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Deutsch-Referat
Die Welt des Geruchs im 1 . Jahrhundert
Patrick Süskinds Roman "Das Parfüm" basiert zum größten Teil auf den wissenschaftlichen- und gesellschaftlichen Erkenntnissen des 18. Jahrhunderts. Der geschichtliche Exkurs, den Patrick Süskind uns durch seinen Roman ermöglicht, hat daher einen hohen Wert an Richtigkeit. In wesentlichen Teilen beruht seine detaillierte Beschreibung der Welt des 18. Jahrhunderts vor dem olfaktorischen Hintergrund auf dem Buch "Pesthauch und Blütenduft" von Alain Corbin.
Die Situation in Frankreich im 18. Jahrhundert
Der Geruchsinn war in allen Bereichen des menschlichen Lebens vernachlässigt worden. Die Philosophen behaupteten, daß der Geruchssinn mit dem Aufbruch in die Neuzeit im Niedergang begriffen ist. Der Geruchssinn galt als Sinn der Lust, der Begierde, der Triebhaftigkeit und somit als etwas animalisches, welches in der Gesellschaft verachtet wurde. Manche waren sogar der Auffassung, daß der Geruchssinn vollkommen überflüssig sei, da der Mensch zum aufrechten Gang bestimmt war und somit schon aus der Ferne erblicken konnte was ihm als Nahrung dienen sollte. Die Gesellschaft war dazu da, um ihn über die Eigenschaften der ihm (den Menschen) eßbaren Stoffe aufzukl ren. Doch dies sollte sich alles ndern!
Die Menschen im 18. Jahrhundert sahen sich einer neuen Bedrohung ausgesetzt: die Luft! Es entsteht ein Wunsch nach reiner Luft und es wächst die Angst vor allem was stinkt. Die Luft ist plötzlich Träger allen Übels und gilt als Ursache für Krankheiten und Tod. Eine Sensibilisierung bricht aus die nicht mehr zu stoppen ist. Diese neue Erkenntnis kam durch den "Fortschritt der Wissenschaft. Damals war die Luft noch ein elementares Fluidum, welches auf den Körper einen direkten Einfluß hat. Die Gelehrten waren sich einig, daß die Luft, die bis jetzt nicht sonderlich beachtet wurde, einen Einfluß auf jedes organische Lebewesen hat. Damit wurde auch die Tragweite des Problems der Luft klar. Wenn jedes Lebewesen auf Luft angewiesen ist und die Art der Luft direkten Einfluß auf das befinden des Lebewesens hat, dann muß es eine immense Vielfalt von Zusammenh ngen zwischen dem menschlichen Leben und der Luft geben. Diese Vielfalt von Zusammenh ngen galt es zu erforschen. Der Geruchssinn fand wieder Einzug in die Wissenschaft. Jeder mußte sich den neuen Regeln des Geruchs in der Wissenschaft beugen. Die Erw hnungen des Geruchs in der Literatur des 18. Jahrhunderts nahm rapide zu. Man ging von der Annahme aus, daß sich der
Luftdruck, die Luftfeuchtigkeit und andere Parameter des Fluidums sich auf den menschlichen Organismus auswirken. Man wußte ebenso, daß das Fluidum in der Lage ist fremde Partikel mit sich zu transportieren. Die Belastung der Luft ndert sich ebenso wie seine physikalische Beschaffenheit nach Zeit und Raum. Der Versuch einer Bestandsaufnahme aller Aufgaben der Luft schien unmöglich, da sie endlos erschienen. Doch einige Versuchten diese Aufgabe zu bewältigen und veranstalteten Versuchsreihen, in denen sie verschiedene Pflanzen verschiedenen Arten von Luft aussetzten, unter Einbeziehung von Jahreszeit, Temperatur und Lichteinfall. Aber an einem zweifelte niemand: die Luft nimmt alle Absonderung der Erde und des menschlichen Körpers auf. Damit galt die Atmosph re als riesen Behälter voll mit Ausdünstungen von Erde, Tier, Pflanzen und Mensch. Man hielt die Atmosphäre für eine gef hrliche Brühe in der sich alles mischt. Man sagte sogar sie w re Auslöser von Epidemien.
