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I N D U S T R I A L S I E R U N G // V E R S T A D T E R U N G
"Umwandlung einer Agrargesellschaft in eine Industriegesellschaft, gekennzeichnet durch schnelle Veränderungen in Produktionstechnik, Wirtschaft und Gesellschaft.' Quelle: MS Encarta 99 plus
I Entwicklung der Industrialisierung
Gründe / Ursachen:
o Starker Bevölkerungsanstieg ("demographische Revolution") auf Grund von der verbesserter medizinischer Versorgung und der Ausweitung des Nahrungsmittelspielraums ("agrarische Revolution") -----> Erhöhung des Arbeitskräfte und Nachfragepotentials
o Ausbau des Verkehrswesens (Kanäle, befestigte Straßen)
o staatliche Reformen (Deutschland: Gewerbefreiheit, Bauernbefreiung, dt. Zollverein, Liberalisierung der Wirtschaftsordnung -----> Stein-Hardenberg Reformen
o ausgebautes Banken- und Finanzwesen -----> Grundlage für Investitionen
o großer einheitlicher Wirtschaftsraum (Deutschland: dt. Zollverein (1834); Deutsches Reich (1871))
technische Entwicklungen:
o 1705 Dampfmaschine (T. Newcomen)
o 1709 Kohle-Koks-Umwandlung (A. Darby)
o 1733 fliegendes Weberschiffchen (J. Kay)
o 1764 Spinnmaschine "Spinning Jenny' (J. Hargreaves)
o 1776 Hochöfen
o 1782 Dampfmaschine durch J. Watt entscheidend verbessert (Drehbewegung, zuverlässiger und produktiver als Wasserkraft)
o 1785 mechanischer Webstuhl (E. Cartwright)
o 1797 Drehbank (H. Mawkslay)
o 1803 erste Lokomotive (R. Trevithick)
-----> Übergang von Handarbeit zu Maschinenarbeit
zeitlicher Ablauf:
Frühindustrialisierung
o ab Anfang 18. Jahrhundert agrarische Revolution (Dreifelderwirtschaft, Fruchtwechselwirtschaft) in Europa
o erste Anfänge der Industrialisierung 1740/50 in England (begünstigt auf Grund von technischen Innovationen, einheitliches Währungs-, Steuer- und Zollsystem, weit verbreiteter calvinistisch - puritanischer Lehre, hohem Handelskapital, gut entwickeltem Bank- und Kreditwesen und leichtzugänglichen Kohle- und Eisenerzlager)
o ab 1750 demographische Revolution in Europa
o 1776 Adam Smith entwickelt die Theorie des Wirtschaftsliberalismus
o bis 1800 entwickelt sich eine ausgeprägte Textil-, Kohle- und Stahlindustrie in England
o 1825 erste englische Eisenbahnstrecke
o 1830 erste Wasser- und Dampfspinnereien in Deutschland
o 1835 erste deutsche Eisenbahnstrecke (Nürnberg - Fürth)
o ab 1840 Bildung einer eigenständigen Maschinenbauindustrie
o ab 1850 Einsetzen der Verstädterung
o Synergieeffekte entstehen (Eisenbahn <-> Kohle <-> Eisen)
o 1870 verstärkte Verstädterung und Einsetzen der
Hochindustrialisierung (in Deutschland)
o 1870-1873 "Gründerboom" im Deutschen Reich mit danach folgender "Gründerkrise" (bis Mitte der 90er)
o ab 1870 bilden sich die Maschinenbau-, Elektro- und chemische Industrie zu den Führungssektor in der deutschen Industrie
o Entstehung von Konzernen, Syndikaten, Kartellen und IG's
o 1887 Einführung des "Mechandise Marks Act" (Kennzeichnung von ausländischen Industriegütern in England -----> "Made in Germany)
o 1900 gleiche Beschäftigungszahlen im agrarischen und industriellen Sektor
II Verstädterung
Gründe:
o die neuen Industrieanlagen in den Städten benötigten viele ungelernte Arbeiter was viele Menschen auf dem Land Hoffnung gab in der Stadt bessere Arbeit zu finden
o Landflucht durch
Push- und Pull-Faktoren: Faktoren die die städtischen Lebensweise attraktiver erscheinen lassen als die ländliche.
Perspektivlosigkeit, Not, schlechte Wohnsituation/Infrastruktur und kein Angebot an Freizeitbeschäftigungen auf dem Land ("Push-Faktoren")
Hoffnung auf bessere Lebens- und Wohnverhältnisse, gut bezahlte Arbeit, bessere Infrastruktur und großes Freizeitangebot in der Stadt ("Pull-Faktoren")
Die Erwartungen werden nur sehr selten erfüllt. Die, meistens unqualifizierten unausgebildeten, Arbeitssuchenden fanden nur äußerst schlecht bezahlte harte Arbeiten in den neuen Industrien (das Lohnverhältnis zwischen ungelernten und gelernten Arbeitern betrug 1:6)
o staatliche Förderung und Ausbau der städtischen Infrastruktur (Straßenbahn etc.)
