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Was ist Religion?
Jenseits von Absolutismus und Relativismus
Sinn und Ziel des Buddhismus
Was ist Religion eigentlich und wie entsteht sie? Warum gibt es so viele Religionen, und geht es nicht in jeder Religion mehr oder weniger um dasselbe? Gibt es eine Möglichkeit, Menschen verschiedener Religionen zum Dialog anzuregen? Gibt es unter allen Religionen eine, die die richtige ist? Worin unterscheidet sich Religion von Philosophie? Welche Ziele verfolgt der Buddhismus?
Zitate:
"Im Unterschied zur Philosophie geht es in der Religion um Heilsbotschaft und Heilsweg zugleich."
"wir brauchen einen Dialog in gegenseitiger Verantwortung und im Bewusstsein, dass wir alle die Wahrheit nicht »fertig« besitzen, sondern auf dem Wege sind zur »je größeren« Wahrheit."
"Dem Buddha geht es allein um das Überwinden des Leidens, und deshalb beschränkt er sich konsequent darauf, das Wesentliche zu lehren, den Weg zur Heilung von unserer Krankheit; denn diese Krankheit ist nicht anderes als unser Dasein selbst."
Wie entsteht Religion?
In der Religion wird die Erfahrung des Heiligen thematisiert. (Es geht um eine "erlebnishafte Begegnung mit dem Heiligen".) - Obwohl die (Natur-)Wissenschaften heute in der Lage sind, eine Vielzahl von Vorgängen in der Natur, die vor mehreren Jahren noch als unerklärlich galten, logisch zu erklären, so bleiben die Grundfragen des Lebens, wie die Frage nach Ursprung, Herkunft, Sinn des Lebens, Vergänglichkeit, Tod etc., aus wissenschaftlicher Sicht unbeantwortet. Aufgabe der Religion ist es also im Wesentlichen, gerade auf diese Fragen Antworten zu geben und Lösungen bereitzustellen, z.B. Lösungen im Umgang mit dem Tod und dem Dasein nach dem Tod. Kritiker sind daher wohl häufig der Auffassung, Religion sei lediglich ein von Menschen erschaffenes, zur Befriedigung ihres Wissensdrangs erdachtes Phänomen. Möglicherweise haben sie damit nicht völlig Unrecht.
Im vorliegenden Text heißt es dazu: "Religion ist die in einer [] Gemeinschaft sich lebendig vollziehende [] sozial-individuell realisierte Beziehung zu etwas, was den Menschen und seine Welt übersteigt oder umgreift".
Wenn einem Menschen etwas unausweichliches zwingend bevorsteht, ist das für ihn in der Regel schon kein angenehmer Gedanke, da er selbst auf diese Angelegenheit scheinbar keinen Einfluss nehmen, bzw. sie verhindern kann. Er hat Angst, wie Seeleute im Mittelalter Angst davor hatten, die Erdscheibe "herunterzufallen", wenn sie zu weit hinausfahren würden, Angst also vor dem Unerforschten, Unbekannten. Auch der Tod ist ein Ereignis, welches jedem Menschen früher oder später bevorsteht und von dem er zunächst mal nichts weiß. Aus diesem Grund wird in nahezu jeder (!) Religion Tod thematisiert und der Gläubige bekommt einen (nicht zwingend positiven) Bezug zu diesem Thema. Der Gläubige flüchtet sich also mehr oder weniger in die Aussagen der Religion und macht diese für sich zur Wirklichkeit, die er täglich auslebt. Bestätigung finden Religionen häufig darin, dass niemand ihre Lehren eindeutig widerlegen kann, wodurch auch in einer "aufgeklärten" Gesellschaft der "Mythos" Religion immer noch eine entscheidende Rolle spielt. Zudem zeigen das wachsende Interesse an fernöstlicher und esoterischer Religiosität sowie die Zunahme fundamentalistischer Glaubensgemeinschaften, dass das Bedürfnis nach religiöser "Sinnstiftung" weiterhin ungebrochen zu sein scheint.
"Sozial-individuell realisiert" ist Religion deshalb, weil sie von Gläubigen gelebt und tief empfunden wird. Sie spielt eine Hauptrolle in Lebensführung und Entscheidungsfindung. Sie ist ein "Menschen und Welt umgreifendes [] Grundmuster, durch das der Mensch [] alles sieht und erlebt, denkt und fühlt, handelt und leidet". Gerade weil Religion dem Leben einen Sinn, damit ein Ziel gibt, z.B. im Christentum das ewige Leben, im Buddhismus das Nirwana (s.u.), sehen viele Menschen in der Religion ihre Erfüllung. Sie wollen sich nicht mit dem Gedanken der bloßen Existenz zufriedengeben, die nach einer gewissen Zeit einfach zuende geht.
»Es kann doch nur eine richtige Religion geben«
Wenn eine Religion alle anderen neben ihr existierenden Religionen und Weltanschauungen von vornherein ausschließt, so stellt sie einen sogenannten "Absolutheitsanspruch". Genau genommen stellt auch das Christentum diesen Anspruch an seine Anhänger; ob er von ihnen auch so aufgefasst wird, hängt sicher ganz wesentlich von der Intensität ihres Glaubens ab. Nach dem vorliegenden Text führt dies zu einem (bequemen) "Dogmatismus", das heißt zu einem Lehrsystem, das sich allein durch Tradition und Autorität, weniger aber durch Vernunft und Argumentation legitimiert.
