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Inhalt:
1 Einführung
2 Vom Urzeit-Wurm zum Säuger
3 Der sechste Tag
4 Die Macht des Verstandes
5 Über die zehn Finger hinaus
6 Zusammenfassung & Ausblicke
7 Referenzen
1 Einführung
"Am Anfang schuf Gott Himmel und Erde." So beginnt die Schöpfungsgeschichte, wie sie uns die Bibel erzählt.
Am zweiten Tag schuf Gott die Pflanzen und die Bäume. Tage darauf die Tiere und alles was auf dem Boden kriecht. Schließlich am sechsten Tag schuf er den Menschen.
Natürlich dürfen wir diesen Zeitplan nicht mit unserem heutigen Zeitverständnis vergleichen. Aufgrund der überaus hohen Lebenserwartung Gottes entspricht ein Tag im Leben Gottes Abermillion von Jahren, wie wir sie verstehen. Gott segnete die Menschen und sprach: "Breitet euch über die Erde aus und nehmt sie in Besitz! Ich setze euch über die Fische, die Vögel und alle anderen Tiere." Dies ermöglichte uns Gott, indem er uns ein Gehirn gab. Dies hatte eine Entwicklungszeit von 6 Tagen, also eine unvorstellbar große Zeitspanne!
Unserer Intelligenz also haben wir unsere Vormachtstellung zu verdanken. Grund genug um sich mit ihr näher zu beschäftigen.
Nun wirft sich die Frage auf, was denn nun Intelligenz überhaupt ist. Nach längerer Benutzung ebensolcher stellen wir fest, daß wir keine eindeutige Erklärung finden können. Sollte sich jener berühmte Ausspruch eines berühmten Philosophen bewahrheiten, der sagte: "Ich weiß, daß ich nichts weiß."? Um der Intelligenz auf die Schliche zu kommen, betrachten wir nun die Geschichte des Gehirns.
2 Vom Urzeit-Wurm zum Säuger
Es ist nun der dritte Tag der Schöpfung. Wir bezeichnen ihn heute als Paläozoikum, also das Erdaltertum. Seltsame Kreaturen bevölkerten die Welt. So können wir zum Beispiel eine Seenessel sehen, die wie eine schwimmende Scheibe Ananas aussieht. Einige Kreaturen erinnern entfernt an unsere heutigen Schnecken, Muscheln oder Korallen, andere hingegen können mit nichts Bekanntem verglichen werden.
Das erstaunlichste Wesen, das wir sehen können ähnelt auf den ersten Blick einem Wurm, doch bei näherem Hinsehen erkennen wir eine Reihe langer Stacheln. Diese "Stelzen" wurden wohl benutzt, um auf dem Meeresboden entlangzustolzieren. Als Eßwerkzeuge dienten eine ganze Reihe von Tentakeln, die mit Mundöffnungen versehen waren. Wie damit gegessen wurde, kann man sich nur schwer vorstellen. Die Wissenschaftler, die Abdrücke dieses Lebewesens im Schiefer in der Nähe von Burgess, dem Mekka der Paläontologen, das östlich von Vancouver liegt, fanden, konnten dies nicht und nannten diesen Wurm Hallucinogaea.
So seltsam Hallucinogaea auch anmutet, erzählt es uns doch eine Menge über die Entwicklung unserer eigenen Intelligenz. Betrachtet man den Aufbau dieses Tieres, so sieht man einen Nervenstrang, der entlang der gesamten Körperlänge verläuft. Dieser Nerv hatte wahrscheinlich dieselbe Funktion erfüllt, wie es Nerven bei den uns heute bekannten Würmern auch tun. Sie nehmen Impulse von Sensorzellen des ganzen Körpers auf und setzen sie in motorische Impulse um, die in die Muskeln geschickt werden.
Außerdem konnte aus fossilen Funden geschlossen werden, daß Hallucinogaea einen Kopf hatte und ein sich darin befindliches Gehirn. Dieses Gehirn ist für unsere Maßstäbe relativ unspektakulär, war es doch nicht mehr als eine Verdickung des Nervenendes. Mit diesem Gehirn war Hallucinogaea in der Lage, Nahrung auszumachen und auf dem Meeresboden umherzulaufen - doch das war's dann auch schon.