Zwischen 1875 und 1910 verdreifachte sich die Anzahl der Einwohner in den 22 größten deutschen Städten (siehe Tabelle 1+2), was zu einem Überangebot von Arbeitskräften in den Städten und niedrigen Löhnen führte.
III Gesellschaftlicher und sozialer Wandel / Soziale Frage
Der Pauperismus, die Verelendung breiter Schichten, entstand in der 1. Hälfte des 19. Jahrhunderts, als die alten Erwerbszweige (Landwirtschaft, Handwerk, Handel) die anwachsenden Bevölkerungsmassen nicht mehr ernähren konnten und die neuen Industrien noch nicht dazu in der Lage waren.
Erst mit Einsetzen der Hochindustrialisierung wurde der Pauperismus überwunden führte aber schon bald zu scharfen Gegensätzen zwischen "Arbeit und Kapital" und damit zur "sozialen Frage".
Es entstanden in den Städten oder an den städtischen Randgebieten, riesige Industrieanlagen, die teilweise über 10.000 Arbeiter beschäftigten.
Auf Grund des Überangebots an Arbeitskräften in den Städten (siehe Verstädterung), konnte der Unternehmer die Löhne und das Arbeitsverhältnis diktieren. Dies führte dazu, dass die ganze Familie in der Industrie arbeiten musste.
Wohnungsnot, Verwahrlosung der Kinder und Zerrüttung von Familien, die auch eine Folge des Städtewachstums waren, verschärften die sozialen Probleme noch und machte ihre Abhilfe viel schwieriger.
Nur schleppend setzte der Staat Maßnahmen wie Kinder- und Frauenschutz durch.
Andere Versuche die soziale Frage zu lösen kamen entweder von Unternehmerseite (Krupps, Harkort) oder von kirchlicher (Adolf Kolping, Johann Friedrich Wichern, Emmanuel von Ketteler) und waren somit entweder auf einzelne Unternehmen oder karitative Einrichtungen beschränkt.
Erst ab Mitte der 90er Jahre konnten die Arbeiter ihre materielle Lage und ihren Lebensstandart (u. a. wegen Sozialgesetzgebung) allmählich verbessern und sich zu der so genannten Arbeiterklasse formieren.
IV Grundzüge europäischer Geistes- und Politikgeschichte im 19.
Jahrhundert
Im Zuge des Wiener Kongresses und den aufkommenden nationalistischen Strömungen bilden sich verschiedene politische Richtungen heraus wie Konservatismus, Liberalismus, Sozialismus ( Anarchismus) und dem Kommunismus
Außerdem gewinnt das Besitz- und Bildungsbürgertum an Einfluss (in Deutschland bis zum Scheitern der '48er Revolution).
In der Literatur und den Künsten entstehen während der Frühindustrialisierung die Weimarer Klassik (Goethe, Schiller), die Romantik (Eichendorff, Novalis, Hölderlin), der Vormärz (Heine, Büchner) und der Biedermeier (Droste-Hülshoff). Während er Hochindustrialisierung entstehen der Poetische Realismus (Storm, Fontane) und der Naturalismus (Hauptmann).
1849 wurde der erste Arbeiterverein von Stefan Born gegründet. Die erste Arbeiterpartei (ADAV) wurde 1863 von Ferdinand Lassalle gegründet. 1869 wurde die SDAP gegründet, welche sich 1875 mit dem ADAV zur SAD (seit 1890 SPD) vereinigte.
Marx und Engels entwickeln den "wissenschaftlichen Sozialismus" welcher die Elemente des "dialektischer und historischer Materialismus", der "Diktatur des Proletariats" und des "Kommunismus" beinhaltet
Tabelle 1:
Bevölkerungs- und Städtewachstum im Deutschen
Reich
1871 bis 1910
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Einwohner (in 1000) |
Stadtbevöl-kerung* |
Davon lebten (in %) in Gemeinden mit Einwohnern |
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< 2000 |
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> 100.000 |
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* Der statistische Stadtbegriff definiert alle
Städte mit mehr als 2000 Einwohner als Stadt
**Die Zahlen in Klammern geben die Anzahl der Städte der jeweiligen Kategorie
an
Tabelle 2 :
Bevölkerungswachstum deutscher Städte 1870-1910
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Wachstumsrate 1875-1910 |
Berlin |
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Bremen |
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Breslau |
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Charlottenburg |
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Chemnitz |
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Dortmund |
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Dresden |
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Düsseldorf |
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Duisburg |
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Essen-Ruhr |
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Frankfurt a. M. |
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Hamburg |
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Hannover |
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Kiel |
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Köln |
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Königsberg |
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Leipzig |
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Magdeburg |
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München |
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Nürnberg |
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Stettin |
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Stuttgart |
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aufgeführte Städte |
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