Luftwaffe: vom
Blitzkrieg zum Exitus
Als
die deutschen 1939 Polen in wenigen Wochen vollständig besiegt hatten, war dies
auch und besonders der Luftwaffe zu verdanken. Schon in den ersten
Angriffstagen konnte der Hauptteil der polnischen Luftwaffe bereits am Boden
zerstört werden, ein Wiedererstarken war nicht mehr möglich. Besonders hatte
sich dabei der Stuka (Sturzkampfbomber) Ju-87 der Firma Junkers bewährt.
Entwickelt von Ernst Udet, einem Veteran aus dem 1. Weltkrieg und nun
Luftzeugmeister, ausgestattet mit der "Jericho-Trompete", stürzte sich der
Stuka im Sturzflug auf das Ziel, warf seine Bombenlast zielgenau ab und der
Pilot zog die Maschine wieder hoch. Nicht nur, das dadurch selbst kleinere
Ziele mit großer Treffsicherheit zerstört werden konnten, nein, besonders der
"Terroreffekt" war ausschlaggebend. Die "Jericho-Trompete" machte im Sturzflug
ein unglaublich markerschütterndes Geräusch, das Angst und Schrecken
verbreitete, sowohl unter den Soldaten, als auch unter der Zivilbevölkerung.
Wann immer Stukas auftauchten, wünschten sich die Soldaten, nie einen solchen
Angriff mehr miterleben zu müssen. Aber auch bei der Besetzung Frankreichs,
Fall "Gelb", der Westfeldzug, war die Luftwaffe wieder die tragende Kraft neben
der neuen Panzerwaffe. Auf der belgischen Festung Eben Emael landeten deutsche
Lastensegler, deren Pionierbesatzung die Bunkeranlagen knackten. Der Einsatz
von Lastenseglern, die völlig lautlos und dadurch unbemerkt ins Zielgebiet
gleiteten, war eine völlig neue Taktik. Neben der Attacke auf
Artilleriebatterien oder Bodentruppen gab es aber auch ein Bombardement. Um
eine schnelle Beendigung des Westfeldzuges in Holland zu erzwingen, entschloss
sich die Luftwaffe Rotterdam, eine Stadt mit rund 620.000 Einwohnern zu
bombardieren. Zwei Bomberstaffeln des Kampfgeschwaders 54 wurden auf die Stadt
angesetzt. Bei einer möglichen kurzfristigen Übergabe der Stadt sollten
bestimmte Ausweichziele angeflogen werden. Die Stadt wurde übergeben. Die
zweite Staffel drehte ab und warf ihre Bombenlast auf die Ausweichziele. Die
erste Staffel hatte der Funkspruch jedoch nicht mehr erreicht. Für Rotterdam
eine verhängnisvolle Folge. Exakt 57 Bomber flogen die Stadt an, übersahen die
Leuchtsignale zum Abdrehen und ließen über 90 Tonnen Bomben auf die Altstadt
niederregnen. Über 800 Zivilisten fanden den Tod, 25.000 Häuser brannten aus
und 78.000 Bewohner waren nun obdachlos. Dennoch hatte der Angriff einen
positiven Effekt. Um weitere Bombardements zu vermeiden, kapitulierten am 15.
Mai 1940 die niederländischen Streitkräfte. Nachdem am 22. Juni 1940 auch
Frankreich gefallen war, ergaben sich für die Luftwaffe in strategischer
Hinsicht eine Vielzahl von Vorteilen. Von ehemaligen französischen Flugfeldern
aus, konnten die deutschen Flieger bequem England erreichen und dort, bedingt
durch die kürzere Anflugzeit ein größeres Operationsgebiet erschließen, als
dies der Fall von Flugplätzen in Deutschland der Fall gewesen wäre. Hitler
entschloss sich, nachdem er erkannt hatte, dass die Briten nicht kampflos
kapitulieren würden, eine Invasion auf die britische Insel zu starten. Die
Voraussetzungen musste aber erst einmal die Luftwaffe schaffen. Um eine
Invasionsflotte sicher über den Armelkanal zu schaffen, musste die
uneingeschränkte Lufthoheit mindestens über dem Kanal und in Küstennähe bei den
Deutschen liegen. Ohne Royal Air Force (RAF) konnte die britische Marine nicht
im Kanal operieren, da sie sonst von deutschen Flugzeugen leicht angegriffen
werden konnte. Mit Jagdschutz von der RAF konnte sie aber nahezu ungehindert
die deutschen Landungsboote vernichten, ohne dabei von der Luftwaffe gehindert
zu werden. Also wurde der Beschluss gefasst, vor einer Invasion die RAF
auszuschalten. Göring versprach in einem Anfall von Leichtfertigkeit seinem
"Führer" die Ausführung dieses Unterfangens. Wie aber sollte dies geschehen?