Natürlich existierten im Zeitalter des Paläozoikums auch noch viele andere Arten. Schnelligkeit und Schläue waren also in diesen Tagen gefragt. Denn es galt natürlich: Überleben des Stärkeren. Ein größeres und komplexeres Gehirn sicherte das Überleben besser ab, denn verschiedene Verhaltensmuster konnten an den Tag gelegt werden.
Aus diesem Grund wurde es an nachfolgende Generationen weitergegeben. Besser gesagt wäre vielleicht, diejenigen mit kleineren Gehirnen konnten ihres nicht weitervererben, da sie ja von den "Hirnis" gefressen wurden.
Doch Gefahr drohte nicht nur von der biologischen Seite. Als das Paläozoikum vor 250 Mio. Jahren sich dem Ende zuneigte, fanden wahrscheinlich Kontinentalbewegungen statt, die dazu führten, daß Wasser an einigen Stellen schwand. Dies stellte neue Anforderungen an die Lebewesen. Um das Überleben weiter zu sichern, mußte gelernt werden, damit umzugehen. Die Lebewesen entwickelten nun Lungen, um auch außerhalb von Wasser zu atmen. Doch mußten auch Beine entwickelt werden, um trockene Strecken zwischen Wasservorkommen zu überbrücken. So wurden aus den Meereslebewesen die Amphibien. Dies war ein anspruchsvoller Wechsel. Sie mußten ja nicht nur alle Gehirnfunktionen, die sie im Wasser benötigten, beibehalten, sondern mußten auch die Herausforderungen eines zeitweiligen Landgangs überstehen. Dazu mußte z.B. eine neue Motorik gelernt werden. Neue Sensoren wurden benötigt, denn auf dem Festland drohten auch noch ganz andere Feinde wie Hitze, Kälte und Trockenheit. So waren die Amphibien gezwungen, besser funktionierende Gehirne zu entwickeln als ihre nur im Wasser lebenden Vorfahren. Sie brauchten eine höhere Intelligenz, weil sie mit zwei Welten kämpfen mußten: Mit dem Land und dem Wasser.
Dennoch stellten die Amphibien bloß eine Übergangsart zwischen dem Leben im Wasser und auf dem Festland dar. Um die Vorteile, die ein Leben auf trockenem Boden bietet, ausschöpfen zu können, mußten sich die Tiere von allen Resten des Lebens im Wasser trennen. Sie mußten lernen, ständig ein Leben auf festem Boden durchzustehen. Für diese Herausforderung brauchten sie noch größere und vielseitigere Gehirne.
Das Ergebnis waren die Reptilien, die das Land so erfolgreich in Beschlag nahmen, daß das Mesozoikum, das Mittelalter der Erdgeschichte, oft das Zeitalter der Reptilien genannt. Das Mesozoikum war die Zeit der Dinosaurier. Damals lebten Tyrannosaurus, Brontosaurus und all die anderen, die uns inzwischen durch verschiedene Filme bekannt sind. Weniger bekannt, aber für unseren Zusammenhang aufschlußreicher sind andere Mitglieder der Dino-Familie. Hätten sie noch ein paar Millionen Jahre Zeit gehabt, so wären vielleicht Geschöpfe entstanden, deren Intelligenz durchaus vergleichbar mit unserer wäre. Ein gutes Beispiel hierfür stellt der Stenonychosaurier dar, der im späteren Mesozoikum lebte, kurz bevor die Säugetiere die Herrschaft über die Welt übernahmen. Ein Stenonychosaurusskelett bietet einen furchterregenden Anblick. Man muß sich einen Straußenvogel vorstellen, an dem ein verlängerter Reptilienschwanz hing. Vorne hatte er zwei Greifer, die den Begriff Hand durchaus verdienten. Mit den langen beweglichen Fingern konnten kleine, rattenähnliche Tiere gefangen werden. Da diese des Nachts am aktivsten waren, war der Stenonychosaurus wahrscheinlich ein Jäger der Nacht. Er mußte seine Beute also im Dunkeln aufspüren, die Entfernung und die benötigte Jagdgeschwindigkeit exakt abschätzen und das kleine Tier mit rascher Gewandtheit fangen können. Diese Herausforderungen erforderten ein kompliziertes Gehirn. Dessen Komplexität läßt sich auch aus der Tatsache rückschließen, daß dieser Saurier einen Stereoblick hatte. D.h. seine Augen saßen wie unsere vorne am Kopf und ergaben leicht überlappende Gesichtsfelder, so daß er eine davonlaufende Beute gleichzeitig aus zwei Blickwinkeln sehen konnte. Das Gehirn verglich die beiden Bilder und stellte so die Entfernung des Räubers zu seinem Fressen fest.