Das Gegenteil zum Absolutismus ist in dieser Hinsicht der "Relativismus", in dem alle "Werte und Maßstäbe verleichgültigt [werden]", in gewisser Weise also auch eine Form von Liberalismus. Nun muss man sich natürlich die Frage stellen, ob es wirklich wünschenswert ist, dass eine Religion alle anderen existenten Religionen ebenfalls nicht nur akzeptiert, sondern sogar gutheißt und vielleicht sogar bestätigt. - Sicher ist es das nicht, denn auf der einen Seite überzeugt von der eigenen Wahrheit sein, andererseits aber diese Wahrheit von anderen Menschen nicht erkannt sehen wollen, passt einfach nicht zusammen, ist in gewisser Weise ein Widerspruch.
Im Text heißt es: "Wir brauchen einen Dialog in gegenseitiger Verantwortung und im Bewusstsein, dass wir alle die Wahrheit nicht »fertig« besitzen, sondern auf dem Wege sind zur »je größeren« Wahrheit."
Es soll ein Kompromiss gefunden werden, der irgendwo zwischen Absolutismus und Relativismus liegt. Diese Einstellung würde ein überzeugter Christ so nicht hinnehmen, da er seiner Religion in allen Punkten zustimmen würde, was zeigt, dass das Christentum, wie viele andere Religionen, eben einen solchen Absolutheitsanspruch stellt. Die Wahrheit kann in verschiedenen Religionen keine verschiedene, sondern nur die eine sein, und die sehen viele Gläubige ausschließlich in ihrer Religion. Kommunikation in Form eines Dialogs zwischen verschiedenen Religionen, wie sie im vorliegenden Text gefordert wird, wird durch diese Auffassung sehr erschwert, wenn nicht gar fast unmöglich gemacht.
»Der Buddhismus ist nihilistisch und pessimistisch!«
Dieser Vorwurf gegen den Buddhismus ist im Grunde nicht als solcher vertretbar, da ein Religionsstifter (beim Buddhismus eben Buddha) nicht zugleich Stifter der Welt und alles Guten oder Schlechten ist, sondern lediglich den entscheidenden Denkanstoß zur Entstehung einer bestimmten religiösen Vorstellung gibt. Er erlangt nach seinem besten
(Ge-)Wissen eine Erkenntnis über eine möglicherweise "nihilistische und pessimistische" Welt, die er sich aber nicht nach Belieben aussucht, sondern nach ihrer Zutrefflichkeit im Sinne seiner Erkenntnisse. Im Text ist weiterhin die Rede vom Vorwurf, der Buddhismus "gewähre keinen Trost für die Armen und Schwachen". Hier wird eine typische Erwartungshaltung gegenüber einer Religion sichtbar, die von vielen Menschen vertreten wird: Religion soll als Stütze dienen, sie soll in jeder Lebenslage Schutz und neue Hoffnung geben, aber gleichzeitig nicht zu viele unangenehme oder die persönliche Handlungsfreiheit einschränkende Gegenleistungen verlangen. Diese Erwartungshaltung ist aber falsch, denn man darf sich seine Religion nicht nach Gesichtspunkten der Bequemlichkeit und Attraktivität, sondern muss sie sich nach seiner Überzeugung auswählen.
So hat also auch Buddha die Welt nicht geschaffen und ist damit auch nicht für ihre Fehler und Unannehmlichkeiten verantwortlich, sondern hat nur "ihre wahre Natur erkannt".
»Die Lehre des Buddha ist keine Religion, sondern eine Philosophie!«
Wie im vorliegenden Text (Abschnitt 2) bereits erwähnt, ist "Philosophie [] der Versuch, die Welt zu erklären." Einem Philosophen geht es also um die Erkenntnis der Welt in ihrer Ganzheit. Buddha jedoch möchte die Welt nicht in ihrer Ganzheit erklären, sondern eine Lösung vermitteln. Er sieht das irdische Leben als eine "Krankheit", die zu heilen unser Ziel sein sollte, und damit das Nirwana zu erreichen. Er gilt als Gründer der Lehre von den "vier edlen Wahrheiten": des Leidens, der Ursache des Leidens, der Aufhebung des Leidens und der Erlösung vom ewigen Kreislauf der Wiedergeburten. Somit beschränkt er sich auf die wesentlichen Punkte in seiner Lehre, um es Menschen zu ermöglichen, das Karma zu durchbrechen. "Die Fragen der Philosophen, die nur aus Wissensdurst gestellt werden, haben da keinen Platz." Trotzdem appelliert Buddha an die Vernunft und Erkenntnisfähigkeit der Menschen durch einen philosophischen Dialog, ähnlich wie Sokrates es bei seinen Schülern gemacht hat.
Ziel des Buddhismus ist die Erlösung aus dem Kreislauf der Wiedergeburten und der Eingang ins Nirwana (ewige Befreiung vom weltlichen Leidensweg).
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