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Er laßt die Hand küssen
von Marie von Ebner - Eschenbach
Die Novelle 'Er laßt die Hand küssen' besteht aus einer Rahmengeschichte und aus einer Haupterzählung.
Eine Gräfin empfängt den Besuch eines alten Freundes und Verehrers von ihr, einen Grafen, dessen Name allerdings nicht genannt wird. Sie sitzen zusammen und plaudern, da schlägt der Graf vor, ihr eine Geschichte zu erzählen, die ihm auf dem Weg ins Schloß der Gräfin wieder eingefallen ist, als er den Urenkel der Hauptperson der Geschichte, Mischka, im Wald traf. Der Urenkel, Mischka der Vierte, ist anscheinend Jäger im Dienst des Grafen. Der Graf erzählt, daß er seine Arbeit nicht besonders ordentlich macht, antwortet aber auf die Frage der Gräfin, warum er Mischka dann nicht entlasse nur, daß ihm die Schwäche von seinen Vorfahren her im Blut liege. Bevor der Graf mit seiner Geschichte beginnt, reden die beiden noch über den Prozeß mit der Gemeinde, zu dem die Gräfin am nächsten Tag fahren muß, weil sie von den Bauern geklagt wurde. Sie meint, daß es viel besser wäre, wenn die Bauern so wie früher ihre Ratgeber nicht frei wählen könnten. Am besten wäre es überhaupt, wenn man den Glauben an den Ratgeber auch gleich mit erzwingen könnte, was leider nicht geht. Unglücklicherweise aber könne man den Gehorsam ohne Glauben bestellen. Genau das, meint der Graf, sei Mischkas Unglück gewesen, und er beginnt zu erzählen:
Die Geschichte spielt zu der Zeit, als die Adeligen noch das 'jus gladii' ausübten, was bedeutet, daß sie über Leben und Tod der Untertanen zur Zeit der Leibeigenschaft entscheiden konnten. Die Großmutter des Grafen, deren Namen man auch nicht erfährt, ist Herrin über einen großen Hof. Bei einem Erntefest wird sie auf einen der Feldarbeiter aufmerksam, der ihr einen Kranz überreicht und ihr dabei fest und ernst in die Augen schaut. Als sie sich über den jungen Mann erkundigt, erfährt sie, daß er Mischka heißt, Sohn eines armen Häuslers ist, 20 Jahre alt ist, und sehr brav und fleißig sein soll, allerdings für dümmlich gilt. Warum, kann sie nicht herausfinden. Auf jeden Fall schickt sie ihren treuen Kammerdiener Fritz zum Haus von Mischkas Eltern und läßt ausrichten, daß Mischka vom Feldarbeiter zum Gartenarbeiter befördert wurde. Fritz kehrt zurück und berichtet, die Eltern von Mischka seien überglücklich, und Mischka ließe die Hand küssen. Er verschweigt, daß Mischka eigentlich gerne Feldarbeiter geblieben wäre, weil seine Gründe nichts für Damenohren sind. Am nächsten Tag tritt Mischka den Dienst als Gartenarbeiter an, und schon bald meint der Gärtner, daß er ein bißchen fleißiger sein könnte. Als die Großmutter des Grafen eines Tages sieht, daß Mischka keinen Branntwein trinkt, verordnet sie am Abend Branntwein für alle Gartenarbeiter, der Mischka nach einer weiteren Ablehnung gewaltsam eingeflößt wird. Am nächsten Morgen ist seine Abscheu vor Branntwein überwunden. An einem Sonntagnachmittag, als die Schloßherrin spazieren fährt, beobachtet sie Mischka, der mit einem kleinen Bübchen spielt und von einem zarten Mädchen, daß aussieht, als würde es aus Indien kommen, geneckt wird. Als die Gräfin bemerkt wird, erschrecken Mischka und das Mädchen furchtbar. Beim Abendessen erzählt die Großmutter des Grafen dem Direktor von ihrer Begegnung mit Mischka und, wie sie meint, mit seiner Schwester und seinem kleinen Brüderchen. Sie möchte, daß für Mischkas Schwester ein besserer Job gefunden wird. Der Direktor meint darauf, daß Mischka aber gar keine