1742 formulierte Arbuthnot, daß jedes Tier zum Gebrauch der reinen, natürlichen und freien Luft bestimmt ist. Er war der Meinung, daß sich die Menschen innerhalb der Zeit an den Gestank gewöhnt hätten und ihn als solches nicht mehr bewußt wahrnehmen würden. Weiterhin formulierte er, daß Tiere nicht dieselbe Toleranz gegenüber der Stadtluft bes ßen. Zu dieser Zeit wurde der Anspruch auf das natürliche Recht laut, eine Luft zu atmen die nicht verpestet ist. Daraufhin führte ein Mann namens Hallé einen unermüdlichem Kampf gegen die übelriechenden Miasmen (außerhalb des Körpers gebildete Ansteckungsstoffe, insbesondere Ausdünstungen des Bodens). Hallé war erster Inhaber des 1794 in Paris geschaffenen Lehrstuhls für Hygiene. Er lief das Ufer der Seine ab auf der Suche nach übelriechenden Stoffen und führte Buch über seine Entdeckungen. Er beschr nkte seine Entdeckungsreisen jedoch nicht nur auf die Seine, sondern durchlief ganz Paris. Seine Aufzeichnungen glichen einem Stadtplan, jedoch ohne Hinweise auf etwas sichtbares. Die Entdeckung von diesen Miasmen war in Paris nicht sehr schwer. An jeder Ecke stank es bestialisch. Doch er war nicht der einzige, der sich mit der Bedrohung des Gestanks für die Stadt Paris besch ftigte. Viele taten es ihm gleich. Eine Aufmarsch begann, der ohne weiteres mit einer Hysterie zu vergleichen war. Es wurden aus heutiger Sicht wilde, phantastische Theorien entworfen. 1786 wurde eine Abhandlung über Bauern veröffentlicht, in der geschrieben stand, daß sich diese einer unmittelbaren Gefahr aussetzen, wenn sie nach unten beugen um ihre Arbeit zu verrichten. Das aufpflügen eines Bodens der längere Zeit brach lag, setzt sch dliche Gase frei die die Gesundheit des Bauern bedroht. Die Gase hatten sich in dem brach liegenden Feld gesammelt. Man ging davon aus, daß die erde nicht nur Gase freigibt, sondern auch aufnimmt um sie dann vereinigt an irgendeiner Stelle wieder auszustoßen. Der Gestank, der Krankheit und Leid mit sich bringen sollte war überall. Die Mauern der H user waren verseucht, Krankenh user, Straßen und noch vieles mehr. Man wußte nicht mehr wo man sich hinsetzen sollte um den Uringestank zu entkommen. Das Gegenmittel war natürlich alles was gut roch und somit wuchs die Beliebtheit von flüchtigen, aromatischen, öligen und warmen
Substanzen. Man wollte also mit Parfüm gegen die Pest kämpfen. Paris wird zum Zentrum des Gestankes.
Auch die Medizin war von der Sensibilisierung betroffen. So formulierte Bordeu folgendes: "Jeder organische Teil des lebenden Körpers hat seine eigene Art zu sein, zu wirken und zu riechen . . Außerdem verbreitet jedes Organ in seiner Umgebung in seiner Atmosph re, seinen Bereich unverwechselbarer Ausdünstungen, Geruchsschwaden, die seine Eigenschaften und Merkmale übernommen hat . Bordeu nennt sieben Körperregionen, die man alle an
ihrem Geruch erkennen kann: den behaarten Teil der Kopfhaut, die Achselhöhlen, die Gedärme, die Harnblase, die Samenwege, die Leisten und die Bereiche zwischen den Zehen. Der Körper untersteht einer sich immer fortsetzenden Reinigung von giftigen Stoffen durch den Urin, Schweiß, Stuhlgang und der Menstruation. Die Menstruation wird fortan als Reinigung der körperlichen Säfte gesehen.
Bordeu sprach auch in Zusammenhang mit Körpergerüchen von dem Animalischen, welches
zum Vorschein kommt, wenn der Körper in seiner natürlichen Form, daß heißt ohne körperfremde Duftstoffe Geruch verbreitet. Dieser Geruch hat eine luststeigernde Wirkung auf Menschen. Allzu h ufige Waschungen zerstören den natürlichen Körpergeruch das
Geschlecht kann dadurch seine Auszeichnung verlieren. Der Mann und die Frau versprühen nämlich unterschiedliche Körpergerüche die das andere Geschlecht wahrnehmen kann. Der Körpergeruch setzt sich aus vielen verschiedenen Komponenten zusammen, die ein ganz persönliches Geruchsbild eines Menschen ergeben. Die Faktoren sind: das Klima in dem der Mensch lebt, die jeweilige Jahreszeit, die Nahrung die er zu sich nimmt, die Leidenschaften denen er sich hingibt, die Arbeit, der Boden auf den er arbeitet und schließlich die Luft die er atmet. Es würde reichen eine Variable dieses komplexen Systems zu verändern um ein völlig neues Geruchsbild zu erschaffen. Daraus folgt, daß der Mensch im Laufe seines Lebens sein Geruchsbild ständig ver ndert, da er ständig älter wird, seine Umgebung wechselt, seinen
Beruf wechselt oder sich die Jahreszeiten ndern. Der Zustand indem sich der Mensch emotional befindet, das heißt ob er Freude verspürt oder Trauer, verleiht seinem Geruchsbild kurzfristig eine neue Richtung.
der Zusammenhang mit dem Roman
Wer den oben stehenden Text gelesen hat, der hat sicherlich einige parallelen zum Roman von
Patrick Süskind entdeckt. Aber auch einige Sachen die sich mit dem Roman nicht decken. Zum Beispiel die voranschreitende Sensibilisierung der Bevölkerung wird in dem Buch nicht beschrieben. Die ganze Hysterie in dieser Zeit um den Gestank wird in dem Roman nicht behandelt. Sicherlich wäre dieses Kapitel zu dieser Zeit der Geschichte des Romans auch nicht dienlich. Doch was die detaillierte Beschreibung und die menschlichen Reaktionen auf Düfte angeht kann man einiges aus der Geschichte des Geruchs ziehen. Ich möchte anhand einiger Beispiele die parallelen hervorbringen und beziehe mich dabei auf den oben stehenden Text.
