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Referat In der Sache J. Robert Oppenheimer - Heinar Kipphardt

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In der Sache J. Robert Oppenheimer - Heinar Kipphardt

Der Autor

Heinar Kipphardt wurde am 1 22 in Heidersdorf/Schlesien geboren. Nach dem Medizinstudium mit der Fachrichtung Psychiatrie in verschiedenen deutschen Städten bekam er eine Stelle an der Universitätsklinik du Charit . Im . Weltkrieg mußte er als Soldat an die Ostfront nach Ru land. In den Jahren von 19 0 bis 1 59 arbeitete er als Chefdramaturg am Deutschen Theater in Berlin, welches er nach einigen Unstimmigkeiten verlie , um 1 5 , kurz vor dem Bau der Berliner Mauer, in die BRD zu übersiedeln und am Theater von Düsseldorf als Dramaturg zu wirken. In diesen Jahren verfaßte er Gedichte, Erzählungen, Hör- und Fernsehspiele und vor allem Dramen wie "In der Sache J. Robert Oppenheimer", in denen er sich vor allem mit Stoff aus der Kriegs- und Nachkriegszeit auseinandersetzte. Darauf wurde er für zwei Jahre Chefdramaturg der M nchener Kammerspiele. Heinar Kipphardt starb am 1 1 1 8 .

Weitere wichtige Werke von ihm sind "Shakespeare dringend gesucht", "Der Aufstieg des Alois Piontek", "Der Hund des Generals , "Die Ganovenfresse", "Joel Brand , "Die Nacht in der der Chef geschlachtet wurde , "Die Soldaten" und "Bruder Eichmann"

Das Werk

Das Stück "In der Sache J. Robert Oppenheimer" ist 1 64 entstanden. Es ist ein Drama und handelt in einem elektronisch gesicherten Raum in der Atomenergiekommission (AEC) in Washington. Dem Theaterstück dient als Handlungsgrundlage ein 9 4 von der Atomenergiekommission der Vereinigten Staaten von Amerika veröffentlichtes Protokoll über ein Verfahren gegen den amerikanischen Physiker J. Robert Oppenheimer, das die sogenannte "Sicherheitsgarantie" des Wissenschaftlers zu überprüfen und sich mit Vorwürfen auseinanderzusetzen hatte, die Oppenheimer für die Verzögerung des amerikanischen Dringlichkeitsprogramms

zum Bau einer Wasserstoffbombe verantwortlich machten.

Die urspr ngliche Fassung war ein Fernsehspiel und wurde am 23 1 9 4 zum ersten Mal gesendet. Die

B hnenfassung wurde am 1 1 1 64 in Berlin und München uraufgeführt.

Informierende Inhaltsangabe

Julius Robert Oppenheimer, einer der bedeutendsten amerikanischen Atomphysiker und  "Vater der Atombombe", wird in einer mehr als vier Wochen dauernden Verhandlung, die von der US-Regierung ausgeht, befragt. Oppenheimer wird vorgeworfen, daß er den Bau der Wasserstoffbombe zu verzögern versucht hat. Zunächst handelt das Hearing über Oppenheimers Verbindungen zu kommunistischen Kreisen. Oppenheimers Ehefrau und sein Bruder Frank gehörten der kommunistischen Partei an. Oppenheimer selbst bezeichnet sich als "Mitreisender", weil er von 1 36 bis 19 2 den kommunistischen Ideen nahestand. Auch hat Oppenheimer während des span. Bürgerkrieges die Volksfront der Kommunisten mit Geldspenden unterstützt, und er hat zu dieser Zeit Versammlungen und Gewerkschaftstreffen der Kommunisten besucht. Außerdem stellt Oppenheimer die Vermutung an, daß eine Vielzahl der Physiker kommunistisch orientiert waren. Einige Ex-Schüler von Oppenheimer waren aktive Parteimitglieder. Anschließend berichtet Oppenheimer von einem Gespräch mit seinem Freund Chevalier, der ihm erzählt hat, daß er mit dem Chemotechniker Eltenton gesprochen habe. Eltenton deutete in  dem Gespräch mit Chevalier an, daß er Möglichkeiten habe, geheime Forschungsinformationen an die Russen zu verraten. Oppenheimer hielt diese Unterhaltung mit Chevalier für nicht so wichtig, erst ein halbes Jahr später informierte er den Sicherheitsausschuß über diesen Fall. Der Fortgang des Hearings konzentriert sich jedoch auf das Kernproblem. Oppenheimer hat sich im Herbst 1 49 der Entwicklung der Wasserstoffbombe widersetzt. Oppenheimer  gesteht dies auch ein, weil er der Meinung damals der Meinung gewesen ist und jetzt noch der Meinung ist, daß eine solche Bombe eine solche Zerstörungskraft besitzt, daß es bei ihrem Einsatz weder Sieger noch  Besiegte geben würde. Anschließend ist er nur mehr in beratender Funktion am Bau der Wasserstoffbombe beteiligt gewesen. In den Schlußplädoyes wird Oppenheimer noch vorgeworfen, daß es den kommunistischen Physikern durch ihn gelungen ist, die Führungsposition an Atomwaffen zu erringen.