Schwester habe, und daß es wohl seine Geliebte und sein kleiner Sohn waren, die von der Gräfin beobachtet wurden. Die Schloßherrin ist darüber höchst verärgert und will dieser Sittenverderbnis ein Ende bereiten. Sie schickt ihren Diener Fritz wieder zu Mischkas Eltern und läßt ausrichten, mit Mischkas Liebschaft habe es aus zu sein. Mischka und seine Eltern schämen sich furchtbar, und versprechen, daß Mischka ein Ende machen wird. Als Fritz zurück zur Großmutter des Erzählers kommt, sagt er : "Er laßt die Hand küssen, er wird ein Ende machen.", womit sich die Gräfin auch zufrieden gibt. Kurze Zeit später werden im Schloß große Feste gefeiert, und viele Gäste werden eingeladen. Da das Personal nicht ausreicht, werden Arbeitskräfte aus dem Dorf geholt, darunter zufällig auch die Geliebte von Mischka. So passiert es, daß sich die beiden immer wieder zufällig treffen, etwas plaudern und wieder auseinandergehen. Als die Schloßherrin eines Tages mit ihren Gästen im Schloßgarten spazieren geht, überraschen sie ein Pärchen, das sich in einem selten benützten Laubgang küßt. Die Gräfin erkennt Mischka und seine Geliebte, die sofort flüchten. Sie ist darüber so verärgert, daß sie die Geliebte von Mischka in eine andere Herrschaft fortschickt.
Als Mischka das erfährt, läuft er sofort ins Dorf zum Häuschen seiner Geliebten, die sich gerade von ihrer völlig gelähmten Mutter verabschiedet. Nachdem der Knecht, der dafür zu sorgen hat, daß die Geliebte Mischkas wirklich ihren Weg antritt, zurück zum Schloß gegangen ist, folgt Mischka ihr, um sie und seinen Sohn auf der langen Reise zu begleiten. Kurz darauf werden die drei allerdings von Mischkas Vater verfolgt, der Mischka zurückholen möchte. Mischka ergreift die Flucht, kehrt aber wieder um, als er erkennt, daß seine Geliebte ihm nicht so schnell folgen kann. Aber es ist schon zu spät, Mischkas Vater hat die junge Frau bereits eingeholt und schlägt wild auf sie ein. Mischka greift ein, wird aber nach einer wilden Rauferei von seinem Vater besiegt und windelweich und blutig geschlagen fortgeschleift. Seine Geliebte, die sich mühsam wieder aufgerafft hat, muß die Reise alleine antreten.
Nachdem Mischka sich gewaschen hat, erscheint er wieder bei seiner Arbeit, ist seit dem Tag aber ganz verändert. Er kommt kaum mehr nach Hause, betrinkt sich jeden Abend im Wirtshaus, und bringt keinen Groschen zu seinen armen Eltern nach Hause. Besonders schlimm für den Vater ist es aber, daß Mischka der gelähmten Mutter seiner Geliebten Geld zukommen läßt, ihm aber nichts gibt. Mischka kommt schließlich nur mehr nach Hause, wenn er sicher ist, daß sein Vater nicht da ist, um seine Mutter zu besuchen. Bei einem dieser Besuche kommt einmal überraschend sein Vater nach Hause, der schimpft und schreit und beginnt Mischka zu mißhandeln, was sein Sohn sich gefallen läßt. Als der Vater aber auch die Mutter schlagen will, greift Mischka ein, obwohl er jeden Tag gesehen hat, daß sein Vater seine Mutter schlägt. Diesmal gewinnt Mischka den Kampf, ist aber nicht erfreut darüber und schreit, daß ihn seine Eltern nie wieder sehen werden. 