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Kollektives Arbeitsrecht
Gesetzliche Interessenvertretungen (Kammern)
Sie sind ausnahmslos durch besondere Gesetze geschaffen, haben Pflichtmitgliedschaft und einen durch Gesetz festgelegten Wirkungskreis. Zur Finanzierung ihrer Bedürfnisse heben sie Umlagen ein. Sie sind Körperschaften des öffentlichen Rechts.
Auf der Arbeitnehmerseite sind die wichtigsten Kammern:
Die Kammern für Arbeiter und Angestellte: Für jedes Bundesland ist eine eigene Arbeiterkammer eingerichtet. Sie sind zusammengeschlossen in der Österreichischen Bundesarbeiterkammer. Den Arbeiterkammern gehört die überwiegende Zahl aller Arbeitnehmer an.
Ihre Aufgabe ist die Vertretung der wirtschaftlichen, sozialen, beruflichen und kulturellen Interessen der Arbeitnehmer.
Die Landarbeiterkammern als Interessenvertretung der Land und Forstarbeiter haben ähnliche Aufgaben wie die Arbeiterkammer.
Gesetzliche Interessenvertretungen auf Arbeitnehmerseite sind:
Die Kammern der gewerblichen Wirtschaft
Die Kammer für Land und Forstwirtschaft
Die Kammern der freien Berufe (Arzte, Rechtsanwälte, Architekten,)
Die freiwilligen Berufsvereinigungen
Es handelt sich um Vereine im Sinne des Vereinsgesetzes. Sie beruhen auf freiwilliger Mitgliedschaft. Ihr Aufgabenbereich wird in erster Linie von ihren Vereinsstatuten (ihrer Satzung) bestimmt. Sie werden durch Beiträge ihrer Mitglieder finanziert.
Auf Arbeitnehmerseite ist die wichtigste freiwillige Berufsvereinigung
Der Österreichische Gewerkschaftsbund (ÖGB)
Der ÖGB hat mehr als 1,5 Mio. Mitglieder. Neben den Aufgaben, die er sich durch seine Satzung selbst gestellt hat, sind dem ÖGB durch zahlreiche Gesetze Aufgaben und Befugnisse übertragen worden. Zu seinen wichtigsten Aufgaben zählen der Abschluß von Kollektivverträgen, weiters die Schulungs- und Bildungstätigkeit und der Rechtsschutz seiner Mitglieder.
Auf der Arbeitnehmerseite ist die wichtigste Berufsvereinigung
die "Vereinigung österreichischer Industrieller".
Kollektive Rechtsgestaltung
Zweck einer gesetzlichen Bestimmung ist es, den gesetzlichen Interessen-vertretungen und freiwilligen Berufsvereinigungen ein Instrumentarium zur Verfügung zu stellen, damit sie Entgelt- und Arbeitsbedingungen miteinander aushandeln und auch durchsetzen können.
In Österreich werden jährlich mehrere hundert Kollektivverträge neu abgeschlossen.
Der Kollektivvertrag
Kollektivverträge (KV) sind schriftliche Vereinbarungen, die zwischen kollektivvertragsfähigen Körperschaften der Arbeitgeber und Arbeitnehmer abgeschlossen werden.
Kollektivvertragfähig sind:
die gesetzlichen Interessenvertretungen. Sie sind kraft Gesetzes kollektiv-vertragsfähig
die freiwilligen Berufsvereinigungen. Ihnen wird die Kollektivvertrag-sfähigkeit vom Bundeseignungsamt verliehen, wenn die gesetzliche Voraussetzung hiefür vorliegen
KV regeln vorallem die gegenseitigen Rechte und Pflichten aus dem Arbeitsverhältnis und die Rechtsbeziehungen zwischen den Vertragschließenden Parteien des Kollektivvertrages.
Voraussetzungen für das Inkrafttreten des Kollektivvertrages sind:
Hinterlegung beim Bundesministerium für Arbeit und Soziales
Veröffentlichung in der Wiener Zeitung
Die Satzung
Auf Antrag einer kollektivvertragsfähigen Körperschaft kann der Geltungsbereich eines Kollektivvertrages ausgedehnt werden. Zweck: Erfassung von Außenseitern.