Dann aber wurde die Entwicklung der Saurier jäh unterbrochen: Sie verschwanden vom Angesicht der Erde. Dieser Tod der Dinos ist bis heute nicht vollständig geklärt. Es existieren mehrere Theorien, wie es dazu kam. Eine der einleuchtendste ist die der Klimaveränderungen. An verschiedenen Punkten des Erdmittelalters sind Zeichen einer weltweiten Abkühlung zu erkennen, die eben vor der Zeit stattgefunden haben muß, zu der die Dinosaurier vom Angesicht der Erde verschwanden. Egal welcher Aussterbe-Theorie wir Glauben schenken, Tatsache ist, daß die Dinos verschwanden. Es begann das Känozoikum, die Erdneuzeit.
Nachdem nun die Herrscher des Tierreichs verschwunden waren, die lange genug die erlesensten ökologischen Nischen inne hatten, kam die Zeit der Säuger. Waren sie bis jetzt gezwungen in Schlupfwinkeln und Verstecken ihr Dasein zu fristen, konnten sie sich nun nach Herzenslust austoben. Die ersten Säugetiere sahen jedoch alles andere als vielversprechend aus. Die wenigen erhaltenen Fossilien lassen darauf schließen, daß die ersten Säuger kleine rattenähnliche Tiere waren. Doch machten die Säugetiere das Beste aus ihrem Los. Sie machten eine ähnliche Entwicklung durch, wie die Reptilien 200 Mio. Jahre früher. Sie veränderten ihr Außeres um auch den letzten Winkel des Planeten bewohnbar zu machen. Mit ihrer wachsenden Vielfalt nahm auch ihr Gehirn umfangreichere Formen an. Diese größeren Gehirne waren auch genau das, was gebraucht wurde, denn vorbei waren die Zeiten des Mesozoikums mit seinem milden Klima. Nun herrschten härtere Bedingungen. Konnte ein Brontosaurier noch ziemlich sicher sein, daß das Wetter genauso ausfallen würde, wie am Tag zuvor, mußte ein Säuger des Känozoikums mit Hurrikans, Hagelstürmen und Dürreperioden rechnen. Unter diesen Bedingungen war es einleuchtend, daß die Säuger ein größeres und besser funktionierendes Gehirn benötigten, um mit den sich rapide verändernden Bedingungen fertig zu werden.
3 Der sechste Tag
Überspringen wir nun ein paar Tage und kommen nun zur Erschaffung des Menschen. Gott schuf ihn nach seinem Bild. Adam und Eva sahen also folgendermaßen aus: Nach heutigen Maßstäben klein und mit einer merkwürdigen Schädelform. Hinten hatte der Schädel eine ausgeprägte Rundung, während vorn nur eine Andeutung einer Stirn zu sehen war. Ihre Augen waren umrahmt von dicken wulstigen Augenbrauen. Doch das Glück währte nicht lange und so wurden sie beide aus dem Paradies vertrieben. Und kaum waren sie nicht mehr unter der Obhut Gottes passierte schon ein Mord: Er lag auf der Erde, seine Augen waren geschlossen und sein Gehirn in dem komisch geformten Schädel nahm nichts mehr war. Ein Schlag mit einem hölzernen Gegenstand hatte seinen Hinterkopf zertrümmert und ihn auf der Stelle getötet. Der Mörder war einer dieser hochgewachsenen Fremden, die gerade erst in sein Land eingedrungen waren. Sie brachten fremde, todbringende Waffen mit sich. Ihre Fallen und Schlingen töteten ohne Vorwarnung, und man bemerkte sie erst, als es schon zu spät war.
Vor nur wenigen Minuten war der hochstirnige Mensch neben dem Weg entlanggekrochen auf dem nun der Tote lag. Er wußte, daß dies ein oft benutzter Weg war und hatte gehofft, bald ein Opfer zu erspähen, womöglich mit Nahrungsmitteln oder anderen wertvollen Dingen. Er hatte sich feige im Unterholz versteckt, wobei er natürlich auf die Windrichtung geachtet hatte, damit niemand ihn wegen seinem strengen Körpergeruch entdecken konnte.
Dieses kleine Melodrama ist erfunden, aber etwas ähnliches muß sich vor einigen tausend Jahren auf dem afro-europäischen Festland zugetragen haben. Ein Teil der menschlichen Arten gewann die Oberhand über die anderen. Dies ist also die Geschichte von Kain, der seinen Bruder Abel tötete.
