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Referat M. TULLIUS CICERO - LEBEN UND WERK - Jugend und Ausbildung, Amtertaufbahn, Exil und RückkehrProkonsulat, Nach Caesars Tod, Der Schriftsteller

biographien referate

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M. Tullius Cicero

Leben und Werk



Über Cicero ist aus der Antike reichlich Material erhalten. Die bedeutend­sten Quellen sind die über 800 erhaltenen Briefe aus seiner Korrespondenz (16 Bücher "Ad familiares," 16 Bücher an seinen Freund und Verleger T. Pom­ponius Atticus, "Ad Atticum", und 3 Bücher "Ad Quintum fratrein"), zahlreiche Selbstzeugnisse in seinen anderen Werken und eine von Plutarch (um 46 bis nach 119) in griechischer Sprache verfaßte Biographie.



Jugend und Ausbildung


Wie so viele bedeutende Vertreter des Römertums ist auch Marcus Tullius Cicero - der Beiname der Familie wird auf "cicer", die Kichererbse, zurückgeführt - nicht in Rom geboren, sondern am 3. Jänner 106 in Arpinum, einer kleinen Landstadt ungefähr 100 Kilometer südöstlich von Rom. Sein Vater gehörte dem politisch zweitrangigen "ordo equester", dem Ritterstand, an und hatte als Bürger von Arpinum das Stimmrecht in der "tribus cornelia" in Rom, einem der städtischen Wahlbezirke. Allerdings fehlte es der Familie nicht an Verbindungen zur römischen Nobilität, und so konnten den Söhnen, Marcus und seinem vier Jahre jüngeren Bruder Quintus, in Rom die besten Voraussetzun­gen für Ausbildung und politische Karriere geschaffen werden. Als junger Mann wurde er im festlichen Zug aufs Forum geleitet, und dort erfolgte die Eintragung in die Bürgerliste. Anschließend wurde er der römischen Sitte gemäß in der Form der "deductio" führenden Persönlichkeiten des öffentlichen Lebens beigegeben, in deren Gefolge wurde er Zeuge des Wirkens der Politiker auf dem Forum und im Senat und lernte so die politische Praxis kennen. Der hochverehrte Crassus war 91 v. Chr. gestorben und Cicero kam zu einem berühmten Rechtsgelehrten, dem Augur Quintus Mucius Scaevola. Dieser hatte im Jahre 117 v. Chr. das Konsulat inne gehabt. Cicero nahm an den Rechtsberatungen des Scaevola teil und legte damit den Grundstein zu seiner profunden Kenntnis des privaten und öffentlichen Rechts. Nach dem Tode des Augurs kam er zu einem weiteren Mitglied dieser Familie, dem Pontifex Scaevoila bei dem er seine Studien weiterführte. Doch als auch dieser verstarb, beendete Cicero seine Ausbildung und leistete unter Pompeius Strabo sein Militärjahr. Großen Ein­druck auf Cicero machte danach der aus Athen emigrierte Philosoph Philon von Larissa, der lehrte, man könne durch das Erörtern von Für und Wider (in utramque partem disputare) der Wahrheit am nächsten kommen. Dafür die besten Gesichtspunkte zu ermitteln, war wesentlicher Teil der Rhetorik und wurde als "inventio" bezeichnet (Auffindung des Themas). In einem nicht vollendeten Lehrbuch der Rhetorik mit dem Titel "Rhetorici libri", auch "De inventione" genannt, legte Cicero die Ansicht dar, daß entgegen der gängigen Meinung Rhetorik mit Philosophie verbunden werden müsse.

Das eigentliche Ziel Ciceros war jedoch, wie seine Vorbilder, die Redner Crassus (140-91) und Antonius (143-87), kraft seiner Rhetorik politisch wirksam aufzutreten. Daß es der ebenfalls aus Arpinum stammende C. Marius auf sieben Konsulate gebracht hatte, obwohl auch er nur ein Neuling (homo novus - ohne frühere Mitglieder seiner Familie im senatorischen Rang) aus dem Ritterstand gewesen war, mag Cicero angespornt haben.



Amtertaufbahn


Die erste veröffentlichte Prozeßrede Ciceros stammt aus dem Frühjahr 81 und handelt von einer Schuldforderung. Hier gelang es Cicero, die berühmten Prozeßredner Philippus und Hortensius zu schlagen. Im nächsten Jahr über­nahm Cicero die Verteidigung in dem Kriminalprozeß "Pro Sexto Roscio Ame­rino" gegen einen Günstling Sullas.