Der Mindestlohntarif
In manchen Breichen bestehen überhaupt keine kollektivvertragsfähigen Körperschaften ( private Haushalte) . In diesen Fällen kann das Bundeseignungamt über Antrag einer kollektivvertragsfähigen Körperschaft der Arbeitnehmer sogenannte Mindestlohntarife erlassen. Der Mindestlohntarif kann nicht alle Arbeitsbedingungen regeln, sondern nur Mindestentgelte und Mindestaufwandentschädigungen. Dem Mindestlohntarif entspricht der Heimarbeitstarif für Heimarbeiter.
Die Betriebsvereinbarung
Während KV , Satzung und Mindestlohntarif Regelungen für ganze Wirtschaftszweige treffen, wird die Betriebsvereinbarung zwischen der Betriebsvertretung ( dem Betriebsrat oder Betriebsausschuß) und dem einzelnen Arbeitgeber für den Bereich eines Betriebes oder Unternehmens abgeschlossen.
z.B. Festlegung der Arbeitszeit und der Arbeitspausen
Art und Weise der Auszahlung des Entgelts
Fragen der Betriebspension
vorübergehende Verkürzung oder Verlängerung der Arbeitszeit
Arbeitskampfrecht
Beide Seiten , sowohl Arbeitgeber als auch Arbeitnehmer versuchen für ihre Seite das günstigste Ergebnis zu erzielen. Kommt es bei den Verhandlungen zu keiner Einigung über einen Kollektivvertragsabschluß, so bleiben den Verbänden die Mittel des Arbeitskampfes, um ihre Ziele durchzusetzen. Die wichtigsten Erscheinungen des Arbeitskampfes sind:
Der Streik: man versteht darunter die gemeinsame Arbeitsniederlegung in der Absicht, nach Erreichung der Streikziele die Arbeit wieder aufzunehmen.
Aussperrung: darunter versteht man die Ausschließung der Arbeitnehmer von der Arbeit durch den Arbeitgeber in der Absicht, sie solange nicht zu beschäftigen, bis das vom Arbeitgeber angestrebte Ziel erreicht ist.
Boykott: darunter versteht man die Verabredung von Arbeitgebern oder Arbeitnehmern mit dem Ziel, den anderen vom geschäftlichen Verkehr abzusperren und zwar dadurch, daß man selbst nicht mit ihm in geschäftliche Beziehungen tritt und auch andere zum Abbruch bzw. zur Nichtaufnahme geschäftlicher Beziehungen auffordert.
Betriebsverfasssung
Unter Betriebsverfassung versteht man jene gesetzlichen Bestimmungen, welche die Organisation der Arbeitnehmerschaft im Betrieb und Unternehmen regeln.
Organisationsschema
Betriebsräte sind nach dem Gesetz in allen Betrieben zu errichten, in denen dauernd wenigstens fünf Arbeitnehmer beschäftigt sind, die das 18.Lebensjahr vollendet haben. Die Mitglieder des Betriebsrates werden aufgrund des gleichen, unmittelbaren und geheimen Wahlrechtes für vier Jahre gewählt. Je nach der Zahl der wahlberechtigten Arbeitnehmer hat der Betriebsrat eine verschieden hohe Anzahl von Mitgliedern:
Skizze
Welche Organe der Betriebsvertretung in den einzelnen Betrieben bzw. Unternehmen zu bilden sind, hängt sowohl von der Zahl der Arbeitnehmer (jugendliche Arbeitnehmer) wie auch von der Organisation des Unternehmens (Anzahl der Betriebe ) ab.
Skizze
Der Betriebsrat
Er ist das wichtigste Organ zur Vertretung der Arbeitnehmerinteressen im Betrieb.
Aufgaben:
Der Betriebsrat hat die Interessen der Arbeitnehmer des Betriebs auf wirtschaftlichem, sozialem, gesundheitlichem und kulturellem Gebiet wahrzu-nehmen.