Zahlenmäßig war die Luftwaffe im Vorteil. Dafür hatte England aber mit der
Spitfire und der Hawker Hurricane zwei Jäger, die der deutschen Me 109 der
Firma Messerschmitt in entscheidenden Punkten technisch überlegen waren.
Außerdem konnte die Me 109 wegen ihrer geringen Reichweite nur für eine äußerst
kurze Zeit im Feindgebiet operieren. Neben Göring, waren die beiden
Feldmarschälle Albert Kesselring und Hugo Sperrle für die Ausführung der
Luftoffensive gegen England zuständig. In der Operation "Adlertag", dem Beginn
der Luftoffensive am 10. August 1940, sollten die britischen Flugfelder in
Küstennähe ausgeschaltet werden und der Großteil der britischen
Flugzeugbestände bereits am Boden zerstört werden. Teilweise waren die
Bombardements von großem Erfolg gekrönt. Zahlreiche Flugfelder standen in Brand,
Startbahnen waren von Bombenkratern gezeichnet und in Luftgefechten hatte die
RAF zahlreiche Jäger verloren. Nicht nur der Verlust der Flugzeuge, sondern
insbesondere der Verlust an Piloten bereitete der RAF große Sorgen. Falls
überhaupt noch ausreichend Piloten zur Verfügung standen, dann nur noch
unerfahrene Flieger, die ihre Ausbildung im Kampf gegen deutsche
Jagdfliegerasse abschließen mussten. Zudem hatte Hitler das "Ausradieren"
ganzer Städte befohlen. Deutsche Bomberstaffeln machten daher ganze Städte wie
Coventry dem Erdboden gleich. Hauptsächlich hatten diese Angriffe das Ziel, die
englische Bevölkerung kapitulationsreif zu bomben, sie psychisch zu zermürben.
Stattdessen stieg der englische Widerstandswille um ein Vielfaches an. Dies,
und die Steigerung der Rüstungsproduktion führten zum Wiedererstarken der RAF,
die sich beinahe ganz am Boden befunden hatte. Weshalb die "Battle of Britain",
die erste Schlacht, die ausschließlich in der Luft ausgetragen wurde, für die
Wehrmacht die erste große Niederlage war, lag aber auch in der Fehlplanung der
Luftwaffenbefehlshaber und in der Sturheit Görings. Größere Bomberverbände
wurden auf Flugplätze angesetzt. Im Prinzip eine wirksame Methode, die RAF zu
bekämpfen, denn ohne Flugplätze war selbst die stärkste Luftwaffe verloren.
Doch während die Bomber ihre Ziele ansteuerten wurden sie bereits von
englischen Abfangjägern angegriffen. Jagdschutz war nur bis zum Küstenbereich
vorhanden, danach mussten die Messerschmitts aufgrund Spritmangels abdrehen.
