bestehenden Landtag vor. Wahlberechtigt waren alle männlichen Steuerzahler über 24 mit festem Wohnsitz. Der springende Punkt: ihre Einteilung in drei Steuerklassen (Dreiklassenwahlrecht). Jede dieser Klassen war durch ein Drittel der Wahlmänner eines Bezirks vertreten. Nur in der ersten Klasse fand sich oft genug lediglich ein einzelner Grundbesitzer oder Fabrikant, während sich die Masse der Bevölkerung in der dritten Steuerklasse drängte. Darüber hinaus benachteiligte die Wahlkreiseinteilung städtische Ballungszentren. Die Bürger der Stadt Trier beispielsweise mußten ihre Stimme in einem vier Wegstunden entfernten Dorf abgeben. Die Stimmabgabe erfolgte öffentlich. Gewerbetreibenden wurde mit Entzug der Konzession, Arbeitern wurde mit Entlassung gedroht, für den Fall, daß sie nicht "richtig" - regierungstreu wählten. " und auf den Gütern ließ der Inspektor die Wahlberechtigten in Reih' und Glied antreten und geschlossen für den Gutsherrn als ihren Wahlmann stimmen."[i] Gewählt wurden solcherart aber ledigleich die Abgeordneten der Zweiten Kammer. Die Angehörigen der Ersten Kammer (seit 1854 "Herrenhaus") wurden nur durch Wähler der ersten Steuerklasse ermittelt. Die Erste Kammer konnte die in der Zweiten Kammer gefaßten Beschlüsse abschmettern. (Im Herrenhaus verfügten dann Vertreter des Hochadels über erbliche Sitze. Dazu kamen vom König ernannte Mitglieder.) |
Daß das Königreich Preußen noch immer keine zusammenhängende Fläche bildete |
Das Königreich Preußen bildete keine Zusammenhängende Fläche. Bis 1866 bestand es aus einem Ostteil (Mark Brandenburg, Pommern, West- und Ostpreußen, Großherzogtum Posen, Schlesien, Sachsen) und einem Westteil (Münsterland, südl. Westfalen, Rheinprovinz, Saarland). Truppenverschiebungen zwischen Ost- und Westteil erfolgten über "Vertragsstraßen", die durch das Königreich Hannover und das Kurfürstentum Hessen führten. |
Daß es nach der 48er Revolution statt eines deutschen Nationalstaates wieder den "Deutschen Bund" gab |
Statt eines deutschen Nationalstaates gab es nun - nach dem Scheitern der 48er Revolution - wieder den "Deutschen (Fürsten-) Bund", in dem Einigkeit nur herrschte, wenn es um Unterdrückungsmaßnahmen ging (Beschlüsse von 1854, insb. Vereinsgesetzgebung). Ansonsten war das im "Deutschen Bund" herrschende Klima durch den Machtkampf zwischen Preußen und Österreich bestimmt. |
Daß Otto von Bismarck Vertreter Preußens im "Bun-destag" war Daß Bismarck ein erzreaktionärerJunker war Daß Bismarck Eisen und Blut als für den Geschichtsprozeß wichtige Substanzen erkannte, daß Bismarck mit Realitäten zu wirtschaften verstand und deshalb das Bündnis mit dem wirtschaftlich erstarkenden liberalen Großbürgertum suchte |
Der deutsche "Bundestag" war die ständige Botschafterkonferenz des Deutschen Bundes. Vertreter Preußens war seit 1851 Otto von Bismarck, der gute Gründe hatte, sich gegen jedwede Reform der bestehenden Gesellschaftsordnung zu stellen: "Ich bin ein Junker und will meinen Vorteil davon haben!" Er, der mütterlicherseits aus dem gebildeten Bürgertum stammte, verachtete gleichzeitig seine Standesgenossen aus dem Landadel: "Mein Umgang besteht in Hunden, Pferden und Landjunkern, und bei den letzteren erfreue ich mich einigen Ansehns, weil ich Geschriebenes mit Leichtigkeit lesen kann, mich zu jeder Zeit wie ein Mensch kleide, und dabei ein Stück Wild mit der Akkuratesse eines Metzgers zerwirke, ruhig und dreist reite, ganz schwere Zigarren rauche und meine Gäste mit freundlicher Kaltblütigkeit unter den Tisch drinke " Die Verachtung, die Bismarck für die Frankfurter Paulskirchen-Versammlung empfand, kommt in einem seiner berühmtesten Aussprüche zum Ausdruck: "Nicht durch Reden und Parlamentsbeschlüsse werden die großen Fragen der Zeit entschieden, sondern durch Eisen und Blut." Von seinen Standesgenossen unterschied ihn auch die Fähigkeit, die Zeichen der Zeit zu erkennen: "Wir müssen mit den Realitäten wirtschaften und nicht mit Fiktionen". Realität war ein wirtschaftlich erstarkendes liberales Großbürgertum, mit dem er das Bündnis suchte. Einige Zahlen zur wirtschaftlichen Entwicklung: Steinkohleförderung auf dem Gebiet des Zollvereins: 1848 4,5 Mio t, 1860 über 12 Mio t, 1871 knapp 30 Mio t. Eisenerzförderung: 1848 0,7 Mio t, 1869 mehr als 3 Mio t. |
Daß es bei allem wirtschaftlichen Aufschwung den Postpferden besser ging als den Arbeitern |
Die Löhne der Arbeiter sanken demgegenüber. Streik und gewerkschaftlicher Zusammenschluß waren ihnen verboten. Die Unterhaltskosten eines Postpferdes lagen höher als das Einkommen mancher Arbeiterfamilie. Armut und Krankheit gingen Hand in Hand: Jeder dritte Tagelöhner in Berlin starb an Tuberkulose. |
Wie Österreich einen Krieg und darauf einen Teil seiner italienischen Besitzungen verlor und Italien zum Nationalstaat wurde
Wie die Habsburger, die Bourbonen und der Papst Italien unter sich aufgeteilt hatten |
Auf dem Wiener Kongreß war den Habsburgern Venetien als Beute zugefallen und mit dem Herzogtum Mailand zum Lombardo-Venezianischen Königreich vereinigt worden. Napoleon hatte die Republik Venedig zerschlagen und Venetien schon 1797 im Frieden von Campo Formio vorübergehend Österreich überlassen. Das Herzogtum Mailand war bereits nach dem spanischen Erbfolgekrieg 1714 österreichisch geworden. In anderen Territorien Norditaliens, die nicht direkt mit Österreich vereinigt waren (Parma, Modena, Toskana) waren seit dem 18. Jahrhundert habsburgische Seitenlinien an der Macht. Im Königreich Neapel dem "Königreich beider Sizilien", (das seit dem spanischen Erfolgekrieg österreichisch gewesen, 1735 aber im Tausch gegen Parma und Piacenca an die spanischen Bourgonen abgetreten worden war) herrschte eine spanisch-bourbonische Seitenlinie Zwischen den Habsburgischen und den bourbonischen Territorien lag der Kirchenstaat, in dem der Papst seit der Niederlage der 48er Revolution unter dem Schutz französischer Bajonette regierte. |
Daß sich die Hoffnungen der italienischen Nationalisten auf Sardinien-Piemont, den einzigen selbständigen Staat Italiens richteten |
Die Hoffnungen des "Risorgimento" ("Wiedererstehung"), der bürgerlich-nationalen Bewegung Italiens richteten sich auf Karl Albert von Sardinien-Piemont, den Regenten des einzigen selbständigen Staates Italiens, der unter dem Eindruck der 48er Revolution eine liberale Verfassung verkündet hatte, die auch für das spätere Königreich Italien verbindlich wurde und formal bis 1946 in Kraft blieb. 1849 folgte ihm Viktor Emmanuel (II.). |
Wie Österreich bei Solferino 1859 die Lombardei an Sardienien-Piemont verlor |
Ministerpräsident Camillo Cavour brachte ein Abkommen mit Napoleon III. zustande, das Sardinien-Piemont wohl Savoyen und Nizza kostete, aber die Unterstützung Frankreichs im Krieg mit Österreich sicherte. Die Österreicher verloren 1859 die Schlachten von Magenta und Solferino und traten die Lombardei an Sardinien-Piemont ab. |
Daß der Schweizer Henry Dunant das Elend der Verwundeten von Solferino sah und die Bildung einer Hilfsorganisation anregte |
Der Schweizer Henry Dunant hatte auf dem Schlachtfeld von Solferino das Elend der Verwundeten gesehen. Er regte an, freiwillige Hilfsorganisationen zur Unterstützung des militärischen Sanitätsdienstes zu schaffen. 1863 konstituierte sich das "Internationale Komitee zur Unterstützung der Verwundeten", das 1876 in "Internationales Komitee vom Roten Kreuz" (rotes Kreuz: Umkehrung des Schweizer Wappens) umbenannt wurde. Einem ersten Genfer Rotkreuz-Abkommen ("Konvention zur Verbesserung des Loses der verwundeten Soldaten der Armeen im Felde") traten 1864 sechzehn Staaten bei. |
Wie es 1860 zur Einigung Italiens kam |
Venetien verblieb einem französisch-österreichischen Abkommen zufolge bei Österreich. Die im Protest dagegen entstandene Bewegung steigerte sich zur Revolution: Volksaufstände und die Freischärler Garibaldis stürzten die habsburgische und bourbonische Fürstenherrschaft und führten 1860 zur Einigung Italiens. Im März 1861 wurde Viktor Emmanuel zum König Italiens ausgerufen. Lediglich der Papst widersetzte sich mit seinen Ansprüchen der Einigung und stützte sich dabei weiterhin auf französische Truppen, bis diese anderweitig gebraucht werden (deutsch-französicher Krieg 1870/71) und Rom, die "natürliche Hauptstadt" Italiens, freigeben sollten. |
Die Schlappe von Solferino veranlaßte die österreichische Führung zu - unzureichenden - innenpolitischen Zugeständnissen. Verfassungsentwürfe von 1860 ("Oktoberdiplom") und 1861 ("Februarpatent") stießen auf allgemeine Ablehnung und besonders die der Ungarn. |
Wie Bismarck zielstrebig auf ein kleines Deutschland unter preussischer führung hinarbeitete und 1866 bei Königgrätz den Entscheidungskampf gegen Österreich gewann
Daß Wilhelm I. 1861 den preußischen Thron bestieg und sich 1862 Bismarck als starken Mann holte |
1861 wurde der "Kartätschenprinz", der sich 1849 durch den rücksichtslosen Einsatz gehackten Bleis gegen die Revolutionäre diesen Beinamen erworben hatte, als Wilhelm I. zum Preußenkönig gekrönt. 1862 berief er Bismarck als Ministerpräsidenten. |
Daß Preußen und Österreich dänische Ansprüche auf Schleswig-Holstein zurückwiesen, und daß dessen gemeinsame Verwaltung den Konfliktstoff für den von Bismarck angestrebten Entscheidungskampf bot |
Im Zusammenhang mit einem dynastischen Wechsel in Dänemark wurde 1863 die schleswig-holsteinische Frage wieder akut. Der neue dänische König (Christian IX.) riskierte in der Hoffnung auf englische Unterstützung den Krieg, den österreichische und preußische Truppen 1864 durch ihren Sieg bei den Düppeler Schanzen entschieden. Aus der zwischen Preußen und Österreichern aufgeteilten Verwaltung Schleswig-Holsteins ergab sich der Konflikstoff, der Bismarck eine Möglichkeit bot, die Entscheidung im österreichisch-preußischen Kampf um die Vorherrschaft in Deutschland herbeizuführen. |
Wie bei Königgrätz 1866 mit einem preußischen Sieg die Entscheidung für die "Kleindeutsche Lösung" fiel |
Bald nach Ausbruch des preußisch-österreichischen Krieges, im Juli 1866, brachten die - bereits mit Hinterladern (Zündnadelgewehr) bewaffneten - preußischen Truppen den Österreichern die entscheidende Niederlage von Königgrätz (Sadowa) bei. Sie drangen rasch bis Korneuburg und Preßburg vor. Bismarck verzichtete aber auf die Demütigung einer Macht, der er für die Zukunft die Rolle eines dengen Verbündeten zugedacht hatte: Weder besetzten die Preußen Wien, noch bestanden sie auf Gebietsabtretungen. Statt dessen wurden einige mit Österreich verbündete deutsche Staaten dem Königreich Preußen einverleibt (Hannover, Kurhessen, Nassau, Frankfurt/M.). Kaiser Franz Josef sollte Österreich dafür dann aus dem deutsch-französischen Krieg heraushalten ("Ich bin ein deutscher Fürst")[ii]. |
Wie das mit Preußen verbündete Italien trotz Lissa und Tegetthoff Venetien bekam |
Gegen die an der Seite Preußens in den Krieg eingetretenen italienischen Truppen hatten die Österreicher - vergeblich -bei Custoza (unter Erzherzog Albrecht) zu Lande und (unter Admiral Tegetthoff) bei Lissa zur See gesiegt. Denn nach der Niederlage von Königgrätz wurde der Großteil der in Italien kämpfenden Truppen für die Verteidigung Wiens abgezogen. Die Italiener drangen darauf bis an den Isonzo vor. Der nach dem Verlust Venetiens 1866 bei Österreich verbliebene Rest der "Italia irredenta" (Triest, Istrien, Görz, Trentino) kam erst nach dem Ersten Weltkrieg an Italien. |
Daß Preußen nun ein zusammenhängendes Gebiet bildete |
Preußen bildete nun einen Länderblock, der im Westen an die Niederlande, Belgien und Frankreich grenzte und im Osten bis tief in polnisches und litauisches Gebiet reichte. |
Wie dem "Reich" das Provisorium des "Norddeutschen Bundes" voranging |
An die Stelle des nun aufgelösten "Deutschen Bundes" trat noch 1866 der "Norddeutsche Bund", in dem nun zwei Drittel der Bevölkerung Untertanen des Königs von Preußen waren. Das erbliche Präsidentenamt im Norddeutschen Bund kam den Hohenzollern zu. Es gab sogar eine direkt (aber nicht geheim) gewählte Volksvertretung - den "Reichstag", dessen Mitwirkungsmöglichkeiten allerdings auf's Wirtschaftliche beschränkt blieben. Ein Zeitgenosse formulierte daher: "Die Verfassung des Norddeutschen Bundes hat drei Paragraphen. Der eine heißt Steuerzahlen, der zweite Soldatwerden, der dritte Maulhalten." |
Wie die Niederlage von Königgrätz den österreichisch-ungarischen Ausgleich und das Staatsgrundgesetz von 1867 zur Folge hatte
Wie nach Königgrätz Ungarn ein selbständiger Staat wurde, |
Die Niederlage von Königgrätz zog 1867 den österreichisch-ungarischen Ausgleich nach sich. Aus dem Kaiserreich Österreich wurde Österreich-Ungarn. Die Leitha trennte die beiden Reichsteile, die inoffiziell daher Zisleithanien und Transleithanien genannt wurden. Zum österreichischen - zisleithanischen - Reichsteil gehörten (außer den eigentlich österreichischen Gebieten) Böhmen, Mähren, Schlesien, Görz, Dalmatien, Galizien, die Bukowina, Krain, Istrien und Triest. Zum ungarischen - transleithanischen Reichsteil gehörten (außer Ungarn) Transsylvanien, Kroatien, Slawonien, die Vojvodina, das Banat, die Slowakei, die Kapartoukraine und Fiume (Rijeka). |
der nur die Person des Monarchen, die Außenpolitik, das Heer und das Finanzwesen mit Österreich gemeinsam hatte |
Österreich und Ungarn waren durch Personalunion des Kaisers von Österreich mit dem König von Ungarn, durch gemeinsame Außenpolitik, gemeinsames Heer und gemeinsames Finanzwesen verbunden. Ansonsten machte der Ausgleich Ungarn zu einem selbständigen Staat. Gemeinsame Ausgaben sollten von Österreich und Ungarn im Verhältnis 70:30 getragen werden. |
Daß der österreichisch-ungarische Ausgleich das Nationalitätenproblem nicht löste |
Der Ausgleich löste selbstverständlich die Nationalitätenfrage des Habsburgerreiches nicht: "Daß die Länder der böhmischen Krone eine ähnliche Stellung erhalten hätten wie Ungarn, scheiterte an den sich verschärfenden Gegensätzen zwischen den sechs Millionen Teschechen und den drei Millionen Deutschen in diesen Gebieten. Ebensowenig schien die Schaffung einer Südslawischen Sonderstellung gegen den Widerstand der Ungarn durchsetzbar. In Ungarn wurden zudem die Slowaken und Rumänen als 'Bedientennationen' behandel, und alle Anderssprachigen waren einem starken Magyarisierungsdruck ausgesetzt. In Galizien beharrten der polnische Kleinadel und das Bürgertum auf ihren Vorrechten gegenüber den Ruthenen (Ukrainern), im Küstenland und in Dalmatien bestanden die Italiener auf ihren noch auf die venezianische Zeit zurückgehenden Privilegien."[iii] |
Wie das Staatsgrundgesetz von 1867 den Bürgern Grundrechte zugestand |
Das Staatsgrundgesetz von 1867 ("Dezemberverfassung") gestand den Bürgern Zisleithaniens eine Reihe von Grundrechten zu. Ein neues Vereinsgesetz erleichterte die Bildung politischer Vereine. Die diversen Wahlordnungen, die in den frühen Sechzigern erlassen worden waren, regelten nach wie vor Gemeinde- und Landtagswahlen zum Vorteil der Besitzenden. Das Sagen hatten dementsprechend die Konservativen und die großbürgerlichen Liberalen. |