Die aufreibende Prozeßtätigkeit beeinträchtigte Ciceros Gesundheit. Um eine weniger anstrengende Sprechtechnik zu erlernen, aber auch um seine philosophische Bildung zu vertiefen, entschloß er sich zu einer Reise (79-77). Zunächst studierte er in Athen an der Akademie, der von Platon (428/27-348/47) gegründeten Philosophenschule. Nach Studien in Klein­asien traf er in Rhodos auf den Rhetor Apollonios Molon, der unter dem Eindruck einer Redeübung Ciceros gesagt haben soll: ,,Dich, Cicero, lobe und bewundere ich, aber Griechenlands Schicksal beklage ich, da das einzige, was uns noch geblieben war, Bildung und Redekunst, durch dich auch noch auf die Römer überging' (Plutarch 4,7).

Nach Rom zurückgekehrt, setzte Cicero seine Anwaltstätigkeit fort. Im Jahr 76 wurde er zum Quästor gewählt, damit hatte er die erste Stufe des "cursus honorum" erreicht. Er erhielt 75 Lilybaeum (am Westkap Siziliens, j. Marsäla) als Amtsgebiet. Seine wichtigste Aufgabe war es, die für den Staat notwendig gewordene Getreideversorgung sicherzustellen, die er mit einer für damalige Verhältnisse geradezu einzigartigen Gewissenhaftigkeit und Unbestechlichkeit erfüllte. Nach der Quästur gehörte Cicero in Rom nunmehr dem Senat an. Um in der Amterlauf­bahn aufzusteigen, setzte er sich als "patronus" im Bemühen um künftige Wähler für Hilfesuchende aller Schichten ein.

Gaius Verres, ein Vornehmer ("nobilius") mit weitreichenden Verbindungen in Rom, hatte 73-71 als Statthalter die Provinz Sizilien verwaltet und übler gehaust als in einem feindlichen Land. Die bis auf den letzten Blutstropfen ausgesogenen Sizilier konnten erst nach Ablauf seiner Amtszeit einen Versuch unternehmen, Verres zur Rechenschaft zu ziehen. Die Siziler wandten sich an ihren früheren Quästor Cicero und erinnerten ihn an sein Versprechen, ihnen zu helfen. Er konnte sich also der Bitte dieser nicht entziehen und reichte als deren "patronus" anfang des Jahres 70 v. Chr. die Klage gegen Verres ein. Aus dem Prozeß gegen Verres ging er endgültig als der unbestritten beste Prozeßredner Roms hervor.

Als Adil kam Cicero im Jahr 69 der diesem Amt zukommenden Organisation der öffentlichen Spiele nach. 66 war er Prätor. Zu den wichtigsten Aufgaben des Prätors gehörte das Richteramt und die Übernahme des Gerichtsvorsitzes. Cicero erhielt den Vorsitz im Repetuntengerichtshof, nach seinem Auftretten im Verres-Prozeß erschien er als der berufene Mann für dieses Amt. Das Wort des Prätors besaß politisches Gewicht, und seine Stellungnahme zu politischen Fragen konnte ihm entweder Gegner oder Helfer bei seiner Wahl zum nächsthöheren Amt, dem Konsulat einbringen. Cicero hielt seine erste politische Rede als Prätor in einer Volksversammlung. Reden vor Gericht, die dem rhetorischen "genus iudiciale" zugeordnet wurden, zum "genus deliberativum", der beratenden Art der Rede.

In der Rede "De imperio Cn. Pompei" setzte er sich für den Oberbefehl des Pompeius im Mithridatischen Krieg ein. Er sah die Notwendigkeit, ihn nicht der Senatspartei zu entfremden und ihn nicht völlig ins populare Fahrwasser geraten zu lassen - auch der Quaestorier Caesar sprach für den Antrag - , zugleich fühlte sich Cicero aber auch persönlich zu dem ritterbürtigen Standesgenossen hingezogen, weil dieser gerade wie er die Ressentiments der Adelskaste zu spüren bekam. So weiß Cicero in der Rede vielsagend darauf hin, wie ungewöhnlich und unglaublich es sei, das ein römischer Ritter zu all diesen Ehren emporgestiegen sei, und dazu noch ohne die Amterlaufbahn ordnungsgemäß absolviert zu haben. Pompeius erhielt den Oberbefehl und kehrte erst 61 siegreich aus Kleinasien zurück.