Und nicht zuletzt die Radarstationen an der englischen Küste waren ein
exzellentes Frühwarnsystem, die schon nach Start in Frankreich die
Bomberverbände orteten. Dadurch konnte die RAF ihre Jägerstaffeln koordiniert
und an wichtigen Brennpunkten einsetzen. Einen Überraschungsmoment gab es also
nicht. Die Folge war, dass die Spitfires einen Bomber nach dem anderen vom
Himmle holten. Besonders die Stukaverluste waren so hoch, dass der veraltete
Bomber aus dem täglichen Bomberprogramm herausgenommen wurde. Aber auch die
Heinkel He 111 oder die Ju-88 oder aber auch die Do-17 waren nicht die optimale
Lösung für einen wirksamen Angriff. Im Frühjahr 1941 wurde die Luftoffensive
gegen das Empire eingestellt. Die Verluste waren einfach nicht mehr tragbar
gewesen. Ganze 2.265 Maschinen waren abgeschossen worden, 2.000 Piloten hatten
dabei den Tod gefunden und weitere 2.600 Mann galten als vermisst oder befanden
sich in britischer Kriegsgefangenschaft und waren damit ebenfalls
unwiderruflich verloren. Besonders vom Verlust der erfahrenen Bomberbesatzungen
und der Jagdpiloten konnte sich die Luftwaffe nie mehr erholen. Flugzeuge
konnten ohne weiteres wieder produziert werden, aber kampferfahrene Piloten
waren für immer verloren. Die Luftwaffe hatte eine schwere Niederlage zu verkraften,
aber der eigentliche Krieg, Hitlers Krieg im Osten, der "Feldzug gegen den Bolschewismus", hatte noch gar nicht
begonnen. Die Luftlandeoperation "Merkur", die Eroberung der Mittelmeerinsel
Kreta, sollte sich zu einer weiteren Strapaze gestalten. Am 20. Mai 1940
sprangen 15.000 deutsche Fallschirmjäger aus den Ju-52 Transportern ab. Ein
Großteil der Fallschirmtruppen wurde bereits in der Luft von MG-Garben
zerrissen. Nachdem die Insel dennoch unter großen Verlusten eingenommen werden
konnte, kostete die deutsche Propaganda diesen teuer erkauften Sieg aus. Das
"Lied der Fallschirmjäger" entstand und um diese Kämpfer ein fast
unvergleichlicher Mythos. Ein solcher Mythos, dass die Fallschirmjäger in den
folgenden Kriegsjahren nur noch als reguläre Bodentruppen eingesetzt wurden,
weil sich die Verlustzahlen als zu hoch erwiesen hatten. Mit dem unfreiwilligen
Afrikafeldzug fiel der Luftwaffe allerdings eine neue Rolle zu. Sie musste
Sorge tragen, dass Rommels Afrika Korps den dringend benötigten Nachschub
erhielt. Weil die Engländer den Seeweg weitgehend blockierten, fand der
Hauptversorgungsverkehr in der Luft statt. Die unverwüstliche "Tante Ju", die
Ju-52, transportierte mehrmals täglich Nachschub an Verpflegung, Munition und
Waffen nach Tunesien. Aber auch die alten Taktiken funktionierten wieder.
Stukageschwader wurden für den Wüsteneinsatz umgerüstet und stürzten sich
fortan auf britische Artillerie- und Flakbatterien. Ebenso die altbewährten Me
109, die als Tiefflieger verheerenden Schaden anrichten konnten. Mit Luftschutz
gelang es Rommel schließlich die Briten bis nach El Alamein zurückzudrängen,
der letzten Verteidigungsstellung vor Alexandria. Währenddessen hatte die
Luftwaffe zusätzlich die kleine Mittelmeerinsel Malta sturmreif gebombt. Von Briten
besetzt war sie wie ein unsinkbarer Flugzeugträger. Von dort starteten
Spitfiregeschwader, die erfolgreich die deutschen Nachschubwege attackierten.
Zusätzlich diente die Insel als wichtiger Marinestützpunkt. Um die Versorgung
von Rommels Einheiten zu decken, musste die Insel ausgeschaltet werden.
Zunächst wurden mehrere Aufklärer losgeschickt, die exzellente Luftaufnahmen
machen konnten. Nahezu jede einzelne britische Verteidigungsstellung war den
Deutschen bekannt. Allerdings hatten auch hier die Stukas einen schweren Stand.