Daß das Wahlrecht von einer gewissen Mindeststeuerleistung abhängig war ("Zensuswahlrecht") Daß nur ca. sechs Prozent der Bevölkerung wählen durften |
Das Gemeindewahlrecht war an die Bedingung einer bestimmten (in verschiedenen Regionen unterschiedlichen) Steuerleistung (Zensus) geknüpft. Nach ihrer Steuerleistung wurden die Wähler zwei bis drei Wahlkörpern zugeordnet, deren einzelne Stimmen unterschiedliches Gewicht hatten. Frauen waren von den Wahlen generell ausgeschlossen. Der Anteil der Stimmberechtigten bei den Wiener Gemeinderatswahlen betrug am Ende der Sechzigerjahre etwas mehr als vier Prozent der Bevölkerung Wiens. Österreichweit waren ca. Sechs Prozent der Bevölkerung wahlberechtigt. |
Daß die Wahlberechtigten in Wählerklassen eingeteilt waren, deren Stimmen ungleich zählten |
Das Landtagswahlrecht sah (nicht in Ungarn, wo es wohl Zensuswahlrecht aber keine Kurien gab) Wählerklassen - "Kurien" vor: Großgrundbesitz Handels- und Gewerbekammern Städte Landgemeinden Zur Wahl eines Abgeordneten benötigten die Kurien ungleich viele Stimmen: wenige der Großgrundbesitz, viele die Landgemeinden. |
Nur der "bessere" Teil - etwa ein Drittel - der für die Gemeindewahlen zugelassenen Wählerschaft war in den beiden letzten Kurien wahlberechtigt. Die Wahlen waren ursprünglich öffentlich. Stimmzettel kamen erst nach und nach zur Anwendung. Die Abgeordneten des Reichstags wurden bis 1873 von den Landtagen delegiert. Danach wurden sie von den Wählern (deren Zahl durch Zensuswahlrecht stark eingeschränkt blieb) in direkter Wahl ermittelt. wurde der Zensus von zehn auf fünf Gulden (Steuerleistung pro Jahr) herabgesetzt. wurde eine fünfte Kurie für jene Männer geschaffen, die weniger als fünf Gulden an Steuern zahlten. |
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Wie den Männern Österreichs 1907 das allgemeine Wahlrecht zugestanden wurde |
Als 1905 eine der katastrophalen Niederlage im russisch-japanischen Krieg folgende Revolution selbst den Russen vorübergehend das allgemeine Wahlrecht verschaffte, schien es den Machthabern Österreich-Ungarns geraten, der von den Sozialdemokraten schon seit langem erhobenen Forderung nach dem allgemeinen Wahlrecht zu entsprechen. Die zuerst in der ungarischen Reichshälfte zugesicherte Wahlrechtsreform wurde schließlich - 1907 - nur in Österreich durchgeführt. Allerdings war dann das Wahlrecht immer noch den Männern vorbehalten. |
Wie sich in den Sechzigern in Deutschland und Österreich die Arbeiterbewegung regte
Wie Ferdinand Lassalle 1863 den "Allgemeinen Deutschen Arbeiterverein" (ADAV) begründete |
Seit Anfang der Sechziger regte sich die Arbeiterbewegung von Neuem in der Form von Arbeiterbildungsvereinen. Ferdinand Lassalle entwarf ein Programm, das der 1863 in Leipzig abgehaltene allgemeine deutsche Arbeiterkongreß annahm. Darin wird unter anderem die Forderung nach Beteiligung der Arbeiter am Ertrag der Produktion, nach dem Aufbau von Arbeiterproduktionsgenossenschaften sowie staatlicher Kredithilfe dabei und nach Abschaffung des Dreiklassenwahlrechts erhoben. Lassalle wurde zum Präsidenten des des "Allgemeinen Deutschen Arbeitervereins" (ADV) gewählt. Die bekannten Verse "Alle Räder stehen still, wenn dein starker Arm es will" stammen aus dem von Georg Herwegh gedichteten Bundeslied. |
Wie sich die Arbeitervereine 1868 der "Internationale" anschlossen |
Seit 1865 kam es zu Streikbewegungen und die Zigarrenarbeiter bildeten die erste gesamtdeutsche Gewerkschaft. Die Buchdrucker folgten 1866. 1868 schlossen sich auf dem 5. Vereinstag des Verbands deutscher Arbeitervereine in Nürnberg die dort vertretenen 93 Vereine der 1864 in London gegründeten (Ersten) Internationale ("Internationale Arbeiter-Vereinigung") an. Führender Kopf der Internationale war Karl Marx. An dieser Stelle empfiehlt sich vielleicht bereits ein Blick auf die spätere Entwicklung der "Internationalen": |
Daß es auch eine sozialdemokratische Zweite, eine kommunistische Dritte und dazwischen vorübergehend eine Wiener "Zweieinhalbte" Internationale gegeben hat |
Die Erste Internationale löste sich 1876 nach innerer Spaltung auf. Von ihr waren die Impulse zur Bildung von Arbeiterparteien in den diversen Ländern augegangen. Die unter Mitwirkung von Friedrich Engels 1889 gegründete Zweite Internationale marxistisch-sozialdemokratischer Arbeiterparteien machte den ersten Mai zum internationalen Kampftag der Arbeiterklasse (1890 erstmals begangen). Im Mittelpunkt der am ersten Mai erhobenen Forderungen stand der Ruf nach dem Achtstundentag. Die Zweite Internationale zerfiel mit Beginn des Ersten Weltkriegs. Sie wurde 1919 von reformistischen sozialistischen Parteien neu gegründet, während sich in Wien 1921 die österreichischen Sozialdemokraten, die im Krieg von der SPD abgespaltene USPD und andere linkssozialistische Parteien zur "Zweieinhalbten" Internationale vereinigten, die zwischen der Zweiten und der kommunistischen Dritten Internationale (Komintern, gegründet 1919 in Moskau) zu vermitteln suchte, diesen Versuch aber bereits 1922 als gescheitert betrachtete, worauf sie sich wieder der Zweiten Internationale anschloß. |
Wie es - neben dem ADAV - zur Gründung einer Sozialdemokratischen Arbeiterpartei kam |
Die Männer, die hinter dem Anschluß der Arbeitervereine an die Internationale und hinter der Gründung einer Sozialdemokratischen Arbeiterpartei (neben dem ADV) standen, die 1869 in Eisenach erfolgte, waren August Bebel und Wilhelm Liebknecht, beide Abgeordnete im Parlament des "Norddeutschen Bundes", dem "Reichstag". In dem von Bebel ausgearbeiteten Programm heißt es: "Die heutigen politischen und sozialen Zustände sind im höchsten Maße ungerecht Der Kampf für die Befreiung der arbeitenden Klasse ist nicht ein Kampf für Klassenprivilegien und Vorrechte, sondern für gleiche Rechte und gleiche Pflichten und für die Abschaffung aller Klassenherrschaft " Die Sozialdemokratie war noch keine Massenbewegung. Auf der Gründungsversammlung vertraten 262 Delegierte etwas mehr als zehntausend Arbeiter. |
Daß 1867 in Wien ein erster Arbeiterbildungsverein gegründet wurde |
Entsprechend den Möglichkeiten, die die Dezemberverfassung von 1867 bot, organisierte sich die österreichische Arbeiterschaft zunächst in "Arbeiterbildungsvereinen", deren erster noch im Jahre 1867 gegründet wurde. |
Daß die Wiener Arbeiter sich allgemeines Wahlreicht und Koalitionsrecht wünschten, aber nur letzteres bekamen |
kam es zu einer Massendemonstration der Wiener Arbeiter, die das allgemeine Wahlrecht, das Recht Gewerkschaften zu bilden (Koalitionsrecht) und die Aufstellung eines Volksheeres forderten, worauf die Organisatoren der Veranstaltung wegen Hochverrats angeklagt und zu Gefängnisstrafen verurteilt wurden. Im Jahr darauf (1870) erhielten die Arbeiter aber das Koalitionsrecht. |
Wie Bismarck Napoleon III. dazu verleitete, Preussen den Krieg zu erklären
Wie Napoleons mexikanisches Abenteuer mit einer Blamage und dem Tod Maximilians endete |
Napoleon III. hatte sich im Zusammenhang mit dem österreichisch-preußischen Krieg vergebliche Hoffnungen auf die Erwerbung linksrheinischer Gebiete gemacht. Und auch das mexikanische Abenteuer hatte zu einem eklatanten Mißerfolg geführt. Die 1813 erklärte Unabhängigkeit Mexikos wurde 1821 von Spanien anerkannt. Augustín de Itúrbide, der im Kampf um die Unabhängigkeit eine führende Rolle gespielt hatte, ließ sich 1822 als Augustín I. zum Kaiser ausrufen, wurde jedoch 1823 gestürzt und 1824 von Republikanern erschossen. Mexiko erklärte sich im gleichen Jahr zur Bundesrepublik. Die inneren Gegensätze führten zu chaotischen Zuständen in der jungen Republik und ließen sie zum Spielball fremder Mächte werden. In den Jahren 1833 bis 1855 regierte General Antonio López de Santa Ana, der seine Karriere als Liberaler begonnen hatte, dann aber ins klerikal-konservative Lager (Großgrundbesitzer, hohe Geistlichkeit, Militärs) übergelaufen war, als Diktator. Unter seiner Herrschaft verlor Mexiko einen beträchtlichen Teil seines Gebietes an die USA: 1836 erklärte Texas seine Unabhängigkeit und schloß sich 1845 den USA an. Der Frieden von Guadelupe Hidalgo beendete den Mexikanisch-Nordamerikanischen Krieg (1846 - 1848) und brachte weitere territoriale Verluste mit sich (Oberkalifornien, Neumexiko, Teile von Sonora, Coahuila, Tamaulipas). Diese Katastrophe gab der bürgerlich-revolutionären Bewegung Auftrieb, die der Militärdiktatur Santa Anas ein Ende setzte und dem Land (1857) eine bürgerlich-lieberale Verfassung gab (Grundrechte, Aufhebung der Sklaverei, Abschaffung der Adelstitel und Standesprivilegien). Präsident dieser Republik wurde Benito Juárez (bis 1872). Die Klerikal-Konservativen reagierten auf die einschneidenden Reformen Juárez' (Trennung von Kirche und Staat, Schließung der Klöster, Enteignungen) mit einem erbitterten Bürgerkrieg (1857 - 1860), dessen wirtschaftliche Auswirkungen Juárez zwangen, die Zahlung von Auslandsschulden einzustellen, was Frankreich, England und Spanien (1861) zum Vorwand für eine bewaffnete Intervention nahmen. England und Spanien zogen ihre Truppen schon im folgenden Jahr zurück, Napoleon III. jedoch setzte das mexikanische Abenteuer mit der Absicht fort, Mexiko zu einem Satellitenstaat zu machen, an dessen Spitze Erzherzog Maximilian, der Bruder Kaiser Franz Josephs, als "Kaiser" von Mexiko stehen sollte. Maximilians ehrgeizige Pläne endeten an einer Häuserwand in Querétaro. |
Daß Napoleon dringend einen außenpolitischen Erfolg brauchte und sich von Bismarck zu einer Kriegserklärung verleiten ließ |
Napoleon III. brauchte dringend einen außenpolitischen Erfolg. Es fiel Bismarck daher nicht schwer, den Krieg mit Frankreich herbeizuführen, und die Franzosen als Angreifer und Feinde der deutschen nationalen Einigung erscheinen zu lassen. Die Mehrzahl der deutschen Feinde Preußens sahen den bevorstehenden Krieg tatsächlich als patriotischen Verteidigungskrieg. Durch die Verfälschung eines Telegramms "Emser Depesche": durch Umformulierungen von Bismarck bewußt verschärfte Ablehnung Wilhelms bzgl. der Forderungen Frankreichs im Zusammenhang mit einer Hohenzollernschen Thronkandidatur in Spanien) half Bismarck etwas nach und verleitete Napoleon zur Kriegserklärung. |
Daß 1870 bei Sedan die Entscheidung fiel der Krieg damit aber noch nicht zu Ende war |
Die Entscheidung fiel schon einige Wochen nach Kriegsbeginn bei Sedan. Die französische Armee kapitulierte am 2. September 1870. Etwa hunderttausend Franzosen gerieten in deutsche Kriegsgefangenschaft, darunter Napoleon III. selbst. Die Bevölkerung von Paris erzwang nach der Katastrophe von Sedan die Republik, an deren Spitze eine "Regierung der nationalen Verteidigung trat, die sich aus Vertretern der Opposition zusammensetzte. Das Ende des Kaiserreichs aber war nicht das Ende des Kriegs " mit den wirklichen Führern der Arbeiter noch in den Gefängnissen und mit den Preußen schon im vollen Marsch auf Paris, duldete Paris ihre Ergreifung der Staatsmacht; aber nur auf die ausdrückliche Bedingung hin, daß diese Staatsmacht dienen sollte einzig und allein zum Zweck der nationalen Verteidigung."[iv] |
Für die Deutschen bestand kein Grund, den Krieg weiterzuführen. Aber Bismarck gab nun Anweisung, "daß weniger Gefangene gemacht und mehr die Vernichtung des Feindes ins Auge gefaßt" würde. Die deutschen Sozialdemokraten forderten Verzicht auf Eroberungen und Frieden mit der - nunmehr dritten - französischen Republik. Soweit die Behörden führender Sozialdemokraten habhaft werden konnten, wanderten diese ins Gefängnis. |
Wie die Pariser Arbeiter sich 1871 einen sozialistischen Staat schaffen wollten und deshalb statt der Preussen von den Truppen der Regierung der "nationalen Verteidigung" bekämpft wurden
Daß die französische Regierung ihre Aufgabe weniger in der "nationalen Verteidigung" als in der Verhinderung der sozialen Revolution sah und sich unter Preisgabe Elsaß-Lothringens schleunigst mit den Preußen einigte |
Die französische Regierung sah ihre Aufgabe weniger in der "nationalen Verteidigung" als in der Verhinderung einer sozialen Revolution. Sie fürchtete die bewaffneten und zur Verteidigung entschlossenen Massen von Paris mehr als die Preußen. weshalb Ministerpräsident Adolphe Thiers schleunigst (Ende Jänner 1871) mit den Preußen einen Waffenstillstand schloß und der Abtretung Elsaß-Lothringens sowie einer Zahlung von 5 Mrd. Goldfranc zustimmte. "Das Geschütz der Nationalgarde, sagte Thiers, gehört dem Staat und muß dem Staat wiedergegeben werden. Die Tatsache ist diese: Von dem Tag der Kapitulation an stand Paris auf der Wacht. Die Nationalgarde [seit 1789 bestehende und mehrfach aufgelöste und reorganisierte Bürgermiliz und Heeresreserve] reorganisierte sich und vertraute ihre Oberleitung einem Zentralkomitee an, das durch ihre ganze Masse, einige der alten bonapartistischen Abteilungen ausgenommen, erwählt war. Am Vorabend des Einmarsches der Preußen in Paris besorgte das Zentralkomitee den Transport nach Montmartre, La Vilette der von den Capitulards ["Kapitulierern"] verräterischerweise in und bei den von den Preußen zu besetzenden Stadtteilen zurückgelassenen Kanonen und Mitrailleusen. Dies Geschütz war durch die Beiträge der Nationalgarde selbst beschafft worden. Als ihr Eigentum war es amtlich anerkannt und in dieser besonderen Eigenschaft ausgenommen worden von der allgemeinen Ablieferung der dem Staat gehörenden Waffen an den Sieger Die Beschlagnahme des Geschützes sollte nur dienen als Vorspiel der allgemeinen Entwaffnung von Paris und damit der Entwaffnung der Revolution vom 4. September. Aber diese Revolution war der gesetzliche Zustand Frankreichs geworden. Die Republik, ihr Werk war im Wortlaut der Kapitulation vom Sieger anerkannt. Die Pariser Arbeiterrevolution vom 4. September war der einzige Rechtstitel der Nationalversammlung in Bordeaux und ihrer vollziehenden Gewalt."[v] |
Wie man der Pariser Nationalgarde ihre Kanonen wegnehmen wollte |
Am 18. März drangen französische Linientruppen in die Außenbezirke von Paris ein, um der Nationalgarde die Kanonen wegzunehmen, die sie dem Zugriff der Deutschen entzogen hatte. Die Soldaten verbrüderten sich jedoch mit der nur zum Teil bewaffneten wütenden Menge von Frauen und Männern, die ihnen entgegentrat. Zwei Generäle (Lecomte und Clément Thomas) wurden von ihren eigenen Männern niedergemacht. "Einer der bonapartistischen Offiziere, der bei dem nächtlichen Überfall auf Montmartre eine Rolle spielte, General Lecomte, hatte viermal dem 81. Linienregiment befohlen, auf einen unbewaffneten Haufen in der Place Pigalle zu feuern; als die Truppen sich weigerten, schimpfte er sie wütend aus. Statt Weiber und Kinder zu erschießen erschossen seine einen Leute ihn selbst. Dieselben Leute richteten auch Clément Thomas hin."[vi] |