Weiters verteidigte Cicero zur Förderung seiner politischen Laufbahn im Jahr 66 sogar einen ehemaligen Gegner.

Um auf dem Wege zum Konsulat nicht behindert zu werden, ließ sich Cicero nach Ablauf seiner Prätur von der Verpflichtung befreien, eine Provinz zu übernehmen. Von seinen Gegenkandidaten betrieben hauptsächlich C. Anto­nius Hybrida und L. Catilina unverhohlen Wählerbestechung, was den Senat zum Beschluß eines verschärften Gesetzes gegen "ambitus" (unerlaubte Wahlwerbung) veranlaßte. Als ein Volkstribun dagegen Einspruch erhob, nutzte Cicero die Gelegenheit zu seiner "Oratio in toga candida" (die reinweiße Toga des Amtsbewerbers, des "Kandidaten"), einer Wahlrede, in der er die verbre­cherischen Umsturzpläne seiner beiden gefährlichsten Konkurrenten um das Konsulat aufdeckte und sich selbst als den "defensor" des röm. Volkes ankün­digte. Sein Bruder Quintus sagt über seine Gegner, "sie seien zwar von Adel, aber ausgemachte Lumpen. In ihrem Falle wage man sogar nicht einmal das sonst unweigerlich auftauchende Argument zu gebrauchen, daß ihr Adel sie mehr empfehle als andere ihre Tüchtigkeit" und weiters " der Ruhm Ciceros als Redner sei sein Hauptvorteil - darauf müsse er alles abstellen".

Schließlich wurde Cicero für das Jahr 63 mit den Stimmen sämtlicher Zenturien (Einheiten der Volksversammlung) zum Konsul gewählt. Sein Kol­lege wurde C. Antonius, dem der Cicero nahestehende P. als Quästor zugeteilt war.

Als Konsul wandte sich Cicero zunächst gegen das Plebiszit (in der Ver­sammlung der Plebs gefaßter Beschluß) einer Landverteilung, ein seit den Gracchen ungelöstes Problem. In seinem Gegenvorschlag für eine "lex agraria" versuchte er, sowohl den Bedürftigen der Großstadt ausreichenden Grundbe­sitz zuzuteilen als auch die bisherigen Grundbesitzer gerecht zu entschädigen. Seine drei Reden "De lege agraria" führten zu einem Sieg der Autorität des Senats.

Den größten und zugleich verhängnisvollsten Erfolg seiner politischen Lauf­bahn errang Cicero mit der Aufdeckung der Verschwörung des Catilina. Als dieser nämlich auch bei den Wahlen des Jahres 63 das Konsulat verfehlte, konnte ihn nichts mehr von seinen Umsturzplänen abhalten. Aus Ciceros vier Reden "In L. Catilinarn" und aus Sallusts historischem Werk "Bellum Catilinae" läßt sich das Geschehen der Verschwörung nachvollziehen. Durch seine erste Rede zwang er Catilina zum Verlassen der Stadt, doch blieb eine Anzahl seiner Genossen zurück. Cicero teilte in seiner zweiten Rede das Vorgefallene dem Volke mit und beruhigte die Bürger. Durch Briefe der Catilinarier an eine damals in Rom weilende Gesandtschaft der Allobroger wurden ihre Pläne aufgedeckt. In der Nacht zum 3. Dezember wurden die Verschwörer verhaftet. Die dritte Rede berichtet darüber dem Volke. Die entscheidende Senatssitzung war am 5. Dezember. Der designierte Konsul Silanus stimmte für die Hinrichtung. Caesar warnte davor, da gesetzmäßig die Tötung eines römischen Bürgers ohne Gerichtsurteil unstatthaft sei, und beantragte lebenslängliche Haft und Vermögenseinziehung. Cicero sprach in seiner vierten Rede für den Antrag des Silanus, dem auch Cato zustimmte, und dieser Antrag ging durch. Noch in derselben Nacht wurden die Gefangenen im Tullianum erdrosselt. Ein Dankfest wurde beschlossen und Cicero stand auf der Höhe seines Ruhmes, man feierte ihn als "pater patriae". Zu Beginn des Jahres 62 wurde Catilina, der in Etrurien ein Heer gesammelt hatte, von dem Senatsheer bei Pistoria geschlagen und fiel selbst in der Schlacht.