Befugnisse
Damit der Betriebsrat seine Aufgabe erfüllen kann, hat ihm das Gesetz verschiedene Befugnisse eingeräumt. Diese Rechte des Betriebsrates kann man nach zwei verschiedenen Gesichtspunkten unterscheiden : Einerseits nach der Stärke (Intensität), mit der der Betriebsrat an den Entscheidungen des Betriebsinhabers mitwirkt, andererseits nach den Angelegenheiten, i denen Mitwirkungsbefugnisse bestehen.
Man unterscheidet :
1) Allgemeine Befugnisse
- Überwachungsrechte
- Interventionsrechte
- Informationsrechte
- Beratungsrechte
- Errichtung und Verwaltung von Wohlfahrtseinrichtungen
2) Mitwirkung in sozialen Angelegenheiten
- Mitwirkung bei Berufsbildungs-u.Schulungsmaßnahmen der Arbeitnehmer
- Mitwirkung an Verwaltung von Wohlfahrtseinrichtungen, die der Arbeitgeber für die Arbeitnehmer errichtet.
- Zustimmungspflichtige Maßnahmen, z.B.
Einführung von Disziplinarordnungen
Einführung von Kontrollmaßnahmen, welche die Menschenwürde berühren
Einführung und Regelung von Leistungslöhnen
- Abschluß von Betriebsvereinbarungen
3) Mitwirkung in personellen Angelegenheiten
- Information-u.Beratungsrechte bei Einstellung von Arbeitnehmer
- Mitwirkung bei Disziplinarmaßnahmen gegen einzelne Arbeitnehmer
- Beratungsrecht bei Beförderung von Arbeitnehmer und Vergabe von Werkwohnungen
- Zustimmung zur dauernden Versetzung eines Arbeitnehmers
- Anfechtung von Kündigungen und Entlassungen
4) Mitwirkung in wirtschaftlichen Angelegenheiten
- Informations-, Interventions- u. Beratungsrechte über wirtschaftliche Lage
des Betriebes und bei Betriebsänderung und Stillegung
- Mitwirkung im Aufsichtsrat : Der Zentralbetriebsrat entsendet 1/3 der Aufsichtsratsmitglieder als Arbeitnehmer -Vertreter
- Einspruch gegen die Wirtschaftsführung des Betriebes: In größeren Betrieben kann der Betriebsrat eine staatliche Wirtschaftskommission anrufen.
Rechtsstellung der Betriebsratsmitglieder
Damit die Betriebsratsmitglieder ihre Intressenvertretungsaufgaben erfüllen können, hat ihnen das Gesetz besondere Rechte eingeräumt.
Die Betriebsratsmitglieder
- sind bei der Ausübung ihrer Funktion an keine Weisung gebunden
- dürfen wegen Ausübung ihrer Tätigkeit nicht benachteiligt werden
- haben Anspruch auf die zur Erfüllung ihrer Aufgaben notwendigen Freizeit unter Fortzahlung ihres Arbeitsentgeltes
- haben Anspruch auf Bildungsfreistellung
- haben Anspruch auf Ersatz ihrer Barauslagen
- genießen einen besonderen Kündigungs- und Entlassungsschutz.
Die Vertretung des Betriebsrates
Sie obliegt dem von den Mitgliedern des Betriebsrates aus ihrer Mitte gewählten Vorsitzenden.
Der Betriebsratsfonds
Er hat folgende Aufgaben:
1. Deckung der Kosten, die durch die Geschäftsführung des Betriebsrates entstehen
2. Finanzierung der Wohlfahrtseinrichtungen zugunsten der Arbeitnehmer
Die Betriebsversammlung kann die Einhebung einer Betriebsratsumlage beschließen. Aus dieser Umlage wird der Betriebsratsfonds finanziert.
Der Zentralbetriebsratsfonds
Auf Unternehmensebene kann ein Zentralbetriebsratsfonds eingerichtet werden. Seine Organisation und Aufgaben sind ähnlich dem Betriebsratsfonds.
Der Betriebsausschuß
Er nimmt auf Betriebsebene diejenigen Angelegenheiten wahr, welche beiden Arbeitsnehmergruppen gemeinsam sind.