Wie im März 1871 mit der Pariser Kommune ein sozialistischer Staat begründet wurde |
Am gleichen Tag begann mit der Errichtung der "Kommune von Paris" der erste Versuch der Errichtung eines sozialistischen Gemeinwesens. Die Arbeiten, die Karl Marx über die Pariser Kommune verfaßt hat, vermitteln uns die parteiergreifende Sicht eines kritischen Zeitgenossen und darüber hinaus einen Einblick in sein Verständnis von Sozialismus: |
Daß nach Karl Marx die Arbeiterklasse nicht einfach den bestehenden Staatsapparat in Besitz nehmen kann |
" die Arbeiterklasse kann nicht die fertige Staatsmaschinerie einfach in Besitz nehmen und diese für ihre eignen Zwecke in Bewegung setzen. Der Ruf nach der "sozialen Republik", womit das Pariser Proletariat die Februarrevolution [1848] einführte, drückte nur das unbestimmte Verlangen aus nach einer Republik, die nicht nur die monarchische Form der Klassenherrschaft beseitigen sollte, sondern die Klassenherrschaft selbst. Die Kommune war die bestimmte Form dieser Republik. |
Paris, der Mittelpunkt und Sitz der alten Regierungsmacht und gleichzeitig der gesellschaftliche Schwerpunkt der französischen Arbeiterklasse, Paris hatte sich in Waffen erhoben gegen den Versuch des Thiers und seiner Krautjunker, diese ihnen vom Kaisertum überkommne alte Regierungsmacht wiederherzustellen und zu verewigen. Paris konnte nur Widerstand leisten, weil es infolge der Belagerung die Armee losgeworden war, an deren Stelle es eine hauptsächlich aus Arbeitern bestehende Nationalgarde gesetzt hatte. Diese Tatsache galt es jetzt in eine bleibende Einrichtung zu verwandeln. Das erste Dekret der Kommune war daher die Unterdrückung des stehenden Heeres und seine Ersetzung durch das bewaffnete Volk. |
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Daß die Kommune aus den nach allgemeinem Stimmrecht gewählten Stadträten bestand und gleichzeitig gesetzgebende und vollziehende Gewalt sein sollte |
Die Kommune bildete sich aus den durch allgemeines Stimmrecht in den verschiedenen Bezirken von Paris gewählten Stadträten. Sie waren verantwortlich und jederzeit absetzbar. Ihre Mehrzahl bestand selbstredend aus Arbeitern oder anerkannten Vertretern der Arbeiterklasse. Die Kommune sollte nicht eine parlamentarische, sondern eine arbeitende Körperschaft sein, vollziehend und gesetzgebend zu gleicher Zeit. Die Polizei, bisher das Werkzeug der Staatsregierung, wurde sofort aller iher politischen Eigenschaften entkleidet und in das verantwortliche und jederzeit absetzbare Werkzeug der Kommune verwandelt. Ebenso die Beamten aller andern Verwaltungszweige. Von den Mitgliedern der Kommune abwärts, mußte der öffentliche Dienst für Arbeiterlohn besorgt werden. Nicht nur die städtische Verwaltung, sondern auch die ganze, bisher durch den Staat ausgeübte Initiative wurde in die Hände der Kommune gelegt. |
Das stehende Heer und die Polizei, die Werkzeuge der materiellen Macht der alten Regierung, einmal beseitigt, ging die Kommune sofort darauf aus, das geistliche Unterdrückungswerkzeug, die Pfaffenmacht, zu brechen; sie dekretierte die Auflösung und Enteignung aller Kirchen, soweit sie besitzende Körperschaften waren. Sämtliche Unterrichtsanstalten wurden dem Volk unentgeltlich geöffnet und gleichzeitig von aller Einmischung des Staats und der Kirche gereinigt |
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Daß die Richter verantwortliche, absetzbare Beamte sein sollten |
Die richterlichen Beamten verloren jene scheinbare Unabhängigkeit, die nur dazu gedient hatte, ihre Unterwürfigkeit unter alle aufeinanderfolgenden Regierungen zu verdecken, deren jeder sie, der Reihe nach, den Eid der Treue geschworen und gebrochen hatten. Wie alle übrigen öffentlichen Diener, sollten sie fernerhin gewählt, verantwortlich und absetzbar sein. Die Pariser Kommune sollte selbstverständlich allen großen gewerblichen Mittelpunkten Frankreichs zum Muster dienen. In einer kurzen Skizze der nationalen Organisation, die die Kommune nicht die Zeit hatte, weiter auszuarbeiten, heißt es ausdrücklich, daß die Kommune die politische Formselbst des kleinsten Dorfs sein und daß das stehende Heer auf dem Lande durch eine Volksmiliz mit äußerst kurzer Dienstzeit ersetzt werden sollte. Die Landgemeinden eines jeden Bezirks sollten ihre gemeinsamen Angelegenheiten durch eine Versammlung von Abgeordneten in der Bezirkshauptstadt verwalten, und diese Bezirksversammlungen dann wieder Abgeordnete zur Nationaldelegation in Paris schicken; die Abgeordneten sollten jederzeit absetzbar und an die bestimmten Instruktionen ihrer Wähler gebunden sein. Die wenigen, aber wichtigen Funktionen, welche dann noch für eine Zentralregierung übrigblieben, sollten nicht, wie dies absichtlich gefälscht worden, abgeschafft, sondern an kommunale, d.h. streng verantwortliche Beamte übertragen werden. Die Einheit der Nation sollte nicht gebrochen, sondern im Gegenteil organisiert werden durch die Kommunalverfassung; |
[Die Kommune] war wesentlich eine Regierung der Arbeiterklasse, das Resultat des Kampfs der hervorbringenden gegen die aneignende Klasse, die endlich entdeckte politische Form, unter der die ökonomische Befreiung der Arbeit sich vollziehen konnte |
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Daß die Kommune das Privateigentum an den Produktionsmitteln abschaffen wollte |
Die Kommune, rufen sie [die "Fürsprecher der jetzigen Gesellschaft"] aus, will das Eigentum, die Grundlage aller Zivilisation, abschaffen! Jawohl, meine Herren, die Kommune wollte jenes Klasseneigentum abschaffen, das die Arbeit der vielen in den Reichtum der wenigen verwandelt. Sie beabsichtigte die Enteignung der Enteigner. Sie wollte das individuelle Eigentum zu einer Wahrheit machen, indem sie die Produktionsmittel, den Erdboden und das Kapital in bloße Werkzeuge der freien und assoziierten Arbeit verwandelt. Aber das ist der Kommunismus, der 'unmögliche' Kommunismus! Nun, diejenigen Leute aus den herrschenden Klassen, die verständig genug sind, die Unmöglichkeit der Fortdauer des jetzigen Systems einzusehn - und deren gibt es viele -, haben sich zu zudringlichen und großmäuligen Aposteln der genossenschaftlichen Produktion aufgeworfen. Wenn aber die genossenschaftliche Produktion nicht eitel Schein und Schwindel bleiben, wenn sie das kapitalistische System verdrängen, wenn die Gesamtheit der Genossenschaften die nationale Produktion nach einem gemeinsamen Plan regeln, sie damit unter ihre Leitung nehmen und der beständigen Anarchie und den periodisch wiederkehrenden Konvulsionen [Schüttelkrämpfe bei Erkrankungen des Nervensystems], welche das unvermeidliche Schicksal der kapitalistischen Produktion sind, ein Ende machen soll - was wäre das andres, meine Herren, als der Kommunismus, der 'mögliche' Kommunismus? |
Daß die Arbeiterklasse nach Karl Marx keine Ideale zu verwirklichen, sondern nur dem Neuen zum Durchbruch zu verhelfen hat, das sich im Schoß des Alten entwickelt hat |
Die Arbeiterklasse verlangte keine Wunder von der Kommune. Sie hat keine fix und fertigen Utopien durch Volksbeschluß einzuführen. Sie weiß, daß, um ihre eigne Befreiung und mit ihr jene höhre Lebensform hervorzuarbeiten, der die gegenwärtige Gesellschaft durch ihre eigne ökonomische Entwicklung unwiderstehlich entgegenstrebt, daß sie, die Arbeiterklasse, lange Kämpfe, eine ganze Reihe geschichtlicher Prozesse durchzumachen hat, durch welche die Menschen wie die Umstände gänzlich umgewandelt werden. Sie hat keine Ideale zu verwirklichen; sie hat nur die Elemente der neuen Gesellschaft in Freiheit zu setzen, die sich bereits im Schoß der zusammenbrechenden Bourgeoisgesellschaft entwickelt haben. |
Die große soziale Maßregel der Kommune war ihr eignes arbeitendes Dasein. Ihre besondern Maßregeln konnten nur die Richtung andeuten, in der eine Regierung des Volks durch das Volk sich bewegt. Dahin gehören die Abschaffung der Nachtarbeit der Bäckergesellen; das Verbot der bei Arbeitgebern üblichen Praxis, den Lohn herabzudrücken durch die Auferlegung von Geldstrafen Eine andre Maßregel dieser Art war die Auslieferung von allen geschlossenen Werkstätten und Fabriken an Arbeitergenossenschaften "[vii] |
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Daß Paris seit dem 2. April von französischen Truppen belagert wurde |
Am 2. April nahmen die Truppen der in Versailles sitzenden Regierung Thiers Paris unter Artilleriefeuer. Nach 45tägigem Kampf unterlag die Kommune. In Lyon, Marseille, Bordeaux und anderen Städten hatten sich ebenfalls revolutionäre Kommunen gebildet. Sie brachen schon vor dem 28. Mai 1871 zusammen. |
Daß die Truppen der Versailler Regierung gefangene Kommunarden erschossen |
Die "Versailler" waren nach einigen Tagen des Kampfes dazu übergegangen, gefangene Kommunarden zu erschießen. Die Kommune antwortete mit dem Geiseldekret, das die Erschießung von drei politischen Gefangenen (Polizeispitzel, Gendarmen, Priester, Ordensgeistliche) für jeden ermordeten Kommunarden androhte, aber nicht in die Praxis umgesetzt wurde. "Nachdem die Kommune (Dekret vom 7. April) Vergeltungsmaßregeln angeordnet und es für ihre Pflicht erklärt hatte, 'Paris gegen die kannibalistischen Taten der Versailler Banditen zu schützen und Aug' um Auge, Zahn um Zahn zu verlangen' stellte Thiers dennoch die grausame Behandlung der Gefangenen nicht ein."[viii] |
Die Erschießungen hatte man allerdings eingestellt. "Kaum aber hatten Thiers und seine Dezembergenerale gefunden, daß das Vergeltungsdekret nur eine leere Drohung war, daß selbst ihre Gendarmenspione, die in Paris, als Nationalgardisten verkleidet, abgefangen waren, daß selbst Polizeisergeanten, Träger von Brandgranaten, verschont blieben - so fing auch das massenweise Erschießen von Gefangenen wieder an und wurde bis zum Ende durchgeführt."[ix] Unter dem Druck von außen beschloß die Kommune die Bildung eines mit diktatorischen Vollmachten ausgestatteten "Wohlfahrtsausschusses", was von einer Minderheit der Kommunarden entschieden abgelehnt wurde. |
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Wie am 21. Mai eine blutige Woche begann, in der Paris erobert wurde |
Am 21. Mai drangen Soldaten des Generals Mac Mahon in Paris ein und brauchten dann noch eine lange blutige Woche, um die Stadt vollständig einzunehmen. Den nahen Tod vor Augen, holten Angehörige der Nationalgarde etwa hundert Gefangene aus ihren Gefängnissen und erschossen sie. Die "Versailler" hingegen erschossen in den Straßen der Stadt etwa 20.000 Menschen. Am 27. April wurde auf dem Friedhof Père-Lachaise mit äußerster Erbitterung um jeden Meter gekämpft. Die Versailler machten hier keine Gefangenen. Am 28. Mai fiel die letzte Barrikade in der Rue Ramponneau. Von 40.000 Verhafteten fiel eine größere Zahl willkürlicher Erschießung zum Opfer oder starb an untragbaren Haftbedingungen. |
Wie Bismarck dem Preussenkönig zur Krone eines "Zweiten Reichs" verhalf und dieses nichts anderes war als eine auf dem Bündnis von Adel und liberalem Grossbürgertum beruhende Militärdiktatur
Wie die deutschen Fürsten Wilhelm baten, ihr Vorgesetzter zu werden |
Der Hurra-Patriotismus riß das liberale Bürgertum mit. Aber die Fürsten mußte Bismarck erst von der Notwendigkeit einer Unterordnung unter Preußenkönig Wilhelm überzeugen: Bayernkönig Ludwig II. konnte durch eine Summe von sieben Millionen Goldmark dazu bewegt werden, seinen Namenszug unter ein Schreiben zu setzen, in dem er "im Namen aller deutschen Fürsten" den Preußenkönig ersuchte, doch bitte ihr Vorgesetzter zu werden. |
und dieser 1871 in Versailles ihrer Bitte entsprach |
Die Proklamation Wilhelms zum Deutschen Kaiser erfolgte im Jänner 1871 im Spiegelsaal zu Versailles. Dem Reichstag des Norddeutschen Bundes wurde erlaubt, aus seiner Mitte dreißig Abgeordnete zu wählen, deren Aufgabe es sein sollte, den Preußenkönig untertänigst zu bitten, "durch Annahme der Kaiserkrone das Einigungswerk zu erreichen". |
Daß auch 30 Abgeordnete des Reichstags "zum Dienermachen" vorgelassen wurden |
Allerdings ließ man "die dreißig Kerls" erst einmal zwei Tage warten, bis sie "zum Dienermachen", wie sich ein Flügeladjutant Wilhelms ausdrückte, vorgelassen wurden. 1871 war die Geburtsstunde einer Militärdiktatur, die auf dem Bündnis zwischen Adel und Großbürgertum beruhte und bis zum November 1918 Bestand hatte. |
Der Regierungschef, der Reichskanzler, war gleichzeitig Vorsitzender des "Bundesrats", eines faktisch bedeutungslosen Gremiums, in dem - so Bismarck - "die Souveränität der verbündeten Fürsten und Regierungen ihren unbestrittenen Ausdruck" finden sollte. |
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Daß der Reichstag lediglich ein Scheinparlament war |
Der Reichstag bildete lediglich ein Scheinparlament. Die Wahlkreiseinteilung benachteiligte die Ballungszentren: Hamburg, Berlin, Bochum/Dortmund (zusammen 3,12 Millionen Menschen) wurden von insgesamt elf Abgeordneten vertreten. Die rund 700.000 Untertanen der mecklenburgischen Großherzöge entsandten hingegen sieben Abgeordnete. Von der Wahl ausgeschlossen waren: Frauen, Männer unter 25, Soldaten, Inhaber in Konkurs gegangener Betriebe, "Almosenempfänger" - Familienväter, die im Wahljahr Zuschüsse aus öffentlichen Mitteln erhielten. Außerdem war die Regierung dem Parlament nicht verantwortlich. |
Daß das "Zweite Reich" nicht viel von den Hoffnungen der Jahre 1815 oder 1848/49 verwiklicht hatte |
Stellte das "Zweite Reich" - die Erfüllung des Traums von 1815 oder 1848/49 dar? Es war ein kleindeutsches Reich, dafür lebten darin fünf bis sechs Millionen Menschen (Polen, Masuren Sorben, Kassuben, Slowaken, Litauer, Dänen, Franzosen), die sich - wenn das Selbstbestimmungsrecht der Völker gegolten hätte - wohl für eine andere staatliche Lösung entschieden hätten. Hatte das "Zweite Reich" der Kleinstaaterei ein Ende gesetzt? Erreicht war lediglich das Ziel, einen großen Teil der deutschen Zwergstaaten in Preußen aufgehen zu lassen und den Rest in Abhängigkeit zu halten. Neben den Hohenzollern gab es noch 21 weitere regierende Fürstenhäuser. Kinder aus Arbeiter- oder Bauernfamilien hatten kaum Chancen auf höhere Bildung und auf die Erwerbung eines Reserveoffiziersdienstgrades - in aller Regel Voraussetzung für einen Höheren Posten in Staatsdienst und Industrie. Behördenchefs bevorzugten Bewerber, die schlagenden Verbindungen - möglichst der eigenen - angehörten. Die Gesindeordnung räumte der Herrschaft bis 1918 ein körperliches Züchtigungsrecht ein. Landarbeiter, Soldaten, Lehrlinge erhielten Ohrfeigen, Fußtritte, Schläge mit der Reitpeitsche. Die Polizisten und Gendarmen waren durchwegs ehemalige Unteroffiziere, die zwölf Jahre und länger Rekruten gedrillt hatten. |
Daß im "Zweiten Reich" das Militär den Ton angab |