Exil und Rückkehr


Cicero trat vehement gegen Caesars antisenatorische Politik auf, weshalb dieser ihn auszuschalten trachtete; dabei bediente er sich eines Mittelsmannes:

Er verhalf dem Patrizier P. Claudius, einem Feind Ciceros, das Volkstribunat zu erlangen, indem er ihm den Übertritt in den Plebejerstand ermöglichte. Als Clodius (plebejische Namensform) brachte dieser dann im Jahr 58 ein Gesetz durch, das sogar rückwirkend die Achtung dessen verlangte, der einen röm. Bürger ohne ordentliches Gerichtsverfahren und ohne Zustimmung des Vol­kes habe hinrichten lassen. Daraufhin sah sich Cicero gezwungen, ins Exil zu gehen Er begab sich zunächst nach Dyrrhachion, j. Durrez, Albanien, dann nach Thessalo­nike. Inzwischen ließ Clodius durch seine Straßenbanden Ciceros Haus auf dem Palatin und sein Landhaus in Tusculum (Villenvorort in der Nähe Roms) zerstören. Als der Terror immer unerträglicher wurde, stellten die Volkstribu­nen T. Annius Milo und P. Sestius eigene Gegentruppen auf. Erst durch deren Schutz wurde es möglich, daß man sich für Cicero im Senat einsetzte. Endlich sprach auch Pompeius für die Rückkehr Ciceros. Mit Beifall und Glückwün­schen wurde Cicero bei seiner Heimkehr empfangen. Seine Freude darüber brachte er in den Dankesreden an den Senat und an das Volk zum Ausdruck. Als P. Sestius, der wesentlich an der Rückberufung Ciceros beteiligt gewesen war, von den Hintermännern des Clodius wegen Gewaltanwendung (de vi) angeklagt wurde, nutzte Cicero in der Verteidigungsrede Pro Sestio die Gelegenheit, sein politisches Programm darzulegen und zum "consensus omnium bonorum", d. h. aller verfassungstreuen Bürger, aufzurufen. Die Er­neuerung des Triumvirats zwischen Caesar, Pompeius und Crassus machte allerdings diese Hoffnungen Ciceros zunichte, und er mußte sich dem Druck der Mächtigen beugen. So führte er in der Rede "De provinciis consularibus" für Caesar rechtliche Gründe an, warum dieser nicht aus Gallien zurückbeordert werden dürfe. In der Politik ausgeschaltet, beschäftigte sich Cicero in den Jahren 55 bis 51 mit wissenschaftlichen Arbeiten, aus denen rhetorische und philosophische Schriften hervorgingen. In der Öffentlichkeit trat er nur als Sachverwalter auf, so verteidigte er den T. Annius Milo, der der Mitschuld an Clodius´ Ermordung (52) angeklagt war; doch mußte dieser trotzdem nach Massila in die Verbannung gehen.



Prokonsulat


Ehemalige Konsuln waren gesetzlich verpflichtet, als Prokonsuln für minde­stens ein Jahr die Verwaltung einer Provinz zu übernehmen. Daher mußte auch Cicero - gegen seinen Willen - im Sommer 51 in die Provinz Cilicien (im Südwesten Kleinasiens) aufbrechen. Dort zeichnete er sich (wie schon als Quästor in Sizilien) durch unbestechliche und gerechte Amtsführung aus. In Kämpfen gegen die Parther, bei denen er von seinem durch Caesar in den Gallischen Kriegen ausgebildeten Bruder Quintus wesentlich unterstützt wurde, war er so erfolgreich, daß seine begeisterten Soldaten ihn durch Zuruf mit dem Titel "imperator" auszeichneten.



Bürgerkrieg


Inzwischen war der Gegensatz zwischen Pompeius und Caesar immer stär­ker geworden. Wenige Tage nach Ciceros Rückkehr aus seiner Provinz über­schritt Caesar mit seinen Soldaten den Fluß Rubico und eröffnete durch dieses bewaffnete Vordringen gegen Rom den Bürgerkrieg (49 v. Chr.). Cicero hatte zu vermitteln versucht, jedoch ohne Erfolg. Vielmehr hatte der Senat gegen Ciceros Stimme durch ein "senatus consultam ultimum" den Not­stand ausgerufen, Caesar zum Staatsfeind erklärt und Pompeius den Oberbe­fehl übertragen. Nach langem inneren Ringen, wem er sich anschließen sollte, entschied sich Cicero für Pompeius, nahm aber an den Kämpfen nicht teil. Als nach der Niederlage von Pharsalos und der Ermordung des Pompeius im Jahr 48 Cato d. J. dem ranghöheren Cicero den Oberbefehl über die restlichen Trup­pen des Pompeius anbot, lehnte dieser ab und wäre daraufhin beinahe von fanatischen Pompejanern erschlagen worden.



