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Intern: Leseliste: Die Physiker
Die Handlung des St cks spielt im Salon der Villa eines privaten Sanatoriums, oder besser gesagt eines Irrenhauses. W hrend im s dlichen, neu gebauten Teil des Sanatoriums prominente Gäste ihr Dasein zu horrenden Preisen fristen, leben in der schon etwas verlotterten Villa nur mehr drei Patienten. Es sind dies drei Physiker. Sie nehmen gemeinsam ihr Essen ein, diskutieren ber physikalische Probleme oder leben eingesponnen ihr eigenes Leben. Ihre drei Zimmer grenzen direkt an den Salon an.
Leiterin und Gr nderin des Irrenhauses ist Fr ulein Dr. h. c. Dr. med. Mathilde von Zahnd. Einzig noch lebender
Spross einer einst angesehenen und m chtigen Industriellenfamilie. Sie genie t einen Weltruf als Menschenfreund und Psychiater.
Es ist kurz nach halb fünf Uhr nachmittags. Aus einem der den Salon angrenzenden Zimmer dringt Geigenspiel mit Klavierbegleitung. Auf dem Boden des Salons liegt die Leiche einer Krankenschwester. Im Raum herrscht Unordnung. Um die Leiche bem hen sich mehrere Kriminalbeamte. Inspektor Richard Voß befragt gerade die Oberschwester zur Person des Opfers und des T ters. ber den T ter muss er erfahren, dass es sich um Ernst Heinrich Ernesti handelt. Ernesti ist einer der drei Physiker, er hält sich für Einstein.
W hrend der Inspektor auf die Leiterin des Hauses wartet, betritt Herbert Georg Beutler den Salon. Beutler, der sich für Newton ausgibt, erkundigt sich nach dem L rm, der im Salon herrscht. Als Newton erfährt, dass Einstein seine Pflegerin erdrosselt hat, wundert sich Newton, wie man nur eine Krankenschwester erdrosseln kann. Der Inspektor entgegnet ihm, dass auch er, Newton, seine Krankenschwester erdrosselt hat. Newton erklärt dem Inspektor, dass es bei ihm ganz anders gewesen sei. Seine Krankenschwester hatte sich in ihn verliebt und er erwiderte diese Liebe. Dieses Dilemma sei nur noch mit einer Vorhangkordel zu l sen gewesen. Allein schon der Altersunterschied, er musste doch jetzt schon über zweihundert Jahre alt sein, wäre ein Hindernis gewesen. Au erdem, so vertraut er dem Inspektor an, sei er gar nicht verrückt. Er tut nur so, damit Ernesti nicht verwirrt ist, denn Ernesti ist in Wirklichkeit Newton und er ist Einstein.
Nach diesem verwirrenden Zwiegespräch betritt die Leiterin des Hauses den Raum. Als ihr der Inspektor von
seinem Gespr ch mit Newton erzählt, meint sie, dass er das jedem erz hle, dass er sich aber tatsächlich f r Newton halte, denn sie bestimme in diesem Haus f r wen sich ihre Patienten halten.
Der Inspektor weist Frau Zahnd darauf hin, dass der Staatsanwalt nach diesem zweiten Mord nun darauf besteht, dass starke m nnliche Pfleger die Betreuung der drei Physiker bernehmen m ssen. Nach einigem Zögern gibt sie nach und sichert zu, dass sie hier von nun an männliche Pfleger einsetzen wird.
Nachdem der Inspektor verschwunden ist, erscheint Frau Rose mit ihrem Mann und ihren Kindern. Sie ist die ehemalige Frau von Johann Wilhelm Möbius, dem dritten Physiker. Frau Rose hat den Missionar Rose geheiratet und will sich nun von Möbius verabschieden.
Sie erkundigt sich nach dem Befinden und fragt ihn, ob ihm König Salomo noch immer erscheine. Möbius kann sich nur schwach an seine Kinder erinnern und beginnt den Irren zu spielen. Er schüchtert seine Familie ein und wirft sie mit wüsten Beschimpfungen aus dem Raum.
Nachdem die Familie den Raum verlassen hat, beruhigt Schwester Monika den aufgebrachten M bius. Sie hat
bemerkt, dass er gar nicht verrückt ist. Dabei gesteht sie ihm ihre Liebe und berichtet ihm, dass sie die Erlaubnis habe, mit ihm das Irrenhaus zu verlassen und in einem kleinen Dorf eine neue Existenz aufzubauen. M bius ist das zuviel und er erdrosselt sie. Nach diesem dritten Mord erscheinen nun riesenhafte Pfleger, die Türen werden abgeschlossen und die Fenster vergittert.
Beim Mittagessen berrascht Newton die beiden anderen Physiker mit einem Gest ndnis. Er gesteht, dass er Alec Jasper Kilton ist, der Begr nder der Entsprechungslehre, und dass er sich in das Irrenhaus eingeschlichen hat, um hinter das R tsel um Möbius' Verrücktheit zu kommen. Er sei Angeh riger eines Geheimdienstes und hat seine Krankenschwester nur deshalb umgebracht, weil sie seine wahre Identität erahnt hat. Er h lt Möbius für den gr ten Physiker aller Zeiten, hat alle seine Dissertationen gelesen und muss ihn nun bewachen und notfalls entf hren, falls sich ein gewisser Verdacht bestätigt.
Nach diesem Gest ndnis gibt Einstein ebenfalls zu, dass er nicht verrückt ist. In Wahrheit ist er Joseph Ei ler, der
Entdecker des Ei ler Effekts. Auch er arbeitet f r den Geheimdienst, und seine Aufgabe ist es, Möbius zu bewachen.
Nun bekennt auch Möbius, dass er eigentlich gar nicht verrückt ist. Weil er hinter das Geheimnis der Schwerkraft
gekommen ist und nun f rchtet, dass seine Entdeckung f r die Menschheit verheerende Folgen hätte, wenn sie bekannt würde, ist er ins Irrenhaus geflüchtet.
Newton entgegnet Möbius, dass Physiker Pionierarbeit zu leisten h tten und dass die Erkenntnisse, die sie machen, der Menschheit zugef hrt werden m ssen. Ob die Menschen mit diesen Erkenntnissen richtig umgehen, sei nicht Sache der Physiker. Darauf meint Einstein, dass die Verantwortung des Physikers nicht au er acht gelassen werden darf, und dass nur der Physiker entscheiden darf, was mit seinen Erkenntnissen geschieht.
Beide Agenten bemühen sich um Möbius und halten sich gegenseitig in Schach. Doch sie müssen sich eingestehen, dass nur M bius selbst entscheiden kann, welcher Seite er sein Wissen zur Verfügung stellt.
Da gesteht Möbius, dass er seine Manuskripte bereits verbrannt hat. Er begründet dies damit, dass er nicht in die
Abh ngigkeit von Politikern kommen möchte. Es f llt der Kernsatz des St ckes: Es gibt Risiken, die man nicht eingehen darf: Der Untergang der Menschheit ist ein solches . Er hat sich daher entschlossen, sein Wissen nicht zu veröffentlichen. Die Menschheit ist nicht reif genug f r sein Wissen: Wir m ssen unser Wissen zur cknehmen, und ich habe es zur ckgenommen . Möbius bleibt im Irrenhaus. Nach diesem Geständnis entschlie en sich auch Newton und Einstein, ebenfalls im Irrenhaus zu bleiben, als vermeintlich Irre wollen sie weiterleben: Verrückt, aber weise. Gefangen, aber frei. Physiker, aber unschuldig
Da erscheint die Leiterin des Irrenhauses mit ihren Pflegern im Salon. Zur berraschung der Physiker spricht sie sie mit ihren richtigen Namen an. Aus ihrem Mund m ssen die Physiker erfahren, dass sie ihr Bündnis umsonst geschlossen haben. Seit Jahren hat die Anstaltsleiterin alle Manuskripte von Möbius heimlich fotokopiert. In einem m chtigen, von ihr geschaffenen Trust wird sie auch das System aller möglichen Erfindungen für den Weg zur Weltherrschaft ausnutzen. Dies alles geschehe im Auftrage des goldenen Königs Salomo, der auch ihr erschienen sei. Es zeigt sich, dass die Irrenärztin selber als einzige geisteskrank ist.
Die Lage der Physiker ist aussichtslos geworden. Sie müssen, als gefährliche Geisteskranke zum Schweigen verurteilt, ihr Dasein weiterhin im Irrenhaus fristen. In kurzen Schlussmonologen geben sie ihrer tiefen Resignation Ausdruck.
Interpretation
Dürrenmatt bezeichnet das Stück als Komödie mit der Begründung, dass in der heutigen Zeit nur noch das Komische dem Realen beikommt. Die klassische Tragödie kann die heutige Zeit nicht mehr darstellen. Die klassische Trag die verlangt einen Helden, der frei entscheiden kann und daher auch f r sein Schicksal selbst verantwortlich ist. In der heutigen Zeit ist dies jedoch nicht möglich. Jeder ist eingeschlossen in einem Gesellschaftssystem, aus dem es für ihn kein Entrinnen gibt. Er handelt nicht mehr nach freiem Willen, sondern muss sich dem Willen vieler unterwerfen. Diese Komödie ist ein beklemmendes Beispiel dafür.
Der Physiker Möbius entdeckt eine Formel, die alle Probleme der Physik löst. Er erkennt, welche Macht in dieser Formel steckt und opfert sein Leben als freier B rger, um die Menschheit vor dem sicheren Untergang zu bewahren. Erst am Ende erkennt er, dass alles umsonst war: Was einmal gedacht wurde, kann nicht mehr zurückgenommen werden .
Die Geschichte des genialen Physikers Möbius ist keineswegs eine Erfundene. Möbius steht in dem St ck stellvertretend für Albert Einstein. Einstein legte mit seinen Erkenntnissen den Grundstein für den Bau einer Atombombe und konnte, nachdem er die Gefährlichkeit seiner Erfindung erkannt hatte, die Herstellung einer solchen nicht verhindern.
Wissen ist hier zu Macht geworden. Sie hat dem Menschen Macht gegeben, sich selbst zu vernichten. Das St ck ist
ein Appell an die Wissenschaft, manch Denkbares nicht zu denken.
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