In der Gesellschaft des Bismarck-Reiches gaben Adel und Militär den Ton an Mehr als die Hälfte von fünf Milliarden Goldfranken, die Frankreich als "Kriegsentschädigung" gezahlt hatte, wurde für zusätzliche Rüstungen ausgegeben. Der konservative Historiker Heinrich von Treitschke (der Mann, bei dem später der "Stürmer" sein Motto entlehnen sollte: "Die Juden sind unser Unglück") schwärmte: "Ist diese Zeit von Eisen, so bleibt es auch eine Notwendigkeit für die Gesittung der Welt, daß eine Nation bestehe, die neben dem Idealismus der Wissenschaft zugleich den Idealismus des Krieges behüte, und dies ist Deutschlands herrlichster Beruf." So wie Treitschke es sang, so zwitscherten es Tausende von Deutsch-, Geschichts-, Turn- und Religionslehrern, so paukten es Unteroffiziere den Rekruten ein, und so trommelten es die überall im Reich gegründeten Kriegervereine durch die Städte und Dörfer. |
Wie und warum der Antisemitismus zum Programm kleinbürgerlicher Parteien wurde
Wie der Berliner Hofprediger Adolf Stöcker den Arbeitern mehr Ehrfurcht vor dem Christenglauben, König und Vaterland beibringen wollte aber nur beim Kleinbürgertum mit antisemitischen Sprüchen ankam |
"Hätten wir mehr lebendiges deutsches Ehrgefühl, mehr Ehrfurcht vor unseren Heiligtümern, vor dem Christenglauben, vor König und Vaterland, niemals wäre das Judentum unter uns zu solcher Macht gelangt." Das sind die Worte des protestantischen Theologen und Hofpredigers Adolf Stöcker, die dieser im Februar 1882 in einer Rede anläßlich einer Veranstaltung der christlich-sozialen Partei hielt, die er 1878 in Berlin als christlich-soziale Arbeiterpartei gegründet hatte. Mit derlei Losungen konnten aber die Seelen der Arbeiter begreiflicherweise nicht gut gegen die Versuchungen des Sozialismus immunisiert werden. Ihnen war es im Schnitt egal, ob das Kapital "getauft oder beschnitten" war, wie Friedrich Engels sich einmal ausgedrückt hat. Zulauf erhielt Stöcker jedoch aus den Reihen des Mittelstandes. Judenfeindschaft kam dort gut an und wurde von Stöcker - ebenso wie von Lueger in Wien - aus parteitaktischen Überlegungen in den Vordergrund gestellt. Die bürgerliche Gleichstellung der Juden (in Österreich 1867 und im Norddeutschen Bund 1869), der Industrialisierungsschub der Gründerzeit und der Börsenkrach von 1873 bildeten den Hintergrund für eine Welle des Antisemitismus. |
Was Stöcker und seine Gesinnungsgenossen für spezifisch jüdischen "Mammonismus" hielten, war eine Eigenschaft des Kapitalismus, in dem die Erzielung von Profit zum obersten Wert geworden war, dem sich alles andere unterzuordnen hatte. Das Wesensmerkmal einer Wirtschafts und Gesellschaftsordnung wurde zum Wesensmerkmal einer religiösen Minderheit und vielfach auch schon einer "Rasse" umgedeutet. Den von der Deklassierung bedrohten kleinen Gewerbetreibenden zeigte sich damit doch noch ein trügerischer Hoffnungsschimmer: |
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Wie sich den von der Proletarisierung bedrohten kleinen Gewerbetreibenden ein trügerischer Hoffnungsschimmer zeigte |
Wenn die Entwicklung des Kapitalismus als Auswirkung einer bestimmten Gesinnung, einer (religiösen) Idee und noch besser wenn diese Gesinnung als typisches Rassenmerkmal interpretiert wurde, so eröffnete sich die Aussicht, durch die Ausmerzung einer genau eingegrenzten Gruppe von Trägern dieser Gesinnung Abhilfe zu schaffen und doch noch den Weg zurück in der Geschichte zu finden. |
Idee (Ideologie, Geisteshaltung etc.) kämpft gegen Idee. Beide sind - so gesehen - nicht historisch bedingt, sondern bedingen die Historie. Warum soll also nicht morgen die Idee von gestern oder vorgestern wieder herrschen, die "mittelalterlichchristliche Wirtschaftsgesinnung" zum Beispiel? |
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wenn man den modernen Kapitalismus - wie der Wirtschaftshistoriker Werner Sombart - als "eine Ausstrahlung jüdischen Wesens" auffaßte |
Der Wirtschaftshistoriker Werner Sombart sagt uns in seinem 1911 erschienen Buch "Die Juden und das Wirtschaftsleben", "daß der moderne Kapitalismus doch im Grunde nichts anderes sei als eine Ausstrahlung jüdischen Wesens". Nach der mittelalterlichchristlichen Auffassung stehe " im Mittelpunkt auch der wirtschaftlichen Interessen der Mensch Güter werden erzeugt und gehandelt, damit die Konsumenten gut und reichlich ihren Bedarf an Gebrauchsgütern decken können, aber auch die Produzenten und Händler ihr gutes und reichliches Auskommen finden Das schrankenlose, unbegrenzte Streben nach Gewinn galt noch während dieser ganzen Zeit bei den meisten Wirtschaftssubjekten als unstatthaft, als 'unchristlich' Von einer Herauslösung der ökonomischen Welt aus dem religiössittlichen Gesamtverbande war noch keine Rede. Jede einzelne Handlung ressortierte noch unmittelbar von der obersten ethischen Instanz: dem göttlichen Willen. Und dieser war der mammonistischen Auffassung der Dinge im strengsten Sinne abhold, also, daß alles christliche Erwerbsleben alten Stils schon aus diesem Grunde immer ethisch temperiert blieb." |
Wie bei Sombart der Kapitalismus eine Art jüdischer Krankheit darstellt, die von außen in den "anders gearteten Ideenkreis" des christlichen Mittelalters getragen worden sei |
"Was aber ist nun das grundsätzlich Neue in der Betrachtungsweise, die wir als die spezifisch jüdische kennen lernten? Wir können es in einem einzigen inhaltsschweren Satz zusammenfassen: es ist der moderne Geist, wie er heute die Wirtschaftssubjekte durchgehends beherrscht Was der Jude durch all die Jahrhunderte gegenüber den herrschenden Anschauungen vertritt, ist die grundsätzlich individualistische Auffassung von der Wirtschaft; daß die Wirkenssphäre des einzelnen Wirtschaftssubjektes nach oben und nach unten hin durch keine objektive Satzung irgendwie begrenzt sei, weder was die Größe des Absatzes, noch was die Gliederung von Berufen betrifft; daß jedes Wirtschaftssubjekt sich seine Stellung neu erobern und jederzeit sie gegen Angriffe verteidigen müsse Was sich hiermit durchgesetzt hat, sind, wie man sieht, nichts anderes als die Ideen des 'Freihandels', der 'freien Konkurrenz', ist der ökonomische Rationalismus, ist der rein kapitalistische Geist, ist eben die moderne Wirtschaftsgesinnung, bei deren Ausbildung die Juden also eine große, wenn nicht die entscheidende Rolle gespielt haben. Denn sie sind es gewesen, die von außen her in einen anders gearteten Ideenkreis hinein diese Anschauungen trugen." Kapitalismus als eine Art jüdische Krankheit, die von außen her in den völlig anders gearteten Ideenkreis des christlichen Mittelalters getragen worden ist |
Und jetzt haben wir die Bescherung: Als moderner Geist beherrscht diese jüdische Krankheit die Wirtschaftssubjekte durchgehend. Mit anderen Worten: Am Kapitalismus sind immer und überall die Juden schuld. Auch dort, wo es keine gibt. |
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Das "Händlervolk" der Juden, deren rastloser nomadischer Geist sie veranlaßt habe, Judäa zu verlassen und die Diaspora zu erfinden, habe seine Ideen in die im Gleichgewicht befindliche mittelalterliche Welt des germanischen "Heldenvolkes" mit seiner intakten Volksgemeinschaft getragen. |
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Daß die Feindbilder Kapitalismus und Sozialismus sich im kleinbürgerlichen Bewußtsein zu einem Begriff vereinigten: Jude |
Der Kleinbürger nahm die Juden unter den Kapitalisten und unter den Arbeiterführern wahr. Der moderne Kapitalismus samt der Antwort der Arbeiter auf ihn kristallierte im kleinbürgerlichen Bewußtsein in einem Begriff: Jude. Der Antisemitismus wurde daher in den Parteien Stöckers sowie Luegers und Schönerers (Christlichsoziale und Deutschnationale in Österreich) zum Programm. |
Daß dem Sozialismus einerseits vorgeworfen wurde, den "allesverschlingenden Kapitalismus" als unvermeidliches gesellschaftliches Entwicklungsstadium zu betrachten, |
Der Theologe und Ethnologe Wilhelm Schmidt schrieb 1920: "Dieser deutsche Freiheitsdrang wird auch das ganze jüdisch-marxistische Phantom des Zukunftsstaates über den Haufen werfen. Ein System, das den allesverschlingenden Kapitalismus als Stufe einer notwendigen Entwicklung erklärt, die man nicht aufhalten könne, ja nicht aufhalten dürfe, da nur sie, und sie von selbst die endliche Zentralisierung herbeiführe, die man dann ohne Mühe in die allgemeine Expropriierung und Sozialisierung hinüberleiten könne: das ist nicht freiheitlich-deutsch, sondern despotisch-asiatisch." Und wenn es so weit kommen sollte "ist es mit der Freiheit der Deutschen vorbei, sie werden unter die erbärmliche Knechtschaft einer Handvoll, wahrscheinlich jüdischer Ausbeuter geraten." |
anderseits aber das Privateigentum an den Produktionsmitteln abschaffen zu wollen. Kurz: Ja zum Privateigentum; aber in mittelalterlichen Grenzen Wie der christliche "Sozialismus" mit dem Mittelalter und dem kanonischen Zinsverbot liebäugelte |
Der christliche "Sozialismus" sowie sein Zwillingsbruder, der nationale "Sozialismus" wollten das Privateigentum an den Produktionsmitteln erhalten, aber in mittelalterlichen Grenzen Der schon im Zusammenhang mit der Romantik zitierte Friedrich Wilhelm Schmidt schreibt 1920 (in "Der Deutschen Seele Not und Heil): "Sondereigentum wohl verlangt wahrhaft deutscher Freiheitssinn und Familiensinn, aber nicht im schrankenlosen Sinn des römischen Rechtes und des jüdischen Kapitalismus. Auch hier tritt deutsche Art dem entgegen: der Deutsche ist der Mann der Pflicht und der Arbeit - also weg mit dem pflichtlosen und dem arbeitslosen Eigentum! Das war ja auch der Sinn des alten deutschen Lehenswesens: alles Eigentum ist Lehen der Gesamtheit, hat ihm gegenüber Pflichten zu erfüllen. Tiefer noch fundierte das Christentum den Eigentumsbegriff, indem es den lebendigen Gott als höchsten Lehnsherren und allwissenden Wächter und Richter der richtigen Benutzung des Eigentums hinstellte; eine konkrete Anwendung davon war die kirchliche Verwerfung des Zinsnehmens, die nie völlig aufgehoben wurde. Das waren auch die Lehren deutscher christlicher Sozialreformer wie Kettler, Todt, Vogelsang gleich damals, als Ideologen wie Lassalle und Marx mit ihrem blendenden neuen Evangelium auftraten." |
In Hitlers berühmter Rede vom 30. Jänner 1939, in der er "wieder ein Prophet sein" wollte, erschienen "internationales Finanzjudentum" und Bolschewismus als eins. Was er vorhersagte, war die "Vernichtung der jüdischen Rasse in Europa". |
Was Richard Wagner mit Adolf Hitler verbindet
Daß sich Richard Wagner für den Begründer des von Stöcker vertretenen Antisemitismus hielt |
Von Adolf Stöcker ist es nicht weit zu Richard Wagner "Ich lese eine sehr gute Rede des Pfarrers Stöcker über das Judentum. R(ichard) ist für völlige Ausweisung. Wir lachen darüber, daß wirklich, wie es scheint, sein Aufsatz über die Juden den Anfang deises Kampfes gemacht hat."[x] So lautet eine Eintragung in Cosima Wagners (der Gattin Richard Wagners) minutiös geführtem Tagebuch unterm 11. Oktober 1879. |
Daß aus Wagners Feder tatsächlich einer der "Klassiker" der antisemitischen Literatur stammt Daß die einzige Lösung der "Judenfrage", die Wagner sich denken konnte, der Untergang der Juden war |
Tatsächlich stammt einer der "Klassiker des Antisemitismus" aus der Feder Richard Wagners, der 1850 unter dem Pseudonym K. Freigedank mit seinem Traktat Das Judentum in der Musik an die Öffentlichkeit getreten war. Im Jahre 1869, dem Jahr der Gleichstellung der Juden im Norddeutschen Bund, erschien das Werk in einer erweiterten Version unter Wagners Namen. Wagner stellte sich darin auf den Standpunkt, daß Juden keine Kunst, sondern nur "Kunststückchen" schaffen könnten. Denn das entwurzelte jüdische Volk sei vom Quell aller Kultur, dem "Volksgeist", abgeschnitten. Die Taufe allein könne einen Juden nicht von seinem Judesein befreien. Die einzige Lösung der "Judenfrage", die Wagner zu sehen in der Lage war, schmeckt nach "Endlösung": " bedenkt, daß nur eines eure Erlösung von dem auf euch lastenden Fluche sein kann; die Erlösung Ahasvers, der Untergang."[xi] |
Wagner war zunächst nicht judenfeindlich eingestellt gewesen. Vor 1850 hatte er freundschaftliche Kontakte zu jüdischen Künstlern unterhalten. Er hatte Meyerbeer gebeten, ihn bei seinem Bemühen zu unterstützen, seine Werke in Berlin und Dresden zur Aufführung zu bringen. "Diese Bitten sind von Ausdrücken der Lobhudelei und Selbsterniedrigung begleitet, die man selbst nach Berücksichtigung von Wagners Lage nur mit einer gewissen Verlegenheit lesen kann: 'Mein angebeteter Gönner', 'Mein Kopf und mein Herz gehören aber schon nicht mehr mir das ist ihr Eigen mein Meister'; 'Ich muß ihr Sclave mit Kopf und Leib werden denn ich gestehe offen, daß ich SclavenNatur in mir habe' dies und ähnliches in einem einzigen Brief."[xii] Dem arrivierten Wagner muß die Erinnerung an solche Akte der Selbstentwürdigung peinlich gewesen sein. Als Rober Schumann später feststellte, daß Wagners "Fliegender Holländer" oft nach Meyerbeer schmecke "reagierte Wagner mit einer Leidenschaft, die den wunden Punktder hier berührt wurde, offenbart. Seine 'äußeren Lebensverhältnisse' allein hätten ihn mit 'dem Menschen Meyerbeer in Beziehung gebracht'. Von einer Beeinflussung seiner 'Productions-Kraft' durch Meyerbeer könne schon deswegen keine Rede sein, weil 'außer vielleicht raffiniertes Streben nach seichter Popularität' nichts als spezifisch 'Meyerbeerisch' angesprochen werden kann. Meyerbeers Produktionen seien seinen Vorgängern Rossini, Bellini usw. entlehnt."[xiii] |
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Nicht nur die aus der deutschen Mythenwelt stammenden Themen Wagnerscher Werke boten also eine Anknüpfungsmöglichkeit für die Nazis, sondern auch Wagners solider Judenhaß. Dem Gelegenheitsarbeiter Adolf H. wiederum bot der "seltene, vom Munde abgesparte Besuch der Oper" Ablenkung von der Trostlosigkeit seines Daseins im Vorkriegs-Wien, und auch sein Erwählungserlebnis soll er während einer Aufführung der Wagner-Oper Rienzi gehabt haben. |
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Daß Wagner mit Gobineau, dem Autor eines vielbeachteten "Essays über die Ungleichheit der Menschenrassen", bekannt war Daß Wagner der Schwiegervater H. St. Chamberlains war, der die "Grundlagen des neunzehnten Jahrhunderts", ein Standardwerk des Rassismus und Pangermanismus verfaßt hat |