Im Sturzflug brachten sie zwar ihre tödliche Ladung ins Ziel, flogen aber
gleichzeitig mitten in feindliches Flakfeuer hinein. Nachdem zu viele Stukas in
der Luft zerplatzten und auseinandergerissen wurden, flog die Luftwaffe nur noch
in geschlossenen Bomberverbänden die Insel an, und das mit großem Erfolg. Bald
gab es schon keine strategischen Ziele mehr, die angegriffen werden konnten,
meldeten die Piloten. Doch Mussolini, der "Duce" konnte sich zu einem Angriff
nicht durchringen und die Insel erstarkte erneut. Währenddessen mussten Gruppen
und Geschwader jedoch in den Osten verlegt werden. Die Operation "Barbarossa",
der Angriff auf die Sowjetunion stand ins Haus. Gemäß der altgedienten
Blitzkriegstrategie sollte die Luftwaffe die Bodentruppen im Kampf
unterstützen. Nachdem streng geheime Aufklärungsflüge mit modifizierten He 111
und Ju-88 bereits seit 1940 geflogen wurden, waren den Deutschen fast sämtliche
Flugplätze der Russen bekannt. Wie auf einem Präsentierteller standen dort die
russischen Jagdflugzeuge Tragfläche an Tragfläche. In einer einzigen Aktion,
zeitgleich mit dem Ansturm der Bodentruppen am 22. Juni 1941 vernichteten die
deutschen Fliegerverbände in einer einzigen Situation über 1.800 Flugzeuge am
Boden. Wäre diese Aktion nicht geglückt, wäre der gesamte Feldzug bereits nach
wenigen Tagen verloren gewesen, da der deutsche Vormarsch unter dem
Kugelgewitter der russischen Luftwaffe untergegangen wäre. Damit hatte die
Luftwaffe gleich zu Beginn des Feldzuges die Lufthoheit über dem
Operationsgebiet erlangt. Auch in den folgenden großen Kesselschlachten spielte
die Luftwaffe eine erhebliche Rolle, die verheerende Angriffe auf die
eingeschlossenen Russen flog und deren Nachschublinien zerbombten. Nach der
russischen Gegenoffensive wurde bei Demjansk das II. Armeekorps unter General
Graf Brockdorff-Ahlefeld mit insgesamt 100.000 Mann eingekesselt. Für die
Wehrmacht eine völlig neue Situation, da sie Kesselschlachten bisher nie aus
der Sicht des Eingekesselten kannte. Nach Hitlers Befehl den Kessel zu halten,
musste die Luftwaffe, trotz Temperaturen von -40° C eine Luftbrücke errichten.
Täglich landeten etwa 150 Ju-52 Transportmaschinen, die teilweise sogar aus
Afrika abkommandiert werden mussten, im Kessel Demjansk und versorgten die
Armee, flogen aber auch Verwundete aus. Als der Kessel nach drei Monaten von
den Deutschen aufgebrochen werden konnte, hatte die Luftwaffe über 25.000
Tonnen an Verpflegung, Munition und Waffen, sowie 15.000 Tonnen Treibstoff und
15.000 Soldaten in den Kessel geflogen und weit über 23.000 Verwundete
herausgeholt. Ein weitaus kleinerer Kessel bei Cholm, der um Teile der 281.
Infanteriedivision unter Generalmajor Scherer, nahezu 3.500 Mann, entstanden
war, musste ebenfalls durch dem Luftweg versorgt werden. Der Kessel besaß
keinen einzigen Landeplatz und hatte nur einen 2 Kilometer langen Durchmesser.
Hier ließ die Luftwaffe entweder die Maschinen nach Ladungsabwurf durchstarten
oder setzte Lastensegler ein. Auch Stukas warfen zielgenau anstatt Bomben
Verpflegung ab. Bis Anfang Mai 1942 konnte die Kampfgruppe vom
Grenadierregiment 411 befreit werden. Die Luftwaffe hatte 265
Transportmaschinen verloren, ein schwerer Verlust, der sich bald in Stalingrad
rächen sollte. Göring hatte Hitler die Versorgung der 6. Armee aus der Luft
versprochen. Selbst unter optimalen Bedingungen wäre die deutsche Luftwaffe zu
keinem Zeitpunkt in der Lage gewesen, eine 250.000 Mann starke Armee
vollständig zu versorgen, zumal im Winter die schlechten Wetterbedingungen
erschwerend hinzu kamen. Unter immensen Verlusten tat die Luftwaffe was in
ihrer Macht stand. Täglich konnten im Durchschnitt 115 Tonne n
Versorgungsmaterial eingeflogen werden und insgesamt wurden 30.000 verwundete
Soldaten aus dem Kessel evakuiert. Bald ging die Luftwaffe im Osten zu
Angriffen gegen die unzähligen russischen Panzerarmeen über. Und das mit großem
Erfolg. Stukas, nun mit kleinen automatischen Paks ausgerüstet und das neue
Schlachtflugzeug Hs 123 der Firma Henschel errangen große Erfolge. Dennoch war
eine ausreichende Luftunterstützung nicht mehr gegeben. Im Westen hatte sich
seit 1943 längst eine zweite Front für die Luftwaffe ergeben.