4 Die Macht des Verstandes
Die Evolution zeigte, daß der Mensch der Aufgabe des Lebens am besten gewachsen ist und sich gegen alle anderen Lebewesen durchzusetzen vermochte. Doch vergleicht man einen Menschen mit einem Elefanten oder Löwe macht er eine nicht gerade gute Figur. Ein Mensch wäre für seine Pranken und furchteinflößende Reiszähne ein gefundenes Fressen. Der Mensch dagegen könnte mit seinen zarten Händen und Zähnen nicht viel ausrichten. Rennen kann er auch nicht so schnell wie ein Gepard und ein Frosch ist ihm im Weitsprung auch weit überlegen. Außerdem wird niemand bezweifeln, daß Flipper besser schwimmen kann als ein Mensch. Wie konnte der Mensch dann als Art Überleben? Er ist zwar, was Zähne, Behaarung usw. anbelangt, unterdurchschnittlich ausgestattet, aber hat er einen weit wertvolleren Zug überdurchschnittlich stark entwickelt: Intelligenz.
Intelligenz war zwar kein materielles Merkmal, aber es hob all die körperlichen Nachteile auf. Der Mensch war nicht auf Säbelzähne angewiesen; denn wir konnten Speere und Messer herstellen. Mit Hilfe dieser Werkzeuge konnte er sich weitere Hilfsmittel aneignen: Mit Speeren wurden Tiere erlegt, deren Felle wärmenden Schutz boten. Auch war die Unfähigkeit, nachts klar zu sehen, aufgehoben, als der Mensch das Feuer gezähmt und die Nacht künstlich erleuchtet hatte.
Kurz gesagt, die Macht des Verstandes bot mehr und besseren Schutz als die besten Dinosauerierzähne es je vermochten. Der Verstand war die beste Überlebenshilfe. Wie alle anderen hilfreichen Merkmale wurde auch die Intelligenz von Generation zu Generation weitergegeben, bis die Menschen unangefochten die Herrscher dieser Welt waren. Das Versprechen der Schöpfungsgeschichte wurde also erfüllt.
Allmählich wagte sich der Verstand in Gestalt von Charles Darwin und anderen Forschern sogar an die Frage nach dem eigenen Ursprung.
5 Über die zehn Finger hinaus
Keine andere Art konnte Fakten so gut erinnern oder assoziieren wie der Mensch. Deshalb konnte nur der Mensch solche Tätigkeiten wie das Zähmen des Feuers oder die Entwicklung raffinierter Werkzeuge ausführen - das Schlüsselwort hierbei ist raffiniert; denn einfache Werkzeuge werden beispielsweise auch von Schimpansen benutzt. So nehmen diese Affen Zweige, um mit ihnen Insekten in Erdlöchern aufzustöbern. Sogar Vögel lassen Steine auf die Eier anderer Vögel fallen, um an das nahrhafte Innere zu gelangen-
Um es anders zu formulieren, die Menschen konnten ihr großes Hirn dazu nutzen, sich selbst auszudehnen, eine Verlängerung über sich selbst zu entwickeln. Wo unsere Hände und Arme zu kurz sind, können wir kontrollierte Greifer bauen. Autos und Flugzeuge sind Verstärker unserer Beine; denn sie tragen uns an Orte, die wir allein mit unserer Muskelkraft nie erreichen würden. Mit Hilfe ihrer Zusätze konnte der Mensch bald die Rolle des reinen Räubers aufgeben. Er entwickelte ein Leben, das auf landwirtschaftlich Arbeit basiert und das wir heute Zivilisation nennen.