Von Richard Wagner ist es auch nicht weit zu dem französischen Diplomaten Joseph Arthur von Gobineau, mit dem er seit 1876 bekannt war. Gobineau hatte 1853 einen "Essai sur l'inégalité des races humaines" (Essay über die Ungleichheit der Menschenrassen") veröffentlicht. Mit Hilfe gewagter Konstruktionen und unter etlichen geistigen Verrenkungen gelang es ihm, alle Kulturleistungen auf die "Rasse" der "Arier" zurückzuführen. Als verirrte "Arier" entpuppen sich bei ihm auch die Propheten und die anderen großen Gestalten der biblischen Geschichte. Wagner machte Gebrauch von Gobineaus Rassebegriff. Aber schon früher (1873) war ein Streit Wagners mit dem Dekan der Bayreuther Kirche entstanden, der die Auffassung vertreten hatte, "gemischte Ehen seien die Lösung des Problems. R(ichard) behauptet: Dann würde es keine Deutschen mehr geben, das deutsche blonde Blut sei nicht kräftig genug, um dieser "Lauge" zu widerstehen, wir sehen ja, wie die Normannen und Franken zu Franzosen geworden seien, und das jüdische Blut sei noch viel korrosiver als das romanische."[xiv] Von Richard Wagner ist es auch nicht weit bis zu seinem Schwiegersohn Houston Stewart Chamberlain, der 1898 mit den "Grundlagen des neunzehnten Jahrhunderts", an die Öffentlichkeit trat, dem Hauptwerk des Rassenantisemitismus und Pangermanismus im "Zweiten Reich". Geschichte wird darin im wesentlichen als Kampf zwischen einer schöpferischen arischen und einer destruktiven semitischen "Rasse" gesehen. Das Werk wurde bis 1922 vierzehnmal aufgelegt. Wilhelm II. las es seinen Kindern vor und empfahl es den Kadettenschulen als Lektüre. |
Wie sich die drei "Lager" der österreichischen Innenpolitik entwickelten
Daß der christlichsoziale Antisemitismus durch den Börsenkrach von 1873, |
Wie in Berlin gab auch in Wien der Börsenkrach von 1873 dem Antisemitismus Auftrieb, dem von Karl Vogelsang, der als Begründer der christlichen Soziallehre gilt, Ausdruck verliehen wurde. |
Nach dem bekannten Muster beklagte er den "schrankenlosen Egoismus des" - mit dem Judentum identifizierten - "Kapitals", durch den das christlich-zünftische Berufsethos zersetzt würde. Es seien die Juden, die durch ihre Geschäftspraktiken "Handel und Wandel" vergifteten, "sodaß ein ehrliebender Christ kaum mehr auf einen grünen Zweig kommen kann." |
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durch einen Ritualmordprozeß |
Ein Ritualmordprozeß in Ungarn und die Einwanderung russischer Juden, die vor den "Stürmen des Südens", vor dem von den russischen Behörden initiierten Pogrom des Jahres 1882 geflohen waren, verstärkten antisemitische Tendenzen. In der ungarischen Ortschaft Tisza Eszlar wurde eine Ritualmordbeschuldigung erhoben, nachdem im April 1882 ein vierzehnjähriges Mädchen verschwunden war. Eine wütende Menge steckte die Synagoge des Ortes in Brand. Im Juni fand man die Leiche eines Mädchens entsprechenden Alters in der Theiß. Die Kinder (eines erst fünf Jahre alt) des Synagogendieners waren bedroht worden, damit sie den Mord bezeugten. Der Prozeß brachte die völlige Haltlosigkeit der Beschuldigung an den Tag. |
und durch die Einwanderung jüdischer Flüchtlinge verstärkt wurde |
Mit einem großen Teil Polens war (im Rahmen der "polnischen Teilungen" des 18. Jahrhunderts) mehr als eine Million Juden unter russische Herrschaft gekommen. Sie waren von den russischen Zaren in ihrem "Ansiedlungsrayon" (Ukraine, Weißrußland, Litauen, Teile des Baltikums, Russisch-Polen) eingeschlossen worden. Unter Nikolaus I. (1825-55) wurden Tausende Juden als Kolonisten nach Sibirien verbracht. Der männlichen jüdischen Jugend drohte bereits im Alter von zwölf Jahren die Konskription für den Militärdienst. Die jüdischen Rekruten verbrachten sechs Jahre als "Kantonisten" und waren während dieser Zeit massivem Christianisierungsdruck, Mißhandlung und Hunger ausgesetzt. Nur wenige dieser "Kantonisten" kehrten zu ihren Familien zurück. Zar Alexander II. (1855-81) zeigte den Juden gegenüber etwas mehr Wohlwollen und schaffte die Rekrutierung der 12jährigen Kantonisten ab. Mit Alexander III. (1881-94) verschlechterte sich die Lage der Juden wieder. Im ersten Jahr seiner Regierung ließ er im "Ansiedlungsrayon" eine Reihe von Pogromen - die "Stürme des Südens" (Jesaja 21, 1) - anzetteln, die eine Massenauswanderung auslösten. Mit dem Pogrom von Kischinew (1903) begann unter Nikolaus II. (1894-1917) eine neuerliche von der Regierung initiierte Verfolgungswelle. |
Daß Karl Lueger die herausragende Persönlichkeit der christlichsozialen Bewegung war |
Die herausragende Persönlichkeit der christlichsozialen Bewegung war Karl Lueger, der seine politische Karriere allerdings als Liberaler begonnen hatte. Im September 1887 hielt Lueger seine erste antisemitische Rede: "Wir rufen also nicht "hepp, hepp, [Anspielung auf den von 'Hep-Hep'-Rufen begleiteten Pogrom des Jahres 1819] sondern wir wehren uns dagegen, daß die Christen unterdrückt werden, und daß an die Stelle des alten christlichen Reiches Österreich ein neues Reich Palästina tritt. Dies ist die Ursache des Antisemitismus. Es ist nicht der Haß gegen den einzelnen, nicht der Haß gegen den armen, gegen den kleinen Juden. Nein, meine Herren, wir hassen nichts anderes als das erdrückende Großkapital, welches sich in den Händen der Juden befindet."[xv] |
Daß 1891 die Christlichsoziale Partei gegründet wurde Daß Lueger mit antisemitischen Parolen Bürgermeister wurde, sich dann aber zurückhielt |
Durch sein Zusammenwirken mit Vogelsang und dem 1887 gegründeten Christlichsozialen Verein entstand 1891 die Christlichsoziale Partei. Karl Lueger bestritt nach dem Vorbild Stöckers die Wahlen zum Wiener Gemeinderat mit antisemitischen Parolen - und gewann (1895). Kaiser Franz Joseph zögerte, ihn als Bürgermeister zu bestätigen (Hitler hingegen nannte ihn den "gewaltigsten deutschen Bürgermeister aller Zeiten"). Lueger hatte schon 1885 eine Herabsetzung des Zensus für die Wiener Gemeinderatswahlen durchgesetzt, was den Mittelschichten die Mitsprache ermöglichte. Das allgemeine Wahlrecht lehnte er entschieden ab. In der politischen Praxis des Bürgermeisters Lueger spielte der Antisemitismus keine Rolle mehr. |
Wie sich der großdeutsche Gedanke vom Gegner preußischer Machtansprüche zu dessen Diener wandelte |
Die "Großdeutschen" waren durch die Gründung des "Zweiten Reichs" in einen Zwiespalt geraten: "Wer bisher 'großdeutsch' gefühlt hatte, der vertrat auch den politischen Anspruch der [österreichisch-ungarischen] Monarchie im deutschen Raum, jetzt wurden die österreichischen Großdeutschen als Deutschnationale zwangsläufig zu politischen Satelliten des oft kritiklos verherrlichten kleindeutsch-preußischen Staates; der großdeutsche Gedanke, entstanden aus dem Gegensatz zu den Machtansprüchen des Preußentums, wandelte sich in dessen Diener"[xvi]. |
Daß Georg Ritter von Schönerer die zentrale Figur des deutschnationalen Lager darstellte Daß spätere Sozialdemokraten und Christlichsoziale eine zeitlang mit Schönerer zusammenarbeiteten |
Der Name Georg Ritter von Schönerers, des populärsten antiliberalen Streiters vor Lueger, steht für das großdeutsche, deutschnationale "Lager", das allerdings aus einer ganzen Reihe von Vereinigungen, die erst in der Ersten Republik zur Großdeutschen Partei zusammenfanden, bestand. Spätere Sozialdemokraten (Adler, Pernerstorfer) und Christlichsoziale arbeiteten noch Anfang der Achtziger mit Schönerer bei der Abfassung eines großdeutschen "Linzer Programms" zusammen. Dann machte ihnen entweder der judenfeindliche, der antihabsburgische oder der antikatholische Aspekt seiner Linie - "Ohne Habsburg, Juda, Rom bauen wir den deutschen Dom" - weitere Kooperation unmöglich. |
Bei Schönerer trat der Antisemitismus nur allmählich in den Vordergrund. Noch in den seinen "Unverfälschten Deutschen Worten" (vom 1. Juli 1883) hatte er die Mitarbeit von Juden, wenn auch keine führende, in der nationalen Auseinandersetzung nicht ausgeschlossen: "Der Kampf gegen die Slawen muß ohne die Juden ausgefochten werden. Stellt sich der eine oder der andere Jude freiwillig in unsere Reihen, so mag er in Gottes Namen mittun, doch nur als ein einfacher Soldat, nicht aber in leitender Stellung." |
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Daß Schönerer Mitte der Achtziger auf Rassenantisemitismus einschwenkte |
Erst seit 1885 machte er sich den unbedingt rassenantisemitischen Standpunkt zueigen. Der Passus "Zur Durchführung der angestrebten Reformen ist die Beseitigung des jüdischen Einflusses auf allen Gebieten des öffentlichen Lebens unerläßlich", ging aus dem Wahlaufruf dieses Jahres in das Linzer Programm über, in dem er ursprünglich nicht vorhanden gewesen war. Im folgenden Jahr beantragte Schönerer im Reichsrat ein Gesetz nach dem Muster der amerikanischen Antichinesenbill. Es sollte ein Einwanderungsverbot für fremde Juden enthalten und die einheimischen einer Sondergesetzgebung unterstellen. |
und sich damit der Stimmung unter seinen studentischen Anhängern anpaßte |
Diese Anderung in der Haltung Schönerers hängt mit seiner Anpassung an die Stimmung der Studenten zusammen, unter denen Schönerer sehr populär war. Zahlreich drängten die Juden an die Universitäten und erzeugten - getauft oder nicht - Konkurrenzangst in ihren nichtjüdischen Komilitonen. Hier, auf akademischem Boden erhielt die Judenfeindschaft zuerst ihre neue - völkische - Färbung. |
Die akademische Burschenschaft Teutonia war die erste, die - über Anregung eines Teutonen namens Jaromir Tobiaschek - (seit 1877) Juden in ihren Reihen nicht mehr dulden wollte. Die Libertas und andere, deren Band bisher auch von Juden getragen worden war, folgten alsbald. 1882 führte der als nichtpolitischer Verein gegründete "Deutsche Klub" die gleiche Bestimmung ein, mit ausdrücklicher Ausdehnung auf Getaufte und Kinder aus Mischehen. |
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Schönerer stellte sich auf seine Anhänger ein und erhob den Antisemitismus zu einem "Grundpfeiler des nationalen Gedankens". In einer dem Reichsrat 1887 unterbreiteten Petition gegen die Einwanderung russischer Juden sagte er: |
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"Wir betrachten jeden als Abtrünnigen von seinem Volke, von seiner Nation, der das Judentum und dessen Agenten und Genossen wissentlich unterstützt Das internationale beutegierige Judentum hat tatsächlich auch bereits seine Krallen in den hehren Leib des germanischen Volkes eingeschlagen Unser Antisemitismus richtet sich nicht gegen die Religion, sondern gegen die Rasseeigentümlichkeiten der Juden, die sich weder unter dem früheren Drucke, noch unter der jetzigen Freiheit geändert haben " |
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In die Form eines (Mitte der Achtziger verbreiteten) Reims heißt das: "Ob Jud, ob Christ ist einerlei - In der Rasse liegt die Schweinerei". Von Lueger hingegen ist folgender Ausspruch überliefert: "Wer a Jud' is, bestimm' i". Schönerer schlug die Konzentration der Juden in Ghettos vor. Nur ganz bestimmte Berufe sollten ihnen erlaubt sein. |
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1886 reimte Schönerer in einem an die Gründungsversammlung eines Turnvereins gerichteten Telegramm: Eh' werdet ihr
die Katze lehren, Seit jeher, seit im Jahre 1861 der Erste Wiener Turnverein gegründet worden war, bildeten die Turnvereine in Österreich einen Hort des Deutschnationalismus - die schwarzrotgoldene Fahne des Ersten Wiener Turnvereins war in der Ostsee getauft worden. |
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Wie Schönerer durch eine unüberlegte Aktion seine politische Karriere verspielte |
Am 8. März des Jahres 1888, des "Dreikaiserjahres" brachte das "Neue Wiener Tagblatt" voreilig die Nachricht vom Tod Wilhelms I., der dann einen Tag später tatsächlich starb. Schönerer drang mit etwa 30 Anhängern in die Räumlichkeiten der Redaktion ein und rief: |
"Da seht ihr sie nun an der Arbeit, diese Schandblattjuden; wenn sie uns persönlich beleidigen, so kann uns das ganz und gar gleichgültig bleiben Daß sie aber soweit gegangen sind, das Leben, die Person, die Majestät des sterbenden deutschen Kaisers durch die Verbreitung falscher Nachrichten zu benützen, um damit ein Geschäft zu machen, das muß uns als Deutsche aufs innerste verletzen. Wir fühlen, daß dadurch die ganze deutsche Nation beleidigt und beschimpft ist." |
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Daß Lueger die Mehrzahl der Anhänger Schönerers übernahm |
In der darauf folgenden Schlägerei setzten Schönerers Anhänger Stöcke und Biergläser ein, wurden aber dennoch in die Flucht geschlagen. Schönerer brachte diese unüberlegte Akton eine Freiheitsstrafe und den Verlust des Reichstagsmandats ein (der Reichsrat hatte seine parlamentarische Immunität aufgehoben). Einer derjenigen, die Schönerer nach dem Prozeß ihre Aufwartung machten, war Dr. Karl Lueger, dem nun die Mehrzahl der "Vereinigten Christen" (Wahlbündnis der Christlichsozialen und der Schönerianer) folgte. Schönerer kehrte wieder in den Reichsrat zurück, hatte dann aber nurmehr die "Alldeutschen", eine deutschnationale Splittergruppe hinter sich. |
Mit Zuckerbrot und Peitsche, mit ersten Arbeiterschutzgesetzen und Ausnahmezustand begegnete die (zweite) Regierung Taaffe (1879 - 1893) der Arbeiterbewegung. |
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Wie Victor Adler 1888/89 auf dem Parteitag von Hainfeld die Arbeiterbewegung zur SDAP einigte Daß sich die SDAP zu den Thesen von Marx und Engels bekannte Daß die SDAP Achtstundentag und allgemeines Wahlrecht forderte |
Der aus jüdisch-großbürgerlichem Haus stammende Arzt Victor Adler, der als Armenarzt das ganze Elend der Wiener Ziegelarbeiter kennengelernt hatte, einigte die zerstrittenen Gruppierungen der Arbeiterbewegung, die sich an der Jahreswende 1888/89 auf dem Parteitag von Hainfeld als Sozialdemokratische Arbeiterpartei konstituierte. Die Partei unterhielt enge Beziehungen zur deutschen Sozialdemokratie und bekannte sich zu den Thesen von Marx und Engels. In den leidenschaftlichen theoretischen Diskussionen trat besonders Karl Kautsky mit seinen Schriften hervor. Wegen seiner Kritik am Sozialismus bolschewistischer Prägung war er später für Lenin "der Renegat Kautsky", dem er seinerseits eine eigene Schrift widmete ("Die Proletarische Revolution und der Renegat Kautsky"). Im Vordergrund sozialdemokratischer Forderungen standen der Achtstundentag und das allgemeine Wahlrecht. Der "proletarische Internationalismus" bewahrte die Sozialdemokratie nicht vor ihrer Spaltung in verschiedene nationale Organisationen. |
Wie Theodor Herzl auf die Idee kam, dass die Juden einen eigenen Staat haben sollten
Wie der Mob in Paris anläßlich der öffentlichen Degradierung des Hauptmanns Dreyfus "Tod den Juden" schrie |