Der Zentralbetriebsrat
Er wird von der Gesamtheit aller Betriebsräte des Unternehmens bestellt. Seine Aufgabe ist die Ausübung der (wirtschaftlichen) Mitwirkungsbefugnisse auf Unternehmensebene. Weiters die Wahrnehmung von Mitwirkungsbefugnisse , welche die Interessen der Arbeitnehmer mehrerer Betriebe berühren.
Die Betriebsversammlung
Sie hat den Wahlvorstand für die Betriebsratswahl zu bestellen, die Berichte des Betriebsrates zu behandeln, die Einhebung einer Betriebsratsumlage und die Bestellung von Rechnungsprüfern zu beschließen und allenfalls die Enthebung des Betriebsrates vorzunehmen. Sie wird vom Betriebsrat mindestens einmal pro Jahr einberufen.
Die Betriebsräteversammlung
Sie besteht aus der Gesamtheit der Betriebsratsmitglieder des Unternehmens. Ihr obliegt die Behandlung der Berichte des Zentralbetriebsrates, Beschlußfassung über die Einhebung einer Zentralbetriebsratsumlage, die Bestellung von Rechnungsprüfern und die Enthebung des Zentralbetriebsrates.
Der Jugendvertrauensrat
Der für die Dauer von zwei Jahren von der Jugendversammlung gewählte Jugendvertrauensrat hat im Zusammenwirken mit dem Betriebsrat die besonderen Interessen der jugendlichen Arbeitnehmer des Betriebes zu vertreten.
Arbeits-u.Sozialgerichtsbarkeit
Die Besonderheiten des Arbeitsrechtes zeigen sich auch im Verfahrensrecht. Für die Entscheidung über arbeitsrechtliche Ansprüche sind besondere arbeitsrechtliche Senate bei den Gerichtshöfen 1.Instanz (Landesgerichte), in Wien ein eigenes Arbeits-u.Sozialgericht zuständig.
Zuständigkeit
Aufgrund des Arbeits-u.Sozialgerichtsgesetzes entscheiden diese Senate ausschließlich u.a.:
- über Rechtsstreitigkeiten zwischen Arbeitgebern und Arbeitnehmern im Zusammenhang mit dem Arbeitsverhältnis
- über Rechtsstreitigkeiten zwischen Arbeitskollegen im Zusammenhang mit der
gemeinsamen Arbeit
- über Streitigkeiten, die sich aus der Betriebsverfassung ergeben (z.B. besonderer Kündigungsschutz)
Zusammensetzung
Die arbeitsrechtlichen Senate bestehen in 1.Instanz aus einem Berufsrichter als Vorsitzender und zwei fachkundigen Laienrichtern, wovon je einer aus dem Kreise der Arbeitnehmer und der Arbeitgeber über Vorschlag der gesetzlichen Intressenvertretungen ernannt wird. In 2.Instanz (Oberlandesgerichte) entscheiden Senate aus drei Berufsrichtern und zwei fachkundigen Laienrichtern, ebenso in 3.Instanz (Oberster Gerichtshof).
Besondere Verfahrensregeln
Grundsätzlich sind die Vorschriften über das zivilgerichtliche Verfahren anzuwenden, doch gelten Besonderheiten, die eine möglichst rasche einfache und billige Durchführung der Rechtsstreitigkeiten gewährleisten sollen.
Das Bundeseinigungsamt
Zuständigkeit
Das Bundeseinigungsamt beim Bundesministerium für soziale Verwaltung hat vor allem rechtsetzende Aufgaben, z.B.
- Erlassung von Mindestlohntarifen
- Satzungserklärug von Kollektivverträgen
- Evidenz der Satzung und Mindestlohntarife
Zusammensetzung
Das Bundeseinigungsamt besteht aus einem Vorsitzenden sowie Mitgliedern, die von den zuständigen Interessensvertretungen der Arbeitgeber und Arbeitnehmer vorgeschlagen werden. Es verhandelt und entscheidet in Senaten. Dem Senat gehören der Vorsitzende und mindestens je zwei Mitglieder von Arbeitgeber-und Arbeitnehmerseite an.
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