Reichsverteidigung war das Schlagwort, welches bis Kriegsende für die Luftwaffe
galt. Tagsüber flogen die Amerikaner mit ihren "Fliegenden Festungen" B-17 und
den B-24 Liberators tödliche Angriffe auf deutsche Industriezentren. Nachts im
Schutze der Dunkelheit kamen dann die britischen "Lancaster"-Bomber oder die
"Mosquito"-Schnellbomber. Gegen sie richtete die Luftwaffe eigens einen
Nachtjägerverband ein. Teilweise erfolgreich wurden modifizierte Ju-88 und Me
110 Maschinen eingesetzt, bald gab es den Rang "General der Nachtjäger".
Insgesamt war die deutsche Nachtjagdwaffe äußerst erfolgreich gewesen. Aus
einem englischen Großverband mit Ziel Nürnberg wurden am 31. März 1944 ganze 81
Bomber abgeschossen. Nicht selten erzielte ein Pilot jede Nacht 6-7 Abschüsse.
Bis zum Kriegsende hatten die Engländer über 50.000 Mann an Bomberbesatzungen
verloren. Dennoch hatte die Nachtjagdwaffe gegen Bomberströme von über 1.000
Flugzeugen bald keine Chance mehr. Doch besonders schwer zu bekämpfen waren die
amerikanischen Bomberverbände. Die "Flying Fortress" war mit 10-13 schweren MGs
ausgerüstet, deren Garben eine todbringende Wirkung auf die deutschen
Abfangjäger haben sollten. Als am 27. Januar 1943 erstmals ein Verband von 64
B-17 und B-24 über Deutschland auftauchte und Wilhelmshaven angriffen, konnten
die deutschen Jäger nur drei Maschinen abschießen, bei sieben Eigenverlusten. Göring
tobte, vor allem, weil die "Amis" keinen Jagdschutz dabei gehabt hatten. Der
Grund lag aber eigentlich ziemlich nahe. Während die deutschen Jägerstaffeln
sich von hinten an den Bomberverband annäherten, feuerten die Heck-MG-Schützen
der Bomber unnachgiebig auf die herannahenden Jäger. Noch ehe die deutschen
Piloten den Verband erreicht hatten waren sie entweder tot, auf dem Weg zur
Erde oder schwer beschädigt abgedreht. Nur selten gelang es den Jägern die
Bomber aufs Korn zu nehmen. Und selbst dann brauchte es mindestens 12-15
Treffer bis endlich eine B-17 auseinander barst oder abdrehen musste. Die
entscheidende Idee, diesen Umstand zu umgehen hatte Major Egon Mayer,
Kommandeur der III. Gruppe des berüchtigten JG 2 "Richthofen". Er schlug vor
mit den schnellen Jägern an dem Bomberverband vorbeizufliegen, dann eine 180
Grad-Kurve zu fliegen, um dann die Bomber von vorne ins Visier zu nehmen. Mit
ungefähr 900 km/h schossen die deutschen Piloten auf die amerikanischen
Pilotenkanzeln zu und hatten damit Erfolg. Zwar konnten die verheerenden
Bombardements nicht vollend gestoppt werden, aber pro Abfangjagd verloren die
Amerikaner 50-60 ihrer Bomber, ein Verlust, der selbst für amerikanische
Verhältnisse nicht lange zu tragen war. Die Rettung war die North American P-51
"Mustang", ein Begleitjäger, der aufgrund seiner damals einzigartigen
Reichweite die Bomber sowohl hin, als auch zurück begleiten konnte. Laut Adolf Galland, einem der erfolgreichsten
deutschen Jagdpiloten des 2. Weltkrieges brach die "Mustang" der deutschen
Jagdabwehr das Genick. Als die Alliierten am 6. Juni 1944 im Zuge der Operation
"Overlord" in der Normandie landeten, war die Luftwaffe schon nicht mehr in der
Lage irgendetwas auszurichten. Von der Ostfront, wo schon lange keine Chancen
für eine erneute Lufthoheit bestanden, wurden Luftwaffenverbände abgezogen, um
an der Westfront gegen die Alliierten die Lufthoheit zu erringen. Keine Chance
bestand mehr, dies herbeizuführen. Längst waren die erfahrenen Piloten entweder
in Kriegsgefangenschaft oder mit ihrem Flugzeug zerschellt. Unerfahrene
deutsche Piloten wurden regelrecht verheizt, gegen die optimal ausgebildeten
alliierten Jagdpiloten. Hätte die Luftwaffe 1944 in Frankreich den Luftraum
beherrscht, wäre es durchaus fraglich gewesen, ob die Alliierten ihre Invasion
zu einem Erfolg gebracht hätten. Am Neujahrstag 1945 begann die
Luftwaffenoperation "Bodenplatte". Durch den Einsatz von rund 900 Flugzeugen
der deutschen Luftwaffe sollten die alliierten Flugplätze in Belgien,
Frankreich und Holland ausgeschaltet werden, um die alliierte Lufthoheit
auszuschalten. Die deutschen Piloten können dabei getrost als das "letzte
Aufgebot" der Luftwaffe bezeichnet werden. Bereits der Beginn der Operation war
der Anfang vom Ende. Durch eine Zeitplanänderung, welche den deutschen
Flakstellungen nicht mitgeteilt wurde, wurden über einhundert deutsche
Flugzeuge bereits beim Anflug durch eigenes Flakfeuer abgeschossen.