Theodor Herzl berichtete 1895 für die Wiener Neue Freie Presse über die öffentliche Degradierung des Hauptmanns Alfred Dreyfus in Paris, dem fälschlicherweise Spionage für die Deutschen vorgeworfen wurde. Wie Herzl stammte Dreyfus aus einer assimilierten jüdischen Familie. Die Dreyfus-Affaire hatte in Frankreich eine Welle des Antisemitismus zur Folge - ein Schlüsselerlebnis für Herzl, unter dessen Eindruck er den "Judenstaat", den "Versuch einer modernen Lösung der Judenfrage" schrieb. "Bei der öffentlichen Degradierung des Alfred Dreyfus auf dem Paradeplatz des Ecole militaire im Jänner 1895 brüllte der Pariser Mob 'Mort aux Juifs' (Tod den Juden) und nicht bloß 'Tod dem Verräter'. In einem Bericht aus Paris fünf Jahre später berichtete Theodor Herzl, der damals noch ein Wiener Journalist war, daß diese herzzerreißende Zeremonie für ihn einen Wendepunkt in seiner eigenen Entwicklung bedeutet hatte. Für Herzl stellte Dreyfus den Juden in der modernen Gesellschaft dar, 'den Juden, der versucht, sich an seine Umwelt anzupassen, der versucht, ihre Sprache zu sprechen, ihre Gedanken zu denken, ihre Anzeichen an seine Armel zu nähen, nur um sie rüde abgerissen zu erhalten. Dreyfus stellt eine immer noch umkämpfte Befestigung dar. Wenn wir uns nicht irren, ist diese Festung bereits gefallen.' Herzls Pessimismus nach dem zweiten Kriegsgericht im September 1899 schien übermäßig beunruhigt und wurde von den meisten französischen Juden und den Juden im Ausland nicht geteilt. Er sah den Fall als Vorboten einer Apokalypse. Falls das liberale, republikanische Frankreich, die Wiege der Menschenrechte und das erste europäische Land, das die Juden emanzipierte, derart von antisemitischem Chauvinismus infiziert worden war, was konnten die europäischen Juden noch weniger zivilisierter Nationen erwarten? |
worauf Herzl den "Judenstaat" schrieb |
Die einzige Lösung, die blieb, bestand darin, daß die Juden sich einen getrennten, unabhängigen Staat in ihrer alten Heimat Palästina schufen, wo sie freie unabhängige Bürger des eigenen Landes sein würden. Vom Hotel Castille, in dem Herzl seinen Judenstaat (mit Pausen, während derer er sich in der Parìser Oper den Wagnerschen Tannhäuser anhörte) schrieb, bis zum heutigen Staat Israel führt eine gerade Linie. Eine weitere gerade Linie führt direkt von den antisemitischen Ligen und der Massenagitation des Frankreich der Jahrhundertwende zum Vichy-Regime des Marschall Pétain, der im Jahre 1940 die Dritte Republik abschaffte, der Rassengesetze beschloß, die 80.000 Juden ausschlossen und dann in die deutschen Vernichtungslager deportierten. Unter den Opfern war die Enkelin des Alfred Dreyfus, Madeleine Lévy, die in Auschwitz im Jahre 1944 starb. Zum Zeitpunkt des Todes wog sie nicht einmal 35 Kilogramm."[xviii] |
Daß es schon vor Herzl den Begriff "Zionismus" und landwirtschaftliche Siedlungen in Palästina gegeben hat |
Zionistenkongresse die Herzl regelmäßig einberief, machten die "jüdische Frage" zum Gegenstand internationaler Politik. Als Herzl seine zionistischen Aktivitäten 1896 begann, hatten sich im Rahmen einer ersten Einwanderungswelle, der "ersten Aliya" (ab 1882), für die Verfolgungen im Zarenreich den Anlaß gegeben hatte, bereits 16 landwirtschaftliche Siedlungen etabliert. Herzl hat den Zionismus nicht geschaffen. Zionistische Vordenker waren beispielsweise Moses Hess ("Rom und Jerusalem") und Leon Pinsker ("Autoemanzipation") gewesen. Den Begriff des Zionismus hat Nathan Birnbaum, der Gründer des ersten jüdischnationalen Studentenvereins ("Kadima") in Wien, geprägt. |
Daß Herzls Pläne nur in England mit Sympathie aufgenommen wurden |
Herzl ging davon aus, daß die Ziele des Zionismus nur durch politische Aktivitäten verwirklicht werden konnten. Er fand aber weder bei Sultan Abdul Hamid II., noch beim deutschen Kaiser Unterstützung. In England wurde die Idee des Zionismus mit Sympathie aufgenommen, aber Palästina befand sich nicht in englischer Hand. Herzl und der britische Colonial Scretary Joseph Chamberlain erwogen eine Ansiedlung von Juden auf Cypern oder auf dem Sinai. Den Vorschlag jüdischer Ansiedlung in Uganda lehnte Herzl ab. Unter dem Eindruck des Pogroms, das zu Ostern 1903 in Kischinew (Bessarabien) zwei Tage lang wütete, änderte Herzl seinen Standpunkt gegenüber dem Uganda-Plan. Diesen lehnte aber auf dem 6. Zionistenkongreß 1903 die Mehrheit der Delegierten ab. Herzl starb kurze Zeit später. Im Lauf des ersten Weltkriegs deportierten die Türken viele Juden. Unter ihnen war Joseph Trumpeldor, der dann das Zion Mule Corps ins Leben rief, das an die Front in Gallipoli entsandt wurde. In London rekrutierte Ze'ev Jabotinsky die Jüdische Legion. Er sagte: "Nun werden wir das Land Israel auf die Weise gewinnen, die uns als Nation ansteht. Wenn Blut für seine Befreiung vergossen werden muß, werden Juden Waffen tragen." Überdies erwies Chaim Weizmann durch seine wissenschaftliche Arbeit als Chemiker Großbritannien einen großen Dienst, indem er das Problem der Versorgung mit dem zur Munitionsherstellung notwendigen Aceton löste. David Lloyd George, Vorsitzender des Munitions of War Committee, fragte Weizmann, was er sich als Belohnung für den wissenschaftlichen Dienst, den er Großbritannien geleistet hatte, wünsche. Weizmann antwortete: "Ein Land für mein Volk". 1916 wurden in einem neuen britischen Kabinett zwei Schlüsselpositionen von prozionistischen Staatsmännern gehalten: Lloyd George und Balfour. Dieser schrieb als Foreign Secretary am 2. November 1917 eine "Erklärung der Sympathie mit den jüdisch-zionistischen Aspirationen", deren Schlüsselsatz lautet: "His Majesty's Governement view with favour the establishment in Palestine of a national home for the Jewish people " |
Wie die Machthaber des "Zweiten Reichs" dieses zu imperialer Grösse führten, was der Masse des deutschen Volkes wenig einbrachte
Daß Deutschland seit ca. 1880 in den Imperialismus einstieg |
Seit ca. 1880 stieg Deutschland in den Kolonialismus ein. Die Vorhut bildeten Afrikaforscher wie Gustav Nachtigal oder Karl Peters (wegen seiner Grausamkeit gegenüber Eingeborenen auch "Hängepeters" genannt). Wenige Jahre später nahm Deutschland als Kolonialmacht hinter England und Frankreich bereits die dritte Stelle ein. In einem amtlichen Bericht vom Ende des Jahrhunderts heißt es: "Erst 1884 trat Deutschland durch ausgedehnte Erwerbungen in Afrika und Ozeanien entschieden in die Reihen der Kolonialmächte ein, so daß sein Kolonialbesitz der Ausdehnung nach heute die dritte Stelle (nach England und Frankreich) einnimmt. Derselbe umfaßt 2,597 Millionen Quadratkilometer mit 11,864 Millionen Einwohnern Gegenwärtig setzen sich die deutschen Schutzgebiete aus folgenden Teilen zusammen: |
km2 |
Bewohner |
auf 1 km2 |
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In Afrika |
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Togo |
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Kamerun |
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Deutsch-Südwestafrika |
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Deutsch-Ostafrika |
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In Ozeanien | |||
Kaiser Wilhelms-Land |
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Bismarck-Archipel und Salomoninseln |
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Karolinen |
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Marianen |
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Marshall-Inseln |
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Samoa |
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In Asien | |||
Pachtgebiet von Kiautschou |
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Zusammen |
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Sämtliche afrikanischen Besitzungen sowie die Marshall-Inseln mit Nawodo stehen unmittelbar unter dem Reich und werden durch dessen Kommissare oder Gouverneure verwaltet. Auch trägt das Reich die für die Verwaltung, Schutztruppe u.a. durch die Einnahmen nicht gedeckten Kosten." |
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Daß nur wenige vom Kolonialismus profitierten |
Der Kolonialismus belastete alle Steuerzahler, während von den Gewinnen der kolonialen Unternehmungen nur wenige profitierten. Der Großteil der Bevölkerung hatte nichts von der imperialen Größe des "Zweiten Reichs". |
Wie Massen von Landarbeitern und Kleinbauern in die Städte abwanderten, wo die Löhne sanken und der Wohnraum knapp wurde |
Massen von Landarbeitern und Kleinbauern wanderten in die Städte ab. Die auf den Rittergütern fehlenden Arbeitskräfte wurden durch billige Erntearbeiter aus Russisch-Polen ersetzt. Dadurch sank das Lohnniveau und verstärkte die Abwanderung. Dies führte zum Sinken der Löhne in den Städten, es mangelte an Wohnraum, die Wohnverhältnisse waren katastrophal. Die Menschen drängten sich in licht- und luftlosen Mietskasernen und in Obdachlosensiedlungen. In den "Wohnküchen nebst Schlafstube" wohnten im Schnitt sieben Personen. 90.000 "Schlafburschen oder -mädchen" besaßen überhaupt keine Wohnung, sondern hatten nur ein Bett für die Arbeitszeit jemandes anderen gemietet (in Wien: "Bettgeher"). |
Trotz Verbotes und brutalen Militäreinsatzes kam es zu häufigen Streiks. |
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Daß sich 1875 Lassalleaner und Sozialdemokraten zur Sozialistischen Arbeiter-Partei Deutschlands vereinigten |
Im Mai 1875 vereinigten sich Lassalleaner (ADAV) und Sozialdemokraten in Gotha zur Sozialistischen Arbeiter-Partei Deutschlands (SAPD). Das "Gothaer Programm" bildete einen - von Marx und Engels kritisierten - Kompromiß zwischen beiden Gruppen. Es proklamierte den gemeinsamen internationalen Kampf des Proletariats und die Befreiung der Arbeiterklasse durch die Abschaffung des Privateigentums an den Produktionsmitteln. Es forderte allgemeines, gleiches, geheimes und unmittelbares Wahlrecht, politische Gleichberechtigung der Frau und Ersatz des stehenden Heeres durch Volkswehren mit selbstgewählten Offizieren. |
Daß Bismarck zwei Attentate auf den Kaiser zu einem Verbot der SAPD nutzte |
Bismarck nutzte zwei im Frühjahr 1878 auf den Kaiser verübte Attentate zu einem Verbot der SAPD (Sozialistengesetz). Die zerschlagene Sozialdemokratie reorganisierte sich in Form von Gesangs-, Turn- und Wohltätigkeitsvereinen. Ein neues Zentralorgan, der "Sozialdemokrat" erschien in Zürich. Bismarck versuchte, mit dem Gesetz über die Krankenversicherung von 1883 und dem Gesetz über die Unfallversicherung der Arbeiter von 1884 der Bewegung den Wind aus den Segeln zu nehmen. |
Wie ein großer Streik zur Entlassung Bismarcks und zur Aufhebung des Sozialistengeetzes führte |
1889 legten 150.000 Bergarbeiter die Arbeit nieder, davon 90.000 im katholischen Ruhrgebiet, wo bis dahin die Sozialdemokratie relativ wenig Einfluß hatte. Dies bedeutete eine entscheidende innenpolitische Niederlage für Bismarck. 1890 wurde das Sozialistengesetz aufgehoben. Die Sozialdemokraten gingen aus Wahlen als stimmenstärkste Partei hervor. Wilhelm II. - seit 1888 Kaiser - entließ Bismarck. |
Keiner der Nachfolger Bismarcks hatte dessen Format (1890 Admiral Graf Caprivi 1894 Fürst Chlowig zu Hohenlohe-Schillingfürst 1900 Bernhard von Bülow 1909 Theobald von Bethmann Hollweg). |
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Wie sich Bismarck mit seinen Ersparnissen trösten konnte |
Ein ungeheures Vermögen, das er während seiner Karriere - auch durch Betrug - angesammelt hatte (so hatte er z.B. der Preußischen Centralbodencreditbank, an der er privat beteiligt war, als preußischer Ministerpräsident Vorteile verschafft, sodaß ihre Aktien gestiegen waren) tröstete ihn. Es tröstet auch heute noch seine Nachfahren. |
die Arbeiter aber nicht dazu kamen, etwas auf die Seite zu legen |
Trotz des Wirtschaftsaufschwunges waren die Lebensverhältnisse der Arbeiterklasse in mancher Hinsicht schlechter als zu Beginn der Industrialisierung. Im Durchschnitt betrug die Arbeitszeit elfeinhalb Stunden an sechs Tagen der Woche. Die Arbeiter hatten lediglich zwei, drei - meist unbezahlte - Urlaubstage im Jahr. Im Bericht eines sächsischen Amtsarztes heißt es: "Die Wohnungen der arbeitenden Klassen sind meistens in Kellern und Hinterhäusern gelegen. Die geringe Menge frischer Luft, welche die engen, vierseitig umbauten Hinterhöfe zulassen, wird durch die Ausdünstungen der Abtritte vollends verunreinigt An den Wänden und Türen läuft gewöhnlich das Wasser herunter. Oft teilen sich drei bis fünf Dutzend Menschen in die Bewnutzung einer Wasserstelle, eines Ausgusses und eines Aborts. Alles ist unbeschreiblich schmutzig und verkommen; es wimmelt von Ungeziefer Jede Wohnung kostet 20 bis 25 Taler Miete. Wegen dieser hohen Mietpreise sind die Leute gennötigt, zahlreiche Schlafburschen aufzunehmen. Es herrscht dadurch, wie nicht anders zu erwarten, wüste liederlichkeit Der Gesundheitszustand, besonders der kleinen Kinder, ist besorgniserregend schlecht." Gegen Ende des Jhs. starben in den Industriegebieten Deutschlands zwei Drittel aller Arbeiterkinder vor ihrem 15. Geburtstag! |
Daß die Zahl der sozialdemokratischen Wähler sich vervielfachte |
Die Zahl der Wähler der Sozialdemokratie stieg zwischen 1871 und 1903 auf das Dreißigfache. August Bebel führte immer noch die Fraktion. Wilhelm Liebknecht starb 1900. Sein Sohn Karl trat in seine Fußstapfen. Andere bekannte Namen: Ignaz Auer, Georg Ledebour, Karl Kautsky, Hugo Haase, Eduard Bernstein, Georg von Vollmar, Franz Mehring, später Friedrich Ebert, Philipp Scheidemann, Gustav Noske. Und vor allem auch Frauen: die preußische Generalstocher Lily Braun, die Lehrerin Clara Eißner (verh. Zetkin), Rosa Luxemburg. |
und Wilhelm II. deshalb seinem Volk nicht traute |
Wilhelm II. mißtraute der darbenden Masse seines Volkes, wie in aller Deutlichkeit aus einer Ansprache hervorgeht, die er am 23. November 1991 anläßlich einer Rekrutenvereidigung der Potsdamer Garderegimenter hielt: |
"Rekruten Meiner Garde! Ihr habt jetzt vor dem geweihten Diener Gottes und angesichts dieses Altars Mir Treue geschworen. Ihr seid noch zu jung, um die wahre Bedeutung des eben Gesprochenen zu verstehen; aber befelißigt euch zunächst, daß ihr die gegegenen Vorschriften und Lehren immer befolgt. Ihr habt Mir Treue geschworen, das - Kinder Meiner Garde - heißt, ihr seid jetzt Meine Soldaten, ihr habt euch Mir mit Leib und Seele ergeben. Es gibt für euch nur einen Feind, und der ist Mein Feind. Bei den jetzigen sozialistischen Umtrieben kann es vorkommen, daß Ich euch befehle, eure eigenen Verwandten, Brüder, ja Eltern niederzuschießen - was ja Gott verhüten möge -, aber dann müßt ihr Meine Befehle ohne Murren befolgen!" |
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In einer anderen Rede, die Wilhelm 1901anläßlich der Einweihung der neuen Kaserne des Kaiser-Alexander-Garde-Grenadierregiments hielt, heißt es: "Alexandriner! Wie eine feste Burg ragt eure neue Kaserne in der nächsten Nähe Meines Schlosses auf, das ihr in erster Linie zu schützen stets bereit sein werdet. Ihr seid berufen, um für den König und sein Haus, wenn'' gilt, Leben und Blut in die Schanze zu schlagen Und wenn es jemals wieder dieser Stadt Berlin einfallen sollte, sich wie damals, im Jahre 1848 gegen ihren Herrscher in frecher Unbotmäßigkeit zu erheben, dann seid ihr, Meine Grenadiere, dazu berufen, die Ungehhörigkeit des Volkes gegen seinen König mit der Waffe in der Hand zurückzuweisen und mit der Spitze eurer Bajonette die Frechen und Unbotmäßigen zu Paaren zu treiben " |
