Don Karlos. Infant von Spanien
Don Carlos, Kronprinz des Spanischen Weltreichs, liebt seine
jugendliche Stiefmutter, die Königin Elisabeth. Verschlossen gegen seine
Umgebung, enthüllt er sein Geheimnis dem aus Brüssel zurückgekehrten Marquis
von Posa, seinem Jugendfreund. Die Basis ihrer Freundschaft war das
beiderseitige Verlangen, den unter Spaniens Herrschaft stehenden Niederlanden
die Freiheit zu geben; um so mehr ist Posa irritiert über das Befinden von Don
Carlos ("Das ist / Der löwenkühne Jüngling nicht zu dem / Ein unterdrücktes
Heldenvolk mich sendet-"). Dennoch arrangiert er eine Unterredung zwischen
Elisabeth und Carlos, in deren Verlauf dieser seine Neigung enthüllt, von der
Königin aber zurückgewiesen und auf seine politische Bestimmung verwiesen wird:
"Elisabeth war ihre erste Liebe. Ihre zweite sei Spanien!" Das Verlangen
des Kronprinzen, anstelle des "Henkersknechts" Herzog Alba das Kommando
über die in die Niederlande entsandten spanischen Truppen zu erhalten, wird vom
König jedoch abgelehnt; der dortige Aufruhr verlangt seines Erachtens eine
harte Reaktion ("Und Schrecken bändigt die Empörung nur"), für die sein
Sohn zu weich ist, dem er zudem selbst Putsch-, ja sogar Mordpläne unterstellt:
"Und zugleich / Mein bestes Kriegsheer deiner Herrschbegierde? / Das Messer
meinem Mörder?" Der weitere Gang der Handlung wird nun durch eine Intrige
der Prinzessin Eboli, einer Hofdame der Königin vorangetrieben; sie ist
heimlich in Don Carlos verliebt und sendet ihm ein anonymes Schreiben zu, worin
dieser wiederum eine geheime Nachricht der Königin erblickt. Eine Konfrontation
zwischen Don Carlos und der Prinzessin klärt das Mißverständnis, aber die
Prinzessin weis damit um die Neigung des Kronprinzen, dieser wiederum davon,
daß sein Vater zu den Verehrern der Eboli zählt. Um ihre "Schwäche" zu
rächen, weckt sie, in Verbindung mit Herzog Alba und Domingo, dem königlichen
Beichtvater, beim König den Verdacht "blutschändrischer Umarmung" von
(Stief-)Mutter und Sohn.
In der weiteren Entwicklung der Handlung gewinnt Posa eine zentrale
Bedeutung. Er wird, am Ende des driten Akts, vom König beauftragt, ihm
Sicherheit über die Behauptungen der Eboli zu verschaffen. Posa, der im
Zusammentreffen mit dem König seine republikanische Gesinnung enthüllt und ihn
drängt, die Niederlande von der Spanischen Tyranei zu befreien ("Ein
Federzug von dieser Hand, und neu / Erschaffen wird die Erde. Geben Sie /
Gedankenfreiheit. -"), verbbindet diesen Auftrag mit seinen Plänen. Er will
mit Don Carlos heimlich in die Niederlande reisen, entlarvt die Intrige der
Emboli, verschafft sich einen Verhaftungsbefehl für Carlos, um diesen besser
kontrollieren zu können, weiht diesen aber nicht in sein Vorhaben ein. Carlos
vertraut sich erneut der Eboli an, und Posa kann die Situation nur noch klären,
indem die Prinzessin tötet oder sich selbst opfert. Er spielt dem König ein
fingiertes Schreiben in die Hände, das ihn als Hochverräter ausweist; Carlos
kommt frei, und noch kurz vor seiner Erschießung kann Posa ihm die wahren
Hintergründe schildern. Er hat zugleich alles vorbereitet, damit Carlos in die
Niederlande flüchten kann ("Ich eile, mein bedrängtes Volk / zu retten von
Tyrannenhand. Madrid / Sieht nur als König oder nie mich wieder"), auch die
Königin ist nun eingeweiht, die zur Begünstigung der Flucht in Madrid einen
Aufstand "veranlaßt" hat. Aber Herzog Alba entdeckt die Pläne, und der
König übergibt seinen Sohn dem Großinquisitor: "Kardinal! Ich habe / Das
Meinige getan. Tun Sie das Ihre."
Quelle:Kindlers neues Literatur Lexikon - Hauptwerke
der deutschen Literatur - Band 1