Navigationsfehler, falsche Aufklärungsergebnisse und zahlreiche weitere
Missverständnisse ließen die Operation ebenfalls scheitern. Wichtige alliierte
Flugfelder wurden nur teilweise oder mit zu wenigen Kräften angegriffen.
Dennoch konnte ein gewisses Maß an Erfolg verbucht werden. Etwa 500 feindliche
Flugzeuge wurden teils in der Luft, größtenteils aber am Boden zerstört.
Dadurch, dass ein Großteil der Flugzeuge am Boden zerstört wurde, verloren die
Alliierten relativ wenige Piloten, wohingegen die Deutschen untragbare Verluste
erlitten. Nahezu 300 deutsche Flugzeuge wurden abgeschossen, was jedoch viel
schlimmere Auswirkungen hatte, waren die verlorenen Piloten, teilweise
unersetzbare Veteranen. Nach dem 1. Januar 1945 hatte die Luftwaffe so gut wie
keine Bedeutung mehr im weiteren Kriegsgeschehen. Bereits zu diesem Zeitpunkt
waren mehr Flugzeuge als Piloten vorhanden. Die Operation "Bodenplatte" war der
endgültige Exitus der Luftwaffe. Einen gewaltigen Fehler, wie so oft in seiner
Laufbahn als "größter Feldherr aller Zeiten", hatte auch Hitler gemacht. Im
Jahre 1943 war, nach langer Entwicklungszeit, endlich der erste Jäger mit
Düsenantrieb der Welt fertiggestellt. Hitler zeigte sich von der Me 262 äußerst
beeindruckt und ordnete die sofortige Massenproduktion der Me 262 an - als
Bomber. Eine äußerst verhängnisvolle Entscheidung, denn dazu musste die als
Jäger konzipierte Me 262 erst entsprechend modifiziert werden. Und vor allem
war zu diesem Zeitpunkt die Arado 234, ein zweistrahliger Bomber, bereits als
Prototyp verfügbar. Als Jäger konnte sie alle ihre Vorteile ausspielen. Zu
diesem Zeitpunkt war die als "Schwalbe" bezeichnete Jägerversion das schnellste
Flugzeug der Welt. Sie flog 870 Km/h in 6.000 Metern Höhe, die "Mustang"
schaffte höchstens 700 km/h. Durch die angehängte Bombenlast war der
"Sturmvogel", wie die Bomberausführung bezeichnet wurde, erheblich langsamer
und büßte damit ihren Geschwindigkeitsvorteil ein. Erst 1im November 1944, viel
zu spät, änderte Hitler angesichts der zunehmenden Bombermassen, die das Reich
in Schutt und Asche legten, seinen Befehl. Insgesamt gelang es der deutschen
Rüstungsindustrie bis Kriegsende sogar 1.433 Maschinen herzustellen, allerdings
kamen tatsächlich nur etwa 100 zum Einsatz. Der von Galland aufgestellte
Jagdverband 44 (Jv44) konnte in nur einem Monat über fünfzig Bomber abschießen.
Der Eliteverband, unter den Piloten zehn Ritterkreuzträger, starteten von einer
Autobahn aus und kämpften bis ihre Bodentruppen von den Alliierten gefangen
genommen wurden. Mit ihrer unerreichten Geschwindigkeit und ihrer tödlichen
Bewaffnung von vier 3 cm Kanonen hätte die Me 262 wesentlich mehr Schaden
anrichten können, wenn sie früher eingesetzt worden wäre. Die "Schwalbe" lässt
sogar die Diskussion zu, ob die alliierten Bombardements gänzlich hätten
gestoppt werden können. Vielleicht wäre die Me 262 kriegsentscheidend gewesen.
Hitler hatte immer seine "Wunderwaffen" propagiert und prophezeit. Als er sie
zur Verfügung hatte, verkannte er sie.