Wie die deutsche Führung "mit Sang und Klang zum Kriege wie zu einem Feste" ging
Daß Generalstabschef Schlieffen einen Angriffskrieg gegen Frankreich empfahl |
Im Herbst 1904 empfahl Generalstabschef Generalfeldmarschall Alfred von Schlieffen seinem obersten Kriegsherrn einen Angriffskrieg gegen Frankreich. Dieser aber wollte, bevor es gegen die äußeren Feinde des "Zweiten Reichs" gehen sollte, erst den "inneren Feind" unschädlich machen: Wilhelm II. schickte Ende 1905 seinem damaligen Kanzler Bülow einen "Sylvesterbrief", worin es heißt: |
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Daß vor dem Krieg erst die Sozis unschädlich zu machen seien, "wenn nötig per Blutbad" |
"Die Hauptsache aber wäre, daß wir wegen unserer Sozialisten keinen Mann (vom Militär) aus dem Lande nehmen könnten ohne äußerste Gefahr für Leben und Besitz der Bürger. Erst die Sozialisten abschießen, köpfen und unschädlich machen - wenn nötig per Blutbad - und dann Krieg nach außen. Aber nicht vorher und nicht à tempo." |
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Ökonomische und machtpolitisch-strategische Antriebe führten die Regierungen der europäischen Großmächte, Japans und der USA in der zweiten Hälfte des 19. Jahrhunderts zu expansiver - imperialistischer - Politik. Diese zielte auf die Vergrößerung älteren Kolonialbesitzes oder den Neugewinn von Kolonien ab. Sie äußerte sich aber auch in der Schaffung von Einflußsphären in wirtschaftlich abhängigen Gebieten wie Südamerika oder in schwach gewordenen Großreichen wie China und dem Osmanischen Reich. |
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Wie um die Jahrhundertwende allgemein angenommen wurde, daß künftige Krieg zur See entschieden würden |
Die "partition of Africa", die Aufteilung der Inselgebiete im Pazifik sowie Chinas und eine Reihe von Kriegen - der japanisch-chinesische 1894/95, der amerikanisch-spanische 1898 (mit dem Erwerb von Kuba [bis 1934 de facto Protektorat d. USA], Puerto Rico [seit 1952 "assoziierter Freistaat"] und der Philippinen [bis 1946], später der Panamakanalzone [1903 - 1974] durch die USA), der Burenkrieg 1904-1905 - führten zu einem Aufschwung des "Navalismus": Unter dem Eindruck dieser Entwicklungen begannen ältere Seemächte ihre Flotten zu vergrößern und neu aufsteigende Staaten wie Japan, die USA und das Deutsche Reich neue Flotten aufzubauen. |
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Wie die deutsche Führung sich auf ein Wettrüsten zur See mit England einließ und dieses damit in "Ententen" mit Frankreich und Rußland drängte |
Während nun aber die ersten beiden für Großbritannien zwar eine unwillkommene Konkurrenz, jedoch durch einen englisch-amerikanischen Ausgleich (seit etwa 1900) und durch ein englisch-japanisches Bündnis (1902) keine Gefahr bedeuteten, stellte der deutsche Flottenbau wegen der geographischen Nähe Deutschlands eine unmittelbare Bedrohung dar. Zu nennen sind hier das erste Flottengesetz 1898, das zweite Flottengesetz 1900 und die Flotten-Novellen 1906, 1908 und 1912. England antwortete seit 1901 mit der Verstärkung seiner Flotte durch Neubauten, indem es Geschwader aus Ostasien, Westindien und dem Mittelmeer zurückholte und - besonders folgenreich - "Ententen" mit Frankreich 1904 und mit Rußland 1907 abschloß, d.h. den Ausgleich in kolonialen Fragen, wie Marokko und Agypten bzw. Persien, Afghanistan und Tibet suchte. |
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Bismarck hatte 1879 mit dem Habsburgerreich den "Zweibund" geschlossen, der 1881 durch den Beitritt Italiens zum "Dreibund" erweitert worden war. Der Rückversicherungsvertrag, ein 1887 für drei Jahre abgeschlossener Geheimvertrag zwischen Deutschland und Rußland, verpflichtete beide zur Neutralität für den Fall, daß Deutschland von Frankreich oder Rußland von Österreich unprovoziert angegriffen würde. |
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und sich zwischen zwei Fronten manövrierte |
Nach der Entlassung Bismarcks war der Rückversicherungsvertrag nicht verlängert worden. Frankreich und Rußland schlossen 1894 eine Militärallianz, sodaß deutscherseits im Konfliktfall mit einem Zweifrontenkrieg mit zwei Nachbargroßmächten zu rechnen hatte. |
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Dennoch ging Wilhelm II., seit 1897 beraten von dem neuen Staatssekretär der Marine, von Tirpitz, und dem Staatssekretär des Auswärtigen und späteren Reichskanzler, von Bülow, zum Flottenbau und zur "Weltpolitik" über. Die deutsche Schlachtflotte war konzipiert als ein machtpolitischer, und wenn notwendig, als ein militärischer Hebel, der in der Lage sein würde, Großbritannien, die erste Seemacht jener Zeit, aus ihrer maritimen und kolonialen Vormachtstellung zu verdrängen. Der Kaiser hielt an seiner antibritischen Politik und am Flottenbauprogramm fest und vernachlässigte die Armee, obwohl doch die Planung des Generalstabs, der sog. Schlieffenplan, eine numerische Überlegenheit der deutschen Armee für den ersten entscheidenden Schlag gegen Frankreich erforderte. Diese Politik der relativen Kleinhaltung der Armee war aber nicht allein durch die finanziellen Anforderungen des Flottenbaus veranlaßt, sondern es waren auch innenpolitische Gründe, wie der Einspruch des preußischen Kriegsministers, der von einer Vergrößerung der Armee einen relativen Rückgang des Adels im Offizierskorps befürchtete, ja eine Demokratisierung der Armee, so daß die Armee ihre Funktion als "Corps royal" zur Erhaltung des preußisch-deutschen Systems im Innern verlieren könnte. Diese langjährige Vernachlässigung der Armee führte dann, veranlaßt durch den ersten Balkankrieg, zu einer überstürzten außerordentlichen Vermehrung des Heeres 1913. |
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Wie die deutsche "Kanonenbootpolitik" in Marokko zweimal hart an den Rand eines großen Krieges führte |
Inzwischen war der französisch-deutsche Gegensatz durch die deutsche Marokkopolitik neu belebt worden. Deutschland machte 1905 den Versuch, die durch den russisch-japanischen Krieg und die Revolution bedingte Schwäche Rußlands auszunützen und drohte Frankreich durch eine Truppenlandung in Tanger. Der Kaiser folgte nur sehr widerwillig dem Rat Bülows zu dieser dramatischen Aktion, da dies vorzeitig zu einem Krieg mit Frankreich und England führen konnte, die im vorangegangenen Jahr ihre (mit der Aufteilung Nordafrikas verbundenen) Streitigkeiten beigelegt und ein "herzliches Einvernehmen" - "Entente Cordiale" hergestellt hatten. In der Krise von 1905 begannen die ersten militärischen Absprachen zwischen den beiden Partnern der Entente Cordiale. Die deutschen Bemühungen um Marokko wiederholten sich 1911 mit dem "Panthersprung" (Vorhut von Marineeinheiten: Kanonenboot "Panther") nach Agadir. Beide Male ging das Deutsche Reich bis an den Rand des Krieges, mit dem einzigen Resultat, daß sich die englisch-französische Entente konsolidierte. |
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Wie allerlei Vereinigungen den Krieg propagandistisch vorbereiteten, auf daß das deutsche Volk "mit Sang und Klang zum Kriege wie zu einem Feste" gehe |
Die propagandistische Kriegsvorbereitung übernahm vor allem der "Alldeutsche Verband", zu dessen Mitbegründern Alfred Hugenberg zählte, der seit 1909 Generaldirektor der Fa. Krupp in Essen war. Daneben gab es Vereinigungen wie die "Deutsche Kolonialgesellschaft", den "Deutsche Flottenverein", der "Ostmarkenverein", den "Reichsverband gegen die Sozialdemokratie", den "Deutschen Wehrverein", den "Jungdeutschen Bund". Ihre Vorsitzenden waren meist Fürsten oder pensionierte Generale. Gefördert vom "Alldeutschen Verband" und vom "Deutschen Wehrverein" erschien beispielsweise 1912 das Buch "Deutschland und der nächste Krieg" von Major Friedrich von Bernhardi, damals Abteilungschef des Generalstabs. Kapitelüberschriften: "Das Recht, Krieg zu führen", "Die Pflicht, Krieg zu führen", "Deutschlands historische Mission", "Weltmacht oder Untergang". Aus der "Jungdeutschland-Post", einer vom "Alldeutschen Verband" geförderten Jugendzeitschrift im Frühjahr 1913: "Auch uns wird einmal die hohe, große Stunde eines Kampfes schlagen Ja, das wird eine frohe, eine große Stunde, die wir uns heimlich wünschen dürfen Still und tief im deutschen Herzen muß die Freude am Krieg und ein Sehnen nach ihm leben, weil wir der Feinde genug haben und der Sieg nur einem Volke wird, das mit Sang und Klang zum Kriege wie zu einem Feste geht." Der "Alldeutsche Verband" verbreitete Postkarten mit Abbildungen von "Europas Zukunft". Darauf sah man ein deutsches Kaiserreich, das von der Normandie bis zum Finnischen Meerbusen reichte, samt seinen angegliederten Vassallenstaaten. Im bürgerlichen Lager erhoben sich nur noch wenige Stimmen gegen den Militarismus, darunter die Max Webers: "Das Maß von Verachtung, welches uns als Nation im Ausland - Italien, Amerika, überall! - nachgerade - mit Recht! Das ist das Entscheidende - entgegengebracht wird, weil wir uns dieses Regime dieses Mannes [Wilhelms II.] gefallen lassen, ist nachgerade ein Machtfaktor von ertstklassiger 'weltpolitischer' Bedeutung für uns geworden Wir werden 'isoliert', eil dieser Mann uns in dieser Weise regiert und wir es erdulden und beschönigen. Kein Mann und keine Partei, die in irgendeinem Sinn demokratische und zugleich nationalpolitische Ideale pflegt, darf die Verantwortung fürt dieses Regime, dessen Fortdauer unsere ganze Weltstellung mehr bedroht als alle Kolonialprobleme irgendwelcher Art, auf sich nehmen." |
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Daß Österreich die ehedem türkischen Provinzen Bosnien und Herzegowina erst "verwaltete" und dann annektierte |
Die Annexion der bis 1878 türkischen Provinzen Bosnien und Herzegowina, die seit dem Berliner Kongreß von 1878 und in dessen Auftrag von Wien "verwaltet" worden waren, durch Österreich-Ungarn im Jahre 1908, erbitterte Serbien, das nun einer bosnisch irredentistischen Bewegung als Basis diente. Da Rußland durch eine Kriegsdrohung Berlins zur Anerkennung der Annexion gebracht wurde, richtete sich die russische öffentliche Meinung auch gegen Deutschland. Rußland war, wie auch England und Frankreich, irritiert durch die deutsche Türkeipolitik, den Bau der Bagdadbahn und die Aufrüstung der türkischen Armee, da diese Politik ein vitales Interesse Rußlands an der freien Ausfuhr von Getreide durch die Dardanellen bedrohte. |
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Wie die österreichische Führung im Balkankrieg 1912 bereit war, Krieg mit Rußland in Kauf zu nehmen, |
Die unerwartete und rasche Niederlage der türkischen Armee im Ersten Balkankrieg im Oktober 1912, in dem die Türkei durch Serbien, Montenegro, Griechenland und Bulgarien aus ihren europäischen Besitzungen vertrieben wurde, löste die letzte große Kriegskrise vor dem Ersten Weltkrieg aus. Denn Österreich-Ungarn betrachtete eine Festsetzung Serbiens an der Adria (zwischen den österreichischen Kriegshäfen Pola und Cattaro, heute Pula und Kotor) als eine Verletzung seiner vitalen Interessen und wollte militärisch eingreifen, selbst auf die Gefahr eines Krieges mit Rußland hin. Der Krieg wurde durch das Zusammenspiel Englands und Deutschlands auf der Londoner Botschafterkonferenz vermieden, die im Dezember 1912 u.a. durch die Gründung des Staates Albanien zugunsten Wiens entschied. |
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von deutscher Seiter aber zurückgepfiffen wurde, |
Während der Balkankriege (November/Dezember 1912 und im Februar und Juli 1913) hielt Berlin die Wiener Regierung nachdrücklich von einem militärischen Vorgehen gegen Serbien zurück, weil dies unvermeidlich die Intervention Rußlands nach sich gezogen und so den Weltkrieg verursacht haben würde. Der deutsche Kanzler Bethmann Hollweg beschwor deshalb im Februar 1913 den österreichisch-ungarischen Außenminister Berchtold dahin, sorgfältig die Konsequenzen eines österreichischen Krieges gegen Serbien und Montenegro zu überdenken. Eine "objektive Prüfung" der Situation müsse zu dem Ergebnis kommen, "daß es für Rußland bei seinen traditionellen Beziehungen zu den Balkanstaaten beinahe unmöglich ist, ohne einen ungeheuren Verlust an Prestige einem militärischen Vorgehen Österreich-Ungarns gegen Serbien tatenlos zuzusehen". Konnte Bethmann Hollweg dies im Juli 1914 vergessen haben? |
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weil das militärische Versagen des türkischen Verbündeten erst eine Vergrößerung der deutschen Landarmee zu erfordern schien |
Der Schock über den (wenigstens zeitweisen) Ausfall der als Bundesgenossen betrachteten Türkei und über die Vergrößerung Serbiens, das im Falle eines großen Krieges österreichisch-ungarische Truppen binden würde, führte zu der massiven Heeresvermehrung von 1913, die wiederum französische und russische Heeresvermehrungen nach sich zog. Die letztere ließ eine zahlenmäßige Unterlegenheit der beiden kontinentalen Nachbarstaaten Deutschland und Österreich-Ungarn für die Zeit um 1916/17 erwarten. Während der Diskussionen über das Ausmaß der deutschen Heeresvermehrungen wurde der Gegensatz der "Slawen und Germanen" das zentrale Propagandaschlagwort. Wilhelm II. und Moltke sprachen vom "Entscheidungskampf" zwischen den "Slawen und den Teutonen". Demgegenüber bedeuteten die dynastischen Verbindungen mit deutschen Fürstenhäusern nicht mehr viel. |
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Daß sich die Sozialdemokratie 1913 mit Friedrich Ebert einen staatstreuen, biederen Vorsitzenden erwählt hatte |
Nur die Sozialdemokratie hätte als stärkste Partei zusammen mit den Gewerkschaften den Plänen des Militärs und des Großkapitals noch entgegentreten können. Karl Liebknecht hatte 1907 "Militarismus und Antimilitarismus" veröffentlicht und dafür Festungshaft bekommen. Nach dem Tod August Bebels (1913) wurde aber nicht Karl Liebknecht, sondern Parteisekretär Friedrich Ebert zum Vorsitzenden gewählt, das äußere Zeichen dafür, daß die Sozialdemokratie inzwischen auf einen staatstreuen Kurs eingeschwenkt war. |
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Seit September 1913, als die Vergrößerung der deutschen Armee wirksam zu werden begann, fand eine Wende im Denken der deutschen politischen und militärischen Führung statt. |
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Wie schon im November 1913 Wilhelm und sein Generalstabschef Moltke versuchten, einen freien Durchmarsch durch Belgien auszuhandeln |
Im November 1913 versuchten Kaiser Wilhelm und Moltke den König der Belgier, Albert, zu überreden, im Falle eines Krieges den deutschen Truppen freien Durchmarsch durch sein Land zu gestatten. Denn der "Krieg mit Frankreich ist unvermeidlich und nahe bevorstehend", sagte der Kaiser. Und Moltke wiederholte: "Der Krieg mit Frankreich ist unvermeidlich", und, mehr noch fügte er hinzu, "viel näher als Sie glauben". |