Die Philosophen am Anfang des 18. Jahrhunderts beschrieben den Geruch als etwas animalisches, etwas Triebhaftes, als Sinn der Begierde. Grenouille der sicherlich vermochte den natürlichen menschlichen Geruch analytisch zu betrachten (S.191) fand seine Faszination in dem Geruch von jungen hübschen Mädchen. Dieser Geruch weckte in ihm etwas animalisches, etwas triebhaftes, etwas Böses, was zurecht in diesem Zusammenhang von der Menschheit verachtet wurde. Das Animalische in ihm zeigt sich in seiner Entschlossenheit den Geruch von seinen Opfern besitzen zu wollen . und er hatte nur die eine Sorge, von ihrem Duft nicht das geringste zu verlieren ). Das Animalische wird auch öfter in dem Roman beim Namen genannt: Grenouille der Zeck!
Nachdem Grenouille sein erstes Opfer getötet hatte, saugt er ihren Geruch in sich auf. Dabei wird beschrieben wie er das genau macht und es zeigt sich, daß Bordeu genau diese Körperstellen als eindeutig bezeichnet hinsichtlich ihres Eigengeruchs. Der faszinierende Geruch der von den Mädchen ausgeht, wird im Zuge der Sensibilisierung genaustens erklärt. Der Geruch eines Menschen besteht aus vielen einzelnen Faktoren die sich zusammenfügen und den eigentlichen Geruch bilden. Diese Faktoren müssen bei Grenouilles Opfern alle so gegeben sein, daß sie die richtige "Mischung" haben und somit Grenouille gefallen. Die 25
Mädchen die Grenouille in Grasse ermordete lebten alle an dem gleichen Ort, erlebten also alle die gleiche Jahreszeit zur gleichen Zeit, sie atmeten alle die gleiche Luft, nahmen alle die gleiche Nahrung aus dieser Region zu sich und lebten alle im gleichen Klima. Diese Gemeinsamkeiten machten sie alle zu potentiellen Opfern. da Grenouille keine m nnlichen Opfer hatte kann man davon ausgehen, daß der weibliche Geruch eine besondere Faszination auf ihn auswirkte. Aber er schätzte den Geruch von reifen Mädchen mehr als den von Kindern Er wußte, daß Kinder nicht sonderlich rochen, ebensowenig wie die grün aufschießenden Blumen vor ihrer Blüte" . Er wartete also noch bis das Mädchen das richtige Alter erreicht hatte um dann ihren Geruch an sich zu reißen. Das Kinder nicht sonderlich riechen, l ßt sich mit der Theorie bestätigen, daß das Geschlecht erst seine geruchliche Auszeichnung erlangt, wenn es zur Reife gekommen ist. Dann versprüht die Frau den für ihr Geschlecht typischen Geruch, den Männer unbewußt wahrnehmen. Grenouille hingegen kann diesen Geruch genaustens wahrnehmen und ergründen und er weiß, daß der Geruch des Mädchens noch besser ist, wenn sie gereift ist. Diesen geschlechtliche Geruch und die damit zusammenhängende Wirkung auf das andere Geschlecht nannte Bordeu Animalisierung. Welche Auswirkungen der menschliche Geruch haben kann verdeutlicht uns Patrick Süskind auf Seite 194 seines Romans. Grenouille hatte aus einfachen Mitteln einen Menschenduft für sich entworfen. Diese analytische Arbeit, den menschlichen Geruch auf seine Bestandteile
aufzuspalten spiegelt die wissenschaftliche Arbeit im 18. Jahrhundert wieder, die versuchte im
Bereich der Gerüche jeden Geruch zu analysieren und zu benennen.
Grenouilles Reise führt in unter anderem auch nach Montpellier. Dort trifft er auf einen Menschen der eine Theorie vertritt, daß die von der Erde ausgeschiedenen Gase für das Altern und das Gebrechen der Menschheit verantwortlich sind. Diese Theorie erdachte sich Patrick Süskind nicht, denn sie war Realität. Diese Theorie wurde in der ersten Hälfte des 18. Jahrhunderts wirklich aufgestellt und vertreten. Das diese Theorie Erfolg hatte l ßt eher auf die hysterische Situation schließen, als auf ihre Richtigkeit.
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