Unter Caesar


Die Hauptstadt befand sich nunmehr vollständig in den Händen der Caesa­rianer. Nach einem Jahr bangen Wartens im süditalischen Brundisium (jetzt Brindisi) traf Cicero endlich mit dem von Kämpfen in Agypten und Kleinasien heimkehrenden Caesar zusammen und erhielt die Erlaubnis zur Rückkehr nach Rom. Er sah sich aber dazu genötigt, dem öffentlichen Leben völlig fernzubleiben. Nur als Verteidiger trat er für die Begnadigung nahestehender Persönlichkeiten ein z.B. in den Reden "Pro Marcello", "Pro Ligario" oder "Pro Deiotaro".

In dieser Zeit entstanden die Werke "Brutus" und "Orator", die sich mit der Geschichte der römischen Redekunst und der Theorie der Rhetorik befaßten. Im Frühjahr 45 starb Ciceros Tochter Tullia, was ihn tief erschütterte. In dieser Lage nahm er Zuflucht zur literarischen Gattung der "consolatio" (einer Trostschrift an sich selbst) und erneut zu philosophischer Schriftstellerei.



Nach Caesars Tod


Da M. Antonius die Nachfolge Caesars beanspruchte, galt es für Cicero, der sich jetzt als der eigentliche Repräsentant der "res publica" fühlte, ihm den Kampf anzusagen. Immerhin hatte ja der Caesarmörder Brutus nach der Tat Ciceros Namen gerufen und ihn zur wiedererlangten Freiheit beglückwünscht. In 14 Reden - in Erinnerung an die Reden des Demosthenes gegen König Philipp von Makedonien, welcher der griechischen Demokratie ein Ende bereitet hatte (im Jahr 338 durch die Schlacht bei Chaironeia), Orationes Philippi­cae genannt, ein Begriff, der bis heute für die Bezeichnung einer Brandrede verwendet wird - trat Cicero energisch gegen Antonius auf und versuchte den Senat zu überzeugen, Antonius für einen Staatsfeind zu erklären. Ein letztes Mal hoffte er auf die Verwirklichung der "concordia omnium bonorum", mit denen er jetzt eine Front gegen Antonius bilden wollte. Doch Ciceros Hoffnungen wurden zerschlagen, als Antonius sich mit C. Caesar Octavianus (dem späte­ren Kaiser Augustus) verbündete, den Caesar testamentarisch adoptiert und zum Erben eingesetzt hatte. Auf Betreiben des Antonius wurde Cicero geäch­tet und der Überlieferung nach am 7. Dezember 43 ermordet. Seiner Leiche wurden Kopf und Hände abgeschlagen und dem Wunsch des Antonius gemäß auf den "rostra" (Rednerbühne) in Rom ausgestellt.