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Bethmann Hollweg verfolgte sein Ziel, eine Annäherung zwischen Berlin und London zustande bringen und eine Trennung Großbritanniens von der Triple-Entente zu erreichen, durch monatelange geduldige Verhandlungen mit der britischen Regierung über koloniale und Nahost-Fragen, in denen er auch Nachteile für Deutschland in Kauf nahm, wie die deutsche Wirtschaft kritisierte. |
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Die serbische Frage, die für Österreich-Ungarn die alles überragende war, war für Berlin nur von zweitrangiger Bedeutung und nur das Mittel, um Rußland in den Konflikt zwischen Wien und Belgrad hineinzuziehen und damit den großen Krieg mit Rußland und Frankreich auszulösen. Eben das aber hoffte Wien mit Hilfe Berlins zu vermeiden. Bethmann Hollweg war dabei sicher, die Neutralität Großbritanniens erreichen zu können, wenn er Rußland als den "Angreifer" und Deutschland als die "angegriffene Partei" hinstellen würde. |
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Wie sich mit dem Attentat von Sarajewo der deutschen Regierung ein willkommener Kriegsanlaß bot, |
Nach Sarajewo war die Regierung in Wien in zwei Gruppen gespalten, die Militärs und die Zivilisten. Deshalb war sie zögernd und schwankend, was zu tun sei. Die Entscheidung zu handeln kam von deutscher Seite. Unmittelbar in der Woche nach Sarajewo begann deutscher Druck mit drohenden Untertönen in Wien dahingehend zu wirken, daß man den günstigen Moment für eine "Aktion" gegen Serbien nutzen solle. |
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denn Frankreich und Rußland seien "noch nicht fertig", England werde neutral bleiben und |
Am 12. Juli schrieb Szögyény, Wiens langjähriger Botschafter in Berlin, daß das "absolute" Drängen des Kaisers und des Reichskanzlers auf den Krieg gegen Serbien sich auf zwei Überzeugungen gründe: erstens, daß Rußland und Frankreich "noch nicht fertig" seien, und daß Großbritannien "zu diesem Zeitpunkt nicht in einen Krieg intervenieren werde, der über einen Balkan-Staat ausbricht, selbst wenn dies zu einem Konflikt mit Rußland, möglicherweise auch mit Frankreich führen würde". und er faßte zusammen: "Im allgemeinen also erscheint es von all diesem, daß die politische Konstellation so vorteilhaft für uns ist, wie sie nur sein könnte", und deshalb würde dieser Moment von Deutschland jetzt benutzt werden. Josef Baernreither, früherer Handelsminister in Österreich, machte im Dezember 1914 die folgende Eintragung über die Julikrise in sein Tagebuch: |
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Österreich werde sicher mitmachen |
"In Deutschland bestand die Befürchtung, daß wir nicht mitgehen würden, wenn uns der Anlaß des Krieges ferner liegen würde, [] Deshalb ergriff Deutschland nach dem Mord von Sarajewo die Gelegenheit beim Schopfe und benutzte den Anlaß, der sich auf der österreichischen Seite ergeben hatte. Das ist die Geschichte des Krieges." |
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Daß die Österreicher den Serben ein unannehmbares Ultimatum stellten |
Nach dem von vornherein als unannehmbar konzipierten Ultimatum an Serbien vom 23. Juli änderte sich die Atmosphäre in Europa, die bis dahin für Österreich günstig war, drastisch. Admiral von Müller, der Chef des deutschen Kaiserlichen Marinekabinetts, notierte in seinem Tagebuch: "Unsere Politik muß es sein, ruhig zu bleiben, Rußland ins Unrecht setzen, und dann nicht sich vor dem Krieg scheuen." Aus den Eintragungen für Juli und August 1914 im Tagebuch Kurt Riezlers, des persönlichen Sekretärs Bethmann Hollwegs, geht hervor, daß der Kanzler in diesen kritischen Tagen "kriegswillig" und "kriegslustig" gewesen sei und den Krieg mit Rußland "herbeigesehnt" habe. |
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Wie der deutsche Kaiser nach der serbischen Antwort auf das Ultimatum umfiel, aber schnell wieder auf Kriegslinie gebracht wurde |
Am 28. Juli "fiel" der Kaiser "um", als er aussprach, daß die serbische Antwort auf das österreichische Ultimatum ausreichend sei, und seinen "Halt-in-Belgrad"-Vorschlag machte. Doch schon am nächsten Tag wurde er, auch mit Hilfe der Kaiserin und des Kronprinzen, wieder auf die pro-Kriegs-Linie gebracht. In einem Schreiben des Berliner Polizeipräsidenten an den preußischen Innenminister vom 28. Juli 1914 heißt es: |
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Wie die sozialdemokratische Basis protestierte |
"Zu den Protestversammlungen der Sozialdemokratie war der Zuzug namentlich im Norden und Osten der Stadt außerordentlich stark. Nach Schluß versuchten die Teilnehmer aller Veranstaltungen , in großen, meist nach Tausenden zählenden Ansammlungen nach dem Stadtinnern zu dringen, und es gelang zum Teil erst unter Waffenanwendung, die Massen zu zerstreuen " |
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und ihre Führung den Machthabern auf den Leim ging, |
Eine Mehrheit in Partei- und Gewerkschaftsführung war aber bereits für den Krieg. Den Zuammenprall der Standpunkte gibt ein Wortwechsel zwischen dem gemäßigten Linken Hugo Haase und Friedrich Ebert, in dem es um die von der Regierung geforderten Kriegskredite geht, wieder: Haase: "Du willst dem Deutschland der Hohenzollern und der perußischen Junker die Kredite bewilligen?" Ebert: "Nein, diesem Deutschland nicht. Aber dem Deutschland der schaffenden Arbeit, des sozialen und kulturellen Aufstiegs der Massen. Dieses gilt es zu retten!" Haase: "Wir, die 'Rotten der Menschen, die nicht wert sind, den Namen Deutsche zu tragen' [Zitat Wilhelms II. Über die Sozialdemokraten], wir, die 'vaterlandslosen Gesellen' Wilhelms, die wir nicht einmal eines gerechten Wahlrechts würdig sind - wir sollten Nein!" Ebert: "Wir zeigen durch die Tat, daß wir nicht diese Menschen sind. Es handelt sich um das Wohl des ganzen Volkes. Wir dürfen das Vaterland, wenn es in Not ist, nicht verlassen. Es gilt, Kinder und Frauen zu schützen " Die sozialdemokratische Reichstagsfraktion beschloß auf Antrag Eberts gegen eine starke Minderheit von Gegnern einer solchen Politik, der kaiserlichen Regierung alle geforderten Kriegskredite zu bewilligen. Die Fraktion stimmte dann so ab, wie es die Mehrheit gefordert hatte. Nur Karl Liebknecht stimmte - als einziger Abgeordneter des Reichstags - dagegen. Die für den Fall der Mobilmachung geplante Verhaftung der sozialdemokratischen Führung erübrigte sich. |
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Ein gewisser Adolf H. sah die Sache später anders: "Wenn an der Front die Besten fielen, dann konnte man zu Hause wenigstens das Ungeziefer vertilgen. Statt dessen aber streckte Seine Majestät der Kaiser selbst den alten Verbrechern die Hand entgegen und gab den hinterlistigen Meuchelmördern der Nation damit Schonung und Möglichkeit der inneren Fassung." |
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nicht aber die Briten |
Der Kanzler hatte nun seinen wichtigsten Beitrag zu dem bevorstehenden kontinentalen Krieg zu leisten, nämlich die britische Neutralität durch einen förmlichen Vertrag zu sichern. London wies den Vorschlag für einen Neutralitätsvertrag zurück. Großbritannien könne kein Zuschauer bleiben, falls Deutschland Frankreich angreifen sollte. Als dann am Mittag des 31. Juli die Nachricht von der russischen Generalmobilmachung offiziell bestätigt wurde, proklamierte man sofort den "Zustand drohender Kriegsgefahr" in Berlin, auf den binnen 24 Stunden die Mobilmachung folgen mußte. |
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In seiner Instruktion an Tschirschky, den deutschen Botschafter in Wien, betonte der Kanzler mit Nachdruck: "Deutschland müsse den Eindruck erwecken, als sei es in den Krieg gezwungen worden." Am 1. August, dem Tag, an dem Berlin Krieg an Rußland erklärte, schrieb Admiral von Müller in sein Tagebuch: "Stimmung glänzend. Die Regierung hat eine glückliche Hand gehabt, uns als die angegriffenen hinzustellen." Dies überzeugte den Sozialdemokraten Friedrich Ebert, nicht aber Großbritannien. |
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Am 30. Juli hatten Besprechungen zwischen Wien, St. Petersburg und Paris über eine angemessene "Lektion" begonnen, die Serbien zu erteilen wäre, wurden aber am 31. Juli durch die blitzartigen Entscheidungen Berlins abgebrochen. Bezeichnenderweise erklärte Wien erst am 6. August den Krieg an Rußland und das erst nach dringenden deutschen Mahnungen. Diese Verzögerung beunruhigte Berlin: Wenn Österreich ausgeschieden wäre, so wäre Deutschland nicht in der Lage gewesen, den Krieg zu führen. Denn der Angriff auf Frankreich wäre unmöglich gewesen, wenn die österreichisch-ungarische Armee nicht fünf von sieben russischen Armeen auf sich gezogen hätte, um sie sechs Wochen lang zu binden, bis die deutsche Armee von Frankreich nach Rußland geworfen werden konnte. |
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Die Erfindung eines französischen Bombardements von Eisenbahnlinien in der Nähe von Karlsruhe und Nürnberg sollte die deutsche Kriegserklärung an Frankreich vom 3. August rechtfertigen. In einer Reichstagsrede unternahm Bethmann Hollweg am 4. August 1914 einen letzten Versuch, die britische Neutralität doch noch durch Konzessionen zu gewinnen, die er für die Kriegführung zur See gegen Frankreich anbot. Gleichzeitig bezichtigte er Rußland, für den Krieg verantwortlich zu sein: "Rußland hat den Feuerbrand in unser Haus geworfen. Ein Krieg mit Rußland und Frankreich ist uns aufgezwungen worden!" |
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Aber die britische Regierung akzeptierte diesen erneuten Vorschlag für einen Neutralitätsvertrag nicht. Sie ließ durch ihren Botschafter Goschen erklären, daß sie sich als im Kriegszustand mit Deutschland befindlich betrachte, wenn Deutschland seine Truppen nicht aus Belgien - sie waren dort am Morgen des 4. August einmarschiert - vor Mitternacht des 4. August zurückziehen würde. Das tat Deutschland nicht. |
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Was sich die deutsche Führung vom Ersten Weltkrieg erwartete |
Kriegszieldenkschrift des deutschen Reichskanzlers Theobald von Bethmann Hollweg (Auszug): "Sicherung des Deutschen Reiches nach West und Ost auf erdenkliche Zeit. Zu diesem Zweck muß Frankreich so geschwächt werden, daß es als Großmacht nicht neu erstehen kann, Rußland von der deutschen Grenze nach Möglichkeit abgedrängt und seine Herrschaft über die nichtrussischen Vasallenvölker gebrochen werden 1. Frankreich. Von den militärischen Stellen zu beurteilen, ob die Abtretung von Belfort, des Westabhangs der Vogesen, die Schleifung der Festungen und die Abtretung des Küstenstriches von Dünkirchen bis Boulogne zu fordern ist. In jedem Falle abzutreten, weil für die Erzgewinnung unserer Industrie nötig, das Erzbecken von Briey Ferner eine in Raten zahlbare Kriegsentschädigung; sie muß so hoch sein, daß Frankreich nicht imstande ist, in den nächsten achtzehn bis zwanzig Jahren erhebliche Mittel für Rüstung anzuwenden. Des weiteren: ein Handelsvertrag, der Frankreich in wirtschaftliche Abhängigkeit von Deutschland bringt, es zu unserem Exportland macht und es ermöglicht, den englischen Handel in Frankreich auszuschalten. Dieser Handelsvertrag muß uns finanzielle und industrielle Bewegungsfreiheit in Frankreich schaffen - so, daß deutsche Unternehmungen nicht mehr anders als französische behandelt werden können. 2. Belgien. Angliederung von Lüttich und Verviers an Preußen, eines Grenzstriches der Provinz Luxemburg an Luxemburg. Zweifelhaft bleibt, ob Antwerpen mit einer Verbindung nach Lüttich gleichfalls zu annektieren ist. Gleichviel, jedenfalls muß Belgien, wenn es auch als Staat äußerlich bestehen bleibt, zu einem Vasallenstaat herabsinken, in etwa militärisch wichtigen Hafenplätzen ein Besatzungsrecht zugestehen, seine Küste militärisch zur Verfügung stellen, wirtschaftlich zu einer deutschen Provinz werden. Bei einer solchen Lösung, die die Vorteile der Annexion, nicht aber ihre innerpolitisch nicht zu beseitigenden Nachteile hat, kann franz. Flandern mit Dünkirchen, Calais und Boulogne, mit größtenteils flämischer Bevölkerung diesem unveränderten Belgien ohne Gefahr angegliedert werden 3. Luxemburg. Wird deutscher Bundesstaat und erhält einen Streifen aus der jetzt belgischen Provinz Luxemburg und eventuell die Ecke von Longwy. Es ist zu erreichen die Gründung eines mitteleuropäischen Wirtschaftsverbandes durch gemeinsame Zollabmachungen, unter Einschluß von Frankreich, Belgien, Holland, Dänemark, Österreich-Ungarn, Polen und eventuell Italien, Schweden und Norwegen. Dieser Verband, wohl ohne gemeinsame konstitutionelle Spitze, unter äußerlicher Gleichberechtigung seiner Mitglieder, aber tatsächlich unter deutscher Führung, muß die wirtschaftliche Vorherrschaft Deutschlands über Mitteleuropa stabilisieren. Die Frage der kolonialen Erwerbungen, unter denen in erster Linie die Schaffung eines zusammenhängenden mittelafrikanischen Kolonialreichs anzustreben ist, desgleichen die Rußland gegenüber zu erreichenden Ziele werden später geprüft 6. Holland. Es wird zu erwägen sein, durch welche Mittel und
Maßnahmen Holland in ein engeres Verhältnis zu dem Deutschen Reich gebracht
werden kann. |
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Was sich die österreichischen Machthaber - außer der Züchtigung Serbiens - vom Krieg erwarteten |
Die Machthaber Österreich-Ungarns planten die Annexion Nordwestserbiens und Montenegros, den Russen gedachte man drei Viertel Russisch-Polens sowie Teile Podoliens und Wolhyniens abzunehmen. |
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Nochmals die Chronologie: |
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28. Juni |
Ermordung Franz Ferdinands |
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23. Juli |
Ultimatum Österreichs an Serbien |
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28. Juli |
Österreichische Kriegserklärung an Serbien |
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30. Juli |
Russische Mobilmachung |
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1. August |
Deutsche Kriegserklärung an Rußland |
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3. August |
Deutsche Kriegserklärung an Frankreich Einmarsch in Belgien |
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4. August |
Kriegseintritt Englands |
[i] Bernd Engelmann, Wir Untertanen, Göttingen 1993 S. 312.
[ii] Scheuch 129
[iii] Scheuch 134
[iv] Karl Marx, Der Bürgerkrieg in Frankreich
[v] ebenda
[vi] ebenda
[vii] ebenda
[viii] ebenda
[ix] ebenda
[x]) Zit, nach Katz, 176
[xi]) Zit. nach Katz, 76
[xii]) Katz, 52
[xiii]) Katz, 53f
[xiv]) Cosima zit. nach Katz,188
[xv]) Schubert, Weg zur K. 50
[xvi] Zöllner zit.n. Scheuch 140
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