Das Hearing endet schlußendlich nach der Vernehmung von sechs Zeugen (-> siehe auch Figurenkonstellation). Oppenheimer wird die Scherheitsgarantie entzogen, weil er für den Ausschuß als Sicherheitsrisiko galt.

Aufbau

Betrachtet man den formalen Aufbau des Oppenheimer-Stückes ergibt sich folgendes Bild:

Szene  / 1. Zwischenszene / 2. Szene / 2. Zwischenszene / 3. Szene / 3. Zwischenszene / 4. Szene / 4. Zwischenszene / . Szene / . Zwischenszene / . Szene / . Szene / . Szene / . Szene

Betrachtet man diese Zusammenstellung,  wird deutlich, daß die ersten sechs Szenen durch sogenannte Zwischenszenen unterbrochen werden, die, wenn man sieher untersucht, hinsichtlich Inhalt und Ton einen eigenen Charakter haben. Sie unterbrechen und ernzen den Ablauf des Oppenheimer-Hearings. Während es im Hearing fast durchgehend um das Erfragen von Einzelheiten und Zusammenhängen geht, kommentieren die Zwischenszenen eher, legen Zweifel, Probleme, aber auch ganz persönliche Meinungen dar.

Figurenkonstellation

Im tatsächlichen Verfahren  sagten 0 Zeugen aus. In Kipphardts Drama treten lediglich die beiden Sicherheitsbeamten Pash und Lansdale sowie die vier Wissenschaftler Teller, Bethe, Griggs und Rabi als Zeugen auf. Die Zeugen Pash, Griggs und Teller teilen den Standpunkt des Untersuchungsausschusses, während Lansdale, Bethe und Rabi sich energischr Oppenheimer einsetzen.

SICHERHEITSAUSSCHUSS

Gordon Gray (Vorsitzender)

Ward V. Evans             Thomas M. Morgan

PRO

Anw lte

CONTRA

Anlte:

Lloyd K. Garrison

Roger Robb

Herbert S. Marks

C.A. Rolander

Zeugen:

Hans Bethe

OPPENHEIMER

Zeugen:

David Tressel Griggs

John Lansdale

Boris T. Pash

Isadore Isaac Rabi

Edward Teller

Figur Oppenheimer

Oppenheimer, einer der bedeutendsten Atomphysiker unserer Zeit, wurde als Sohn eines nach den Vereinigten Staaten ausgewanderten deutschen Vaters und einer amerikanischen Mutter 19 4 in New York geboren. Nach dreijährigem Physikstudium an der Harvard Univerität machte er 9 5 seine Abschlußprüfungen und setzte seine Studien in Europa fort, zunächst in Cambridge, später in Göttingen, wo er zur Kolonie der amerikanischen Studenten von James Franck und Max Born gehörte und 1 27 zum Dr. phil. wurde. Nach seiner R ckkehr in die USA widmete er sich zwölf Jahre hindurch der wissenschaftlichen Lehr- und Forschungstätigkeit. Seine technischen Fähigkeiten in der theoretischen Physik waren bekannt, ebenso seine Umsicht in Personalfragen. Er leitete im Zeitraum von 9 3 bis 9 5 die Laboratorien, in denen die amerikanische Atombombe entwickelt wurde. Nachdem Abwurf der ersten Atombombe auf die japanische Stadt Hiroschima legte Oppenheimer sein Amt nieder. In einem Verfahren wurde Oppenheimers Staatstreue berprüft. Wie so viele seiner Generation hatte Oppenheimer die Geschehnisse der 3 er Jahre, namentlich die Wirtschaftskrise in Europa und Amerika und das Aufkommen der Nazi-Herrschaft in Deutschland, mit engagiertem Interesse verfolgt und die kommunistischen Ideen als die richtige Antwort auf die Weltprobleme betrachtet.

Sprache

Die Sprache, die Heinar Kipphardt verwendet hat, ist eine nüchtern sachliche Bestandsaufnahme eines Hearings. Sie ist durchaus dokumentarisch und unterstreicht damit Charakter und Anspruch des Stückes. Andererseits finden sich jedoch auch Elemente, die man durchaus in den Bereich einer politischen Sprache einordnennnte. Die Syntax ist überwiegend situationsbedingt knapp, lediglich in Zusammenfassung finden sich komplexere Strukturen.