Der Schriftsteller


Den schriftstellerischen Ertrag von Ciceros Tätig­keit als Staatsmann und Anwalt stellen die Reden dar, deren wichtigste und bedeutendste in seiner Lebensbeschreibung angeführt wurden. Dort ist auch erwähnt, daß Cicero Werke über die Theorie der Beredsamkeit und über verschiedene Fragen der Philosophie verfaßt hat. In der ersten, der wissenschaftichen Schriftstellerei gewidmeten Ruhepause (nach seinem Konsulat) vollendete Cicero die Schrift ,,De oratore'. In drei Büchern behandelt sie das Wesen des Redners, seine Ausbildung, die Auffindung des Stoffes, seine Einteilung, Einprägung, den rednerischen Stil und die Vortragskunst. Die zweite Schrift ,,De re pub­lica' (54), in sechs Büchern, hat Plato als Vorbild und beschäftigt sich eingehend mit der besten Staatsform. Die drei Bücher ,,De legibus' ergänzen diese Schrift, untersuchen die Grundlagen des Rechtes und geben auch Vorschläge für sakrale und Verfassungsgesetze. Die Hauptwerke der zwei­ten Periode (nach seiner Rückberufung aus der Verbannung) sind: ,,Brutus de claris oratoribus', eine Geschichte der römischen Beredsamkeit, der ,,Orator', das Idealbild des Redners, beide 46. Im verlorenen ,,Hortensius' hat Cicero den Wert und die Bedeutung der Philosophie erörtert und zur Beschäftigung mit ihr ermahnt. 45 erschien das be­deutendste der philosophischen Werke Ciceros "De finibus bonorum et malorum"; es handelt über die Lehren vom höchsten Gut und vom größten Übel. An dieses reihen sich in demselben Jahre die ,,Tusculanarum diputationum libri quinque' an, die in leicht faßlicher Art ethische Fragen erörtern. Die folgenden ,,De natura deorum libri tres' sind Untersuchungen über die Entstehung und Erhal­tung der Welt und über das Walten der Gottheit. ,,Cato maior de senectute" sucht nach griechischen Vorbildern die Vorwürfe, die gewöhnlich gegen das Greisenalter erhoben werden, durch den Mund des alten Cato zu widerlegen. Als Cäsar ermordet wurde, schrieb Cicero eben an den zwei Büchern "De divinatione". Sie behandeln die Frage nach Möglichkeit und Umfang der Weissagekunst. Die ,,Academica' setzen sich mit den damaligen Er­kenntnisproblemen kritisch auseinander. ,,De officiis' ist ein wichtiges Handbuch der Pflichtenlehre. Im ,,Laelius de amicitia', einem Dialog, den Ciceros Freund Atticus gewidmet ist, läßt er C. Laelius, einen Freund Scipios, seine Gedanken über Wert und Wesen der Freundschaft entwickeln.

Außer den Reden, den rhetorischen und philo­sophischen Schriften sind uns von Cicero vier große Briefsammlungen erhalten, drei Sammlungen von Briefen an je einen Empfänger und eine mit Briefen an verschiedene Empfänger. Diese umfaßt in 16 Büchern die sogenannten ,,epistulae ad famil­iares". Die Empfänger der anderen erhaltenen Sammlungen sind Ciceros Bruder Quintus (3 Bücher mit Briefen aus den Jahren 60-54), T. Pompo­nius Atticus (16 Bücher aus der Zeit 68-44), M. Junius Brutus (2 Bücher aus dem Jahre 43). Das gesamte Erleben Ciceros spiegelt sich in seinen Briefen wider, so daß sie uns den besten Einblick in alle Lebenslagen geben, von denen er Freunden Mitteilung machte. Neben diesem Inhalt sind sie heute ebenso wie seine Reden Quelle für die Kenntnis der damaligen Zeitvorgänge, indem sie uns viele Tatsachen für das Verständnis der Vor­gänge im öffentlichen und privaten Leben darbieten.

Die nach den Lehren griechischer und lateini­scher Rhetoren gebauten Reden galten für alle Jahrhunderte als mustergültig. Durch seine sprach­lich formvollendeten und planvoll aufgebauten Reden wurde Cicero zum Schöpfer der latei­nischen Kunstprosa, die in seinen rhetorischen und philosophischen Schriften ebensolche Meister­werke aufzuweisen hat. Seine Sprache gilt neben der Cäsars als das mustergültige klassische Latein. Auf philosophischem Gebiete hat er das Verdienst, für die Römer und in der Folge auch für das ganze Abend­land der Vermittler der Leistungen hellenischer Den­ker geworden zu sein. Seine rhetorischen und philo­sophischen Schriften sind aber auch wichtige Zeug­nisse für seine Zeit selbst, die es ermöglichen, diese in den großen Zusammenhang der europäischen Kulturentwicklung einzuordnen und die Eigenart der römischen Bildung zu erkennen, die uns auch heute noch wichtig ist. Wenn Cicero trotz seiner hohen geistigen Begabung und seines lauteren Charakters als Persönlichkeit nicht gleich groß war wie als Schriftsteller, so liegt der Grund in der Selbstüber­schätzung, namentlich seiner staatsmännischen Fähigkeiten, und in seinem schwankenden Wesen. Doch hat er als Staatsmann und Beamter achtungs­werte Leistungen vollbracht. Daß sie nicht größer waren, ist an seiner Zeit gelegen, die nur für Parteiführer ein aussichtsreiches Betätigungsfeld bot. Doch hat ihn menschlich sein mit wahrhaft philosophischem Gleichmut ertragener Tod groß gemacht.




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