Insgesamt gesehen war die Zivilisation ein Segen. Sie ermöglichte uns diverse Spezialisierungen. Nun gab es Bauern, Schmiede, Arzte usw. Andererseits brachte die Zivilisation auch Probleme mit sich. Mit fortschreitender Entwicklung mußten die Menschen exakter als vorher ihr Eigentum bestimmen. Die Bauern am Nil kämpften beispielsweise um jeden Quadratzentimeter Nutzland und kannten ihre Grenzen genau, weil sie ihre und des Nachbarn Produktivität kannten. Händler wußten bis auf das letzte Gramm über ihr Inventar Bescheid. Bankiers waren gut beraten, sich über ihre Geldvorräte im klaren zu sein, wenn sie nicht Geld verlieren wollten. Auf etwas andere Ebene lief vergleichbares bei den Priestern ab: Sie waren nur dann in der Lage, aus den Gestirnen Voraussagen abzulesen, wenn sie feststellen konnten, welche Strecke der Mars oder der Mond in einer bestimmten Zeiteinheit zurückgelegt hatte. Geistige Anstrengungen solcherart war sehr viel mehr als der menschliche Verstand bis dahin hatte leisten müssen. Für einen Cro-Magnon-Menschen war vermutlich alles über zehn einfach "viele". (Noch heute gibt es in Südamerika Stämme, die für Zahlen über fünf keine Worte haben.) Und viele Jahrhunderte lang reichte diese simple Arithmetik völlig aus.
Eine zivilisierte Gesellschaft aber benötigt eine weit raffiniertere Methode, mit Zahlen umzugehen. Daher mußten die Menschen nicht ihren Körper verändern (um 123 mal 453 zu rechnen bräuchte man einfach zu viele Finger) bzw. den veränderten Gegebenheiten anpassen, sondern ihren Verstand. Die Kräfte zur Informationsverarbeitung mußten gestärkt werden! So wurden die ersten Computer entwickelt, um die begrenzten Möglichkeiten unseres Gehirns zu erweitern. Mehrere Zivilisationen operierten schon früh mit einfachen Rechengeräten, das bekannteste ist wohl der berühmte Abakus, ein Rechenbrett, das lange Zeit an Schnelligkeit und Genauigkeit unübertroffen war, wenn es ein geübter Meister bediente.
Gleichwohl blieb Rechnen eine zeitraubende Angelegenheit. Außerdem erhöhte sich mit der Länge und Schwierigkeit des Rechenschritts die Wahrscheinlichkeit, daß sich ein Fehler einschlich. Der Bedarf an einer schnelleren Rechenweise war also vorhanden, besonders die Mathematiker sehnten sich nach Gerätschaften, die die einfachen Rechenvorgänge erledigten, da sich ihre Wissenschaft schneller weiterentwickelte als die Technik der Zahlenbeherrschung. In der Renaissance wurde das Problem durch die Weiterentwicklung auf dem Gebiet der Algebra, Geometrie und Zahlentheorie akut. Gab es denn nicht vielleicht einen Weg, die lästigen Qualen der Rechenarbeit zu umgehen? Es war eine Lösung in Sicht; denn die Renaissance war auch das Zeitalter der Maschinen. Und so wurden immer kompliziertere Maschinen entwickelt die dem Menschen das Rechnen abnahmen. Die Geschichte geht vom dampfgetriebenen Monster über Vakuumröhrenrechner bis zu heutigen Taschenrechnern und Computern.
Es scheint, als folge der Fortschritt in der Computertechnologie von den ersten Anfängen seit Pascal und Schickard bis zu ENIAC einem bestimmten Muster: Computer haben sich nach dem Lamarckschen[i] Prinzip entwickelt. Ohne daß man damals auch nur im entferntesten an Computer dachte, ist mit dem Lamarckismus unbewußt ein Modell der Computerevolution entwickelt worden: Jede neue Generation von Computern hat eine Reihe erworbener Züge der Vorgeneration übernommen. Natürlich tun Computer dies nicht bewußt, aber ansonsten paßt das Lamarksche Modell hervorragend. Und diese Entwicklung markiert einen Wendepunkt in der Geschichte der Menschheit.
Bis heute haben sich unser Geist und Körper in dem von Darwin beschriebenen Muster weiterentwickelt: ein langer, langsamer Prozeß voller überraschender Ereignisse, die sich nicht sonderlich systematisch aneinanderreihen. Es braucht eine lange Zeit, ehe bei einer Art Variationen auf natürliche Weise erscheinen, und noch länger dauert es, bis sich herausstellt, ob diese Variationen zum Vorteil oder Nachteil der Art ausfallen. Heute aber entwickelt sich ein Teil von uns - der Hirnfortsatz, den wir uns geschaffen haben, auch Computer genannt - viel schneller und weniger zufällig als bisher.