14 Tage warten die Eltern schließlich auf seine Rückkehr, aber er bleibt verschwunden. Die Geschichte erreicht auch die Großmutter des Erzählers, ihr wird erzählt, daß Mischka seinen Vater halbtot geschlagen hat. Gegen schlechte und undankbare Kinder kennt sie keine Gnade und befiehlt Mischka zu finden und für eine gerechte Bestrafung nach Hause zu bringen. Einige Tage später kommen zwei Heidukken (ursprüngliche Bezeichnung eines ungarischen Volksstammes) zum Schloß, die Mischka gefunden haben. Er hat seinen kleinen Sohn auf dem Arm, und sieht schrecklich aus, blaß und hohläugig wie der Tod. Der Kammerdiener Fritz informiert sich kurz bei den Heidukken, dann berichtet er der Schloßherrin: "Der Mischka läßt die Hand küssen, er ist wieder da." Außerdem erzählt er, Mischka sei bei seiner Geliebten gewesen und habe sich gegen die Heidukken gewehrt und einem gewissen Janko ein Auge ausgeschlagen. Die Gräfin ist darüber sehr erzürnt, und läßt sich zu einer Übereilung hinreißen, die ihr später leid getan haben soll - sie befielt Mischka noch am selben Tag mit 50 Stockprügeln zu bestrafen. An genau diesem Tag reisen die letzten Gäste der Gräfin ab, und sie hat als Überraschung ein selbst gedichtetes Theaterstück von Darstellern einstudieren lassen. Sie ist nun ziemlich nervös und in Eile, und ärgert sich, als sie vom Doktor, einem langweiligen und schwerfälligen Menschen, den sie nicht leiden kann, gestört wird. Er möchte mit ihr über den Mischka sprechen. Sie weist ihn verärgert ab, auch ein zweites Mal, als der Doktor es nochmals versucht. Das Theaterstück wird ein großer Erfolg, und die Schloßherrin ist sehr gut gelaunt, nachdem alle Gäste gegangen sind. Gerade als sie ins Haus gehen will, bemerkt sie ein altes Weiblein, das vor den Stufen des Portals kniet. Die Wachen wollen die alte Frau wegschaffen, aber die Gräfin hält sie auf und möchte wissen, was das Weiblein möchte. Der Doktor, der in der Nähe steht, will die ganze Situation erklären, er meint, es wäre die Mutter von Mischka, die um 8 Tage Aufschub der Strafe bitten möchte. Die Großmutter des Erzählers meint, es gäbe nichts zu bitten, Mischka habe seinen Vater halbtot geschlagen, dem Janko ein Auge ausgeschlagen, und sich gegen die Heidukken gewehrt. Der Doktor erklärt, Mischka habe den Vater nur halbtot geschlagen, um zu verhindern, daß er die Mutter ganz totschlägt, und der Janko habe nur ein blaues Auge, weil der Mischka wäre gar nicht im Stande gewesen, jemandem ein Auge auszuschlagen, weil ihn die Heidukken sehr übel zugerichtet haben. Gegen die Heidukken habe er sich gewehrt, weil sie ihn vom Sterbebett seiner Geliebten weggeholt haben, die in anderen Umständen war, und die Schläge von Mischkas Vater und danach die lange, mühsame Reise nicht durchgehalten hatte. Die Schloßherrin versucht so zu tun, als interessiere sie all das nicht besonders, aber sie meint schließlich das alles wäre eine seltsame Verkettung von Fatalitäten, und es wäre vielleicht eine Strafe des Himmels. Schließlich begnadigt sie Mischka, der den Vollzug der Strafe in seinem schlechten Zustand wahrscheinlich nicht überleben würde. Fritz läuft sofort zum Amtshaus, wo die Exekution (= Bestrafung, Hinrichtung) gerade begonnen hat, um die Begnadigung zu melden.
Plötzlich aber ertönt ein entsetzlicher Schrei vom Amtshaus her, bei dem alle zusammenzucken. Fritz kommt kurz darauf zurück, auf die Frage der Gräfin, ob er alles ausgerichtet hätte, meint er : "Er laßt die Hand küssen, er ist schon tot."
Damit ist die Geschichte beendet. Die Gräfin empört sich, daß das doch keine friedliche Geschichte sei, wie der Graf am Anfang gemeint hatte. Er sagt aber nur, daß er ihr mit der Geschichte vor Augen führen wollte, warum er den Nachkommen von Mischka nicht aus seinem Dienst entläßt, auch wenn er seine Interessen nur recht nachlässig vertritt.
+ sehr ausführliche Nacherzählung
- ausschließlich Inhalt nacherzählt
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