Informationen zur Textsorte

Das Dokumentartheater ist eine Stilrichtung des modernen  Theaters, bei der durch die Verwendung dokumentarischen Materials (z B. Akten,  Protokolle, zeitgenössische Presseberichte, Einblendung von Filmszenen, Photos, Tonbändern usw.) größtmögliche Glaubwürdigkeit und Authentizität erreicht werden soll. Das Dokumentartheater will in erster Linie gesellschaftskritisch und politisch wirken. Es erreichte unter dem Einfluß des russischen Revolutionstheaters in den späten 20er Jahren in Deutschland durch E. Piscators Inszenierungen seinen ersten Höhepunkt. Einen neuen Aufschwung erlebte es in den 0er Jahren in der Folge von R. Hochhuths Schauspiel "Der Stellvertreter" , Regie: E. Piscator) mit Dokumentarstücken wie "In der

Sache J. Robert Oppenheimer" (1 64) von H. Kipphard, "Die Ermittlung" 9 5) von P. Weiss, "Toller" ( 9 8)

von T. Dorst.

Informationen zur Zeit

Historische Epoche

. November 1 36 vereinbarten Japan und das Deutsche Reich ein Abkommen zur  Abwehr der Kommunistischen Internationale. Dieses Abkommen richtete sich insbesondere gegen die UdSSR. In geheimen Zusatzabkommen vereinbarten die Mitgliedsstaaten des sogenannten Antikominternpaktes Neutralität im Falle eines Krieges. Italien, Ungarn, Spanien, Rumänien u.a. Staaten schlossen sich diesem Pakt an. Als Gegeninitiative verbündeten sich die USA,  Großbritannien und die UdSSR zur Anti-Hitler-Koalition mit dem Ziel, die Nazityrannei zu berwinden.

Seit 19 1 arbeiteten in den USA Wissenschaftler an der Herstellung einer Bombe, die freiwerdende Kernbindungsenergie zur Zerstörung benutzen sollte. In Deutschland war 19 8 Otto Hahn die Atomspaltung erstmals gelungen, und nun glaubten die Wissenschaftler in den USA, unter denen sich Emigranten aus den europäischen Diktaturen befanden, sie ständen im Wettlauf mit dem nationalsozialistisch Deutschland.

Am  8 9 5 kapitulierte das Deutsche Reich, doch das Atomprojekt wurde nicht aufgegeben. Vier Monate später ging der Krieg gegen Japan schrecklich zu Ende. Am . August 9 5 wurde über Hiroshima die erste Atombombe gezündet. Das umliegende Gebiet wurde radioaktiv verseucht, von 3 0 00 Einwohnern starben

2 0 00 . Noch heute sterben manche an den Folgen radioaktiver Strahlung.

Als noch eine zweite Atombombe auf Nagasaki fiel, die 3 0 0 Tote forderte, kapitulierte Japan bedingungslos.

Literarische Epoche

Die sechziger Jahre waren in Deutschland eine   Zeit einer tiefgreifenden gesellschaftlichen Krise. Der Selbstzweifel wurde vor allem in der jungen Generation der Intellektuellen und der Arbeiter durch eine Vielzahl von Faktoren innen- und außenpolitischer Art geweckt. Die sozialen Kämpfe   in der Dritten Welt, die ökonomischen Krisen von 96 7, die Massenarbeitslosigkeit und die Zechenstillegungen, die Große Koalition von SPD und CDU im Jahre 1 66 sowie die weltweite Studentenrevolte waren Ausdruck dieser sozialen und politischen Krise.

Die gesellschaftliche Entwicklung in Deutschland ist insbesonderer das deutsche Theater nicht ohne Folgen geblieben. Es entstehen zahlreiche Bühnenstücke mit zum Teil politischer Thematik, unverkennbarem gesellschaftlichem Engagement und einer durchaus eigenst ndigen Formgebung. Rolf Hochhuth dazu: "Politisches Theater kann nicht die Aufgabe haben, die Wirklichkeit - die ja stets politisch ist - zu reproduzieren, sondern hat ihr entgegenzutreten durch Objektion einer neuen.

Darlegung des Hauptthemas / der Problematik

Der Autor Heinar Kipphardt hat versucht, den von ihm konsultierten Protokollen  eine neue Funktion zu geben, indem er sie auswählte und in die Aktionszusammenhänge von Theater bzw. Film einbrachte. Dadurch werden die Dokumente öffentlich, die Vertraulichkeit, die im Hearing ausdrücklich vereinbart wird, wird aufgehoben und selbst zur Diskussion gestellt.

Es zeigt sich, daß J. Robert Oppenheimer lediglich einer unter vielen Forschern war, die ihr Wissen unfreiwillig oder wissentlich einer fragwürdigen Nutzbarmachung zugehrt haben.

Beim Lesen werden vom Autor Heinar Kipphardt verschiedene Kernfragen aufgeworfen:

- die Frage nach  der Rolle eines Wissenschaftlers, nach seiner Verantwortung, seiner Macht, aber auch nach seiner Bewältigung von Schuld

- die grundsätzliche Frage nach der Vereinbarkeit von Wissenschaft und Politik, besonders in den stets diskutierten Bereichen der Friedens- und der Energiepolitik

- die vielleicht entscheidende Frage, die das Stück Kipphardts aufwirft, nämlich die nach dem Problem von

Loyalit t zum Staat und den sich daraus ergebenden Konflikten von Macht und Gewissen



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