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Eins der drei Vitamine, die heutzutage im industriellen Maßstab mit Hilfe von Pilzen hergestellt werden, ist das Riboflavin ( Vitamin B2). Das ausgerechnet dieses Vitamin mit Hilfe von Pilzen hergestellt wird, hat mit der langen Tradition der Erforschung von Riboflavin überproduzierenden Pilzen zu tun. Schon 1940 versuchte man es mit Hilfe von Eremothecium ashbyi biotechnologisch herzustellen. 1965 starteten 3 voneinander unabhängige Unternehmen den Versuch Vitamin B2 mit Ashbya gossypii herzustellen. 3 Jahre später wurden diese Versuche abgebrochen, da sie wirtschaftlich nicht mit der chemischen Synthese konkurrieren konnten. 1974 wurde der Fermentationsprozess wieder aufgenommen. Heute produziert BASF, eine der marktführenden Firmen in der Vitaminproduktion, über 1000 Tonnen Riboflavin jährlich auf biotechnologischem Wege.
Auch andere Firmen, wie Hoffmann-La Roche und Merck, planen ihre chemische Riboflavinproduktion zukünftig durch Fermentationsprozesse zu ersetzen.
Außer der Tatsache, dass durch die bereits relativ lange Nutzung von Ashbya gossypii als Riboflavinlieferant den Wissenschaftlern mittlerweile alle entscheidenden Enzyme und Stoffwechselschritte bekannt sind, besitzt dieser Pilz für die industrielle Nutzung noch einen entscheidenden Vorteil: Es handelt sich um einen natürlichen Riboflavin-Überproduzenten. Das hat den Vorteil, dass der Pilz nicht erst genetisch verändert werden muss, damit er das Vitamin ausscheidet.
Der gesamte Stoffwechsel von Ashbya gossypii findet in verschiedenen Zellkompartimenten statt. Das Triglycerid aus dem Außenmedium wird, wenn Pflanzenöl als Kohlenstoffquelle verwendet wird, aufgenommen und ins Cytoplasma transportiert. Dort wird es in Fettsäuren zerlegt und in das Peroxisom transportiert, wo es mit Hilfe von AcetylCoA und Isocitrat zu Malat umgebaut wird. Das Malat wird dann im Cytoplasma über GTP zu Riboflavin umgebaut und entweder in der Zellvakuole gespeichert oder an das Außenmedium abgegeben.
Die eigentliche Vitaminproduktion beginnt erst mit dem Guanosintriphosphat im Cytoplasma. Über mehrfache enzymatisch katalysierte Reaktionsschritte wird das GTP unter zu Hilfenahme von Ribulose-5-Phosphat in Riboflavin umgewandelt. Da den Wissenschaftlern diese Stoffwechselreaktionen, bis auf ein einziges Enzym, das einen Dephosphorilisationsschritt katalysiert, komplett bekannt sind, konzentriert sich nun die Forschung darauf, die Vitaminausbeute von Ashbya gossypii zu optimieren.
Die Produktivität kann durch
verbesserte Ausgangssubstanzen,
verbesserte Mutanten von Ashbya gossypii
künstlich hervorgerufene vergrößerte Genaktivität
gesteigert werden.
Die Wissenschaftler haben bereits herausgefunden, dass das Außenmedium Glycin und Threonin enthalten sollte, da diese beiden Aminosäuren für die GTP-Synthese von dem Pilz gebraucht werden. Und GTP ist ein Vorläufer des Riboflavin im Stoffwechselprozess von Ashbya gossypii.
Außerdem wurden für die industrielle Produktion von Riboflavin Mutanten ausgewählt, die resistent gegenüber Itaconat sind, da dieser Stoff die Isocitrat Lyase Aktivität hemmt und dadurch auch die Riboflavinproduktion.
Des weiteren wurden Mutanten ausgewählt, die eine vermehrte Produktion von Threoninaldolase aufwiesen. Die Threoninaldolase ist für die Umwandlung von Threonin zu Glycin verantwortlich. Diese vermehrte Produktion dieses Enzyms wurde durch den Einbau eines starken Promotors in die Erbinformation des Pilzes erreicht. Dadurch wurde der Abschnitt, der das Enzym codiert, vermehrt abgelesen. In der Industrie werden außerdem genetisch veränderte Mutanten verwendet, die durch die gentechnische Veränderung ihres Erbguts einen Teil (AgVMA1) der vakuolische ATPase nicht produzieren. Dieser Teil der ATPase ist normalerweise für den Transport des Riboflavin aus dem Cytoplasma in die Vakuole zuständig, wenn er fehlt wird das gesamte Riboflavin in das Außenmedium abgegeben.
Durch diese Erkenntnisse konnte die Riboflavinproduktion von Ashbya gossypii auf 15g/l gesteigert werden.
Die Auswahl von durch diese oder andere Maßnahmen verbesserten Pilzstämmen ist bei Riboflavin ziemlich einfach, da Riboflavin ins Außenmedium abgeschieden wird und eine auffällig gelbe Farbe hat. Man kann also sofort sehen, ob ein neu angesetzter Pilzstamm produktiver ist als der Parentalstamm oder nicht, da die verbesserten Stämme stärker gelb gefärbt sind. In der Forschung werden Erkenntnisse über die mögliche Verbesserung eines Stammes folgendermaßen gewonnen:
Während einer Fermentation wird mittels einer Pumpe dauernd eine verdünnte Fermenterprobe durch eine Durchflusskammer, die sich auf einem Mikroskoptisch befindet, befördert. Dabei werden mit einer s/w CCD- Kamera, die auf einem Mikroskop montiert ist , Bilder aufgenommen. Die Bildauswertung erfolgt per PC, dadurch lässt sich z.B. die Biomasse während des Fermentationsprozesses bestimmen.
Die Pilzzüchtung von Ashbya gossypii erfolgt nach dem Submersverfahren. D.h., dass die Pilze in der Kulturflüssigkeit, die für Ashbya gossypii aus pflanzlichem Öl mit Threonin, Glycin und anderen Zusätzen besteht, mittels Rühreinrichtung, Begasung oder Pumpsystem suspendiert werden um eine möglichst homogene Verteilung und eine optimale Nährstoffversorgung zu gewährleisten. Wenn Glucose in der Kulturflüssigkeit vorhanden ist, beginnt die Riboflavinproduktion erst, wenn die Glucose vollständig verbraucht ist. Die Forscher vermuten, dass ein Repressionsmechanismus zwischen dem Glucosegehalt und der Riboflavinproduktion besteht. Dies wird zur Zeit aber noch untersucht.
Fazit:
Aufgrund des großen Verbrauchs von Vitaminen in der Human- und Tierernährung und der Suche nach umweltfreundlichen Produktionswegen, wird die biotechnologische Herstellung von Vitaminen in Zukunft wohl weiterhin einen Aufschwung erleben. Mit Hilfe von Mikroorganismen können Vitamine kostengünstiger, umweltschonender und mit Hilfe von nachwachsenden Ressourcen produziert werden. Bei der Fermentation können nachwachsende Rohstoffe wie Sojaöl als Substrat verwendet werden, im Gegensatz zur chemischen Produktion, bei der man immer noch auf Mineralöl angewiesen ist. Falls es den Forschern gelingt, entsprechende Mikroorganismen so zu verändern, dass sie auch andere Vitamine konkurrenzfähig gegenüber der chemischen Produktion herstellen können, so wird sich der Gesamtanteil an biotechnologisch hergestellten Vitaminen in den nächsten Jahren mit Sicherheit noch steigern.
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