An diesem Punkt gehen wir davon aus, daß die Evolution der Computer Teil unserer eigenen Evolution als Tierart ist. Nicht alle Biologen und Anthropologen würden damit übereinstimmen. Natürlich kann man dieser These entgegenhalten, daß die Weiterentwicklung eines Werkzeugs etwas anderes ist als die Weiterentwicklung des Tiers, das dieses Werkzeug benutzt - ebenso wie ein Hammer eben kein Mensch ist. Aber im gleichen Atemzug sprechen Wissenschaftler von Evolutionsschritten, wenn niedere Arten der Primaten mit Werkzeugen entdeckt werden. Wie schon erwähnt, haben Schimpansen Zweige vom Baum abgebrochen, um damit Insekten aus Verstecken herauszustochern. Würde morgen ein Schimpanse auftauchen, der mit einem selbstgefertigten Steinhammer daherkäme, dann würde wohl die gesamte wissenschaftliche Gemeinde die Entwicklung dieses Hammers als ein Zeichen der Weiterentwicklung des Schimpansen selbst verstehen.
6 Zusammenfassung & Ausblicke
Trotz vielfacher Versuche des Menschen, seine eigene intellektuelle Leistungsfähigkeit zu definieren, gibt es heute weder ein Schema noch ein Naturgesetz, nach dessen Regeln Intelligenz gemessen werden kann. Der Begriff Intelligenz ist schwer (er)faßbar und läßt sich nicht einfach nach bestimmten Normen und Werten festlegen. In den meisten Fällen wird er im Kontext von rein subjektiv empfundenen Verhaltensmustern verwendet.
Vor diesem Hintergrund schickt sich eine Wissenschaft an, Intelligenz mit Hilfe von Computern zu simulieren - Künstliche Intelligenz (KI).
Wenn wir im täglichen Leben jemanden als intelligent bezeichnen, so umschreiben wir damit Eigenschaften wie
hat eine gute bzw. schnelle Auffassungsgabe,
weiß sich bestimmten Gelegenheiten schnell anzupassen,
findet sich in jeder Situation zurecht oder
erkennt Zusammenhänge und weiß sie zu deuten.
Intuition, Bildungsgrad sowie eine gewisse Begabung spielen für solche Fähigkeiten sicherlich eine Rolle. Jedoch beruhen sie letztlich alle auf dem Vorhandensein von Wissen, welches es dem Betreffenden erlaubt, Eindrücke gezielt zu interpretieren. Auf der Basis eines breiten und fundierten Wissenstandes läßt sich für den Menschen eine Liste von Attributen angeben, welche Intelligenz voraussetzen:
Geistige Grundhaltungen (Glauben, Wünsche, Absichten);
Fähigkeiten, komplexe Probleme in überschaubare Aufgaben zu zerlegen;
Erkennen von Zusammenhängen und Ableiten neuer Fakten;
Verstehen von unvollständigen und mehrdeutigen Sachverhalten;
Vorhersagen von erwarteten Aktionen;
Bewertendes Vergleichen von Alternativen;
Bewußtsein über die eigenen Grenzen;
Fähigkeit zu Generalisierung und Abstraktion;
Wahrnehmen und Verifizieren von visuellen Sinneseindrücken;
Wissensaufnahme und -bereicherung (Lernen);
Fähigkeit zur Kommunikation (Sprache, Gestik, Mimik usw.).
Die KI schickt sich nun dazu an, dies durch Computer zu simulieren. Dazu muß Intelligenz als etwas Abstraktes gesehen werden, losgelöst vom menschlichen Gehirn und biochemischen Reaktionen.
Das Thema, Intelligenz im Allgemeinen und Künstliche Intelligenz im Speziellen, ist eine faszinierende Angelegenheit; denn es verbindet so viele Gebiete wie Paläontologie, Anthropologie, Biologie, Chemie, Physik, Mathematik, Informatik und Philosophie und stellt eigentlich auch nur einen Versuch dar, die Frage "Woher kommen wir - wohin gehen wir?" zu beantworten.
Heute ist also der siebte Tag, um wieder zur Schöpfungsgeschichte zurückzukehren, und Gott ruht sich von seiner Arbeit aus. Ich bin nun wirklich auf die nächste Woche gespannt.
7 Referenzen
Die Bibel
Bogen, Hans Joachim "Buch der modernen Biologie"
Emmeche, Claus "Life as an Abstract Phenomenon: Is Artifical Life Possible?"
Ritchie, David "The Binary Brain. Artificial Intelligence in the Age of Electronics"
Liebscher, Heinz "Geist aus der Maschine?"
Dengel, Andreas "Künstliche Intelligenz - Allgemeine Prinzipien und Modelle"
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