Rozznjogd
Einakter von
Peter Turrini
In einem verzweifelten Selbstreinigungsprozeß verlieh der Autor seinem
Ekel vor den denaturierten Lebensbedingungen der Gesellschaft
seinen Ausdruck.
1971 schrieb Turrini eine hochdeutsche Version des im Wiener Dialekt verfaßten
Einakters, die als Grundlage für lokale Bearbeitungen eine Verbreitung seines
Stückes im gesamten
deutschsprachigen Raum ermöglicht.
Einheitlicher Schauplatz der
Handlung
ist eine
Müllhalde der
Großstadt. Ein junger Automechaniker und seine Freundin, beide anonym typsiert als 'Er' und
'Sie', wollen dort ungestört intim
werden. Umherlaufende Ratten werden von ihm kurzerhand abgeknallt - als Ventil für die aufgestauten Aggressionen des jungen Mannes. Die Situation
erscheint ihm als sprechendes Bild des Menschen, dem - nicht
anders als in einen Mistkübel
- von frühester Kindheit an
alles hineingestopft wird. Aus diesen Gedanken
entwickeln die beiden jungen Menschen
gegenseitiges Kennenlernen. Sie wollen sich vom
aufgestauten Müll befreien, von dem
sie
sich behaftet fühlen: dem
Inhalt ihrer Taschen, den falschen
Zähnen und Haaren,
schließlich von ihren Kleidern. Es wächst das Vertrauen zueinander und der Mut zur Bejahung der Unvollkommenheit. Auf dem
Höhepunkt ihrer Intimität eskaliert
das Geschehen: sie werden von zwei Rattenjägern erschossen. In diesem Augenblick scheint auch die Differenz
zwischen Theater und
Wirklichkeit
aufgehoben. Die Zuschauer
werden
in das
Geschehen
mit
einbezogen, die Schützen feuern auch ins
Publikum, das sie
für ein
Rudel Ratten halten.
Turrinis derbe Gesellschaftskritik zeigt unverblümt die Zwänge und
Verhaltensweisen, denen unsere Gesellschaft auch
